Die Kreislaufwirtschaft für Batterien und Akkumulatoren steht vor einer signifikanten Transformation. Mit dem Delegierten Beschluss (EU) 2025/934 der Kommission vom 05. März 2025 zur Änderung der Entscheidung 2000/532/EG (Abfallverzeichnis) werden die Listen der Abfallarten in der Europäischen Union maßgeblich erweitert und präzisiert. Diese Änderungen, die ab dem 09. November 2026 Geltung finden, führen eine Vielzahl neuer Abfallschlüsselnummern speziell für Abfälle aus der Akku- und Batterietechnik ein. Dies ist eine direkte Konsequenz der neuen EU-Batterieverordnung und wird weitreichende Auswirkungen auf die Abfallwirtschaft in Deutschland und der gesamten EU haben.
1. Rechtlicher Rahmen und Hintergrund der Änderungen
Der Delegierte Beschluss (EU) 2025/934 ist eine direkte Maßnahme zur Umsetzung der Verordnung (EU) 2023/1542 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2023 über Batterien und Altbatterien (kurz: EU-Batterieverordnung). Diese Verordnung, die sukzessive ab dem 18. August 2025 Anwendung findet, hat zum Ziel, den gesamten Lebenszyklus von Batterien – von der Rohstoffgewinnung über Produktion und Nutzung bis hin zum Recycling – nachhaltiger zu gestalten.
Ein zentraler Bestandteil der EU-Batterieverordnung sind die ambitionierten Sammel-, Behandlungs- und Recyclingeffizienzziele sowie die Vorgabe von Rezyklatanteilen in neuen Batterien. Um die Einhaltung dieser Ziele effektiv überwachen und die Wertstoffrückgewinnung optimieren zu können, ist eine detailliertere und spezifischere Klassifizierung von Batterieabfällen im europäischen Abfallverzeichnis zwingend erforderlich geworden. Der Delegierte Beschluss (EU) 2025/934 trägt dieser Notwendigkeit Rechnung, indem er die bisherigen, oft zu allgemeinen Schlüsselnummern für Batterieabfälle um zahlreiche präzisere Einträge ergänzt.
2. Die neuen Abfallschlüsselnummern: Präzision für eine komplexe Abfallart
Der Beschluss vom 5. März 2025 führt eine deutliche Differenzierung der Abfallschlüssel im Zusammenhang mit Batterien ein. Während die genaue Anzahl der neuen Nummern je nach Zählweise (neue Hauptnummern, Subkategorien, Spiegeleinträge) variiert, werden Branchenexperten von rund 50 zusätzlichen relevanten Einträgen sprechen können. Diese neuen Schlüsselnummern ermöglichen eine feinere Unterscheidung basierend auf verschiedenen Kriterien:
- Batteriechemie: Es werden spezifischere Schlüssel für unterschiedliche Batterietechnologien eingeführt, wie z.B. Lithium-Ionen-Batterien (Li-Ionen), Nickel-Cadmium-Batterien (NiCd), Nickel-Metallhydrid-Batterien (NiMH) und Blei-Säure-Batterien. Dies ist entscheidend, da jede Chemie unterschiedliche Recyclingverfahren und Sicherheitsvorkehrungen erfordert.
- Batterietyp und Anwendung: Die Verordnung differenziert zwischen Gerätebatterien, Industriebatterien, Elektrofahrzeugbatterien (EV-Batterien) und Batterien für leichte Verkehrsmittel (LV-Batterien, z.B. E-Bike-Akkus). Die neuen Abfallschlüssel werden diese Unterscheidungen auch im Abfallverzeichnis stärker abbilden, was die getrennte Erfassung und das Management erleichtert.
- Prozessstufen und Zustand: Es werden Abfallschlüssel für verschiedene Stadien des Batterielebenszyklus definiert. Dies umfasst nicht nur End-of-Life-Batterien, sondern auch Produktionsabfälle aus der Batterieherstellung sowie Zwischenprodukte und Rückstände aus Recyclingprozessen (z.B. „Schwarzmasse“ aus dem Lithium-Ionen-Batterierecycling, Schlacken, Schlämme).
- Gefährlichkeit: Die neuen Einträge präzisieren auch die Gefährlichkeit der Abfälle. Dies ist besonders wichtig für den Transport, die Lagerung und die Behandlung, da viele Batterieabfälle aufgrund ihres Inhalts an Schwermetallen, Elektrolyten oder entzündlichen Materialien als gefährlich einzustufen sind. Die bisher oft verwendeten „Sammelnummern“ für gefährliche und nicht gefährliche Batterien werden durch spezifischere Einträge ergänzt.
Diese detaillierte Klassifizierung findet sich hauptsächlich in den Kapiteln 16 (Abfälle, die nicht anderswo im Verzeichnis aufgeführt sind) und 19 (Abfälle aus Abfallbehandlungsanlagen, Abwasserbehandlungsanlagen außerhalb des Standortes sowie aus der Aufbereitung von Wasser für den menschlichen Gebrauch und Wasser für industrielle Zwecke) des Abfallverzeichnisses wieder.
3. Auswirkungen auf die Praxis in Deutschland
Die Überführung dieser EU-Vorgaben in nationales Recht erfolgt durch Anpassungen der Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) in Deutschland. Dies ist Teil des umfassenden Gesetzgebungspakets zur Umsetzung der EU-Batterieverordnung, welches durch das Batterierecht-EU-Anpassungsgesetz (Batt-EU-AnpG) und das Batterierecht-Durchführungsgesetz (BattDG) das bestehende Batteriegesetz (BattG) ersetzen wird.
Für die Akteure der Abfallwirtschaft ergeben sich daraus weitreichende Konsequenzen, die bis zum 09. November 2026 zu implementieren sind:
- Abfallerzeuger: Unternehmen, in deren Betriebsprozessen (z.B. Produktion, Wartung, Reparatur, Demontage von Elektrofahrzeugen) Batterieabfälle anfallen, müssen ihre internen Abfallkataloge, Trennsysteme und die Beauftragung von Entsorgern an die neuen Schlüsselnummern anpassen. Eine noch präzisere Sortierung am Anfallort wird oft unumgänglich sein.
- Sammler und Beförderer: Entsorgungsunternehmen müssen ihre Sammelstrategien, Transportdokumente (z.B. Begleitscheine im eANV) und logistischen Prozesse an die neuen, spezifischeren Klassifikationen anpassen. Die korrekte Deklaration für den Transport ist entscheidend für Sicherheit und Compliance.
- Behandlungs- und Recyclinganlagen: Betreiber von Anlagen zur Verwertung von Batterieabfällen sind am stärksten betroffen. Sie müssen ihre Genehmigungen überprüfen und gegebenenfalls erweitern, um die Annahme und Verarbeitung der nun feiner differenzierten Abfallströme zu ermöglichen. Die neuen Schlüsselnummern werden auch die Nachweisführung über die erzielten Recyclingeffizienzen erleichtern, aber auch detailliertere Angaben erfordern.
- Behörden: Die zuständigen Abfall- und Genehmigungsbehörden müssen ihre internen Systeme und Prozesse anpassen, um die neuen Schlüsselnummern zu verwalten und die Einhaltung der Vorschriften effektiv zu überwachen. Dies betrifft die Genehmigungspraxis, aber auch die Kontrolle der Abfallbilanzen und der Nachweisführung (z.B. über das eANV).
- Gefahrenabwehr: Eine präzisere Klassifizierung unterstützt auch die Brandschutzmaßnahmen in Sammel- und Behandlungsanlagen. Die genaue Kenntnis der Batterietypen und ihres Zustands ist essenziell, um Risiken durch thermisches Durchgehen (Thermal Runaway) von Lithium-Ionen-Batterien zu minimieren.
4. Herausforderungen und Ausblick
Die Umstellung auf die neuen Abfallschlüssel erfordert einen erheblichen Anpassungs- und Koordinierungsaufwand bei allen Beteiligten:
- Informations- und Schulungsbedarf: Eine frühzeitige und umfassende Information aller Akteure über die neuen Abfallschlüssel und die daraus resultierenden Pflichten ist essenziell. Schulungen für Mitarbeiter in Unternehmen und bei den Entsorgern sind unerlässlich.
- IT-Systeme: Die im elektronischen Abfallnachweisverfahren (eANV) genutzten Softwaresysteme und Datenbanken müssen rechtzeitig aktualisiert werden, um die neuen Schlüsselnummern abzubilden und deren korrekte Nutzung zu gewährleisten.
- Konsistente Anwendung: Die größte Herausforderung wird die Sicherstellung einer bundes- und europaweit konsistenten Anwendung der neuen Schlüsselnummern sein, um Rechtsunsicherheiten und Bürokratie zu vermeiden.
- Übergangsregelungen: Klare und praktikable Übergangsregelungen für bereits vorhandene Abfallbestände und laufende Entsorgungsprozesse sind notwendig, um einen reibungslosen Übergang bis zum Geltungsbeginn am 09. November 2026 sicherzustellen.
Die Erweiterung der Abfallverzeichnis-Verordnung durch den Delegierten Beschluss (EU) 2025/934 ist ein konsequenter und notwendiger Schritt zur Etablierung einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft für Batterien. Sie zwingt die Akteure zu einer präziseren Erfassung und Behandlung dieser komplexen Abfallart, was letztlich zu einer besseren Ressourcennutzung und einem verbesserten Umweltschutz führen wird. Unternehmen sind gut beraten, die Entwicklung genau zu verfolgen und die notwendigen Anpassungen frühzeitig einzuleiten, um ab dem 09. November 2026 rechtskonform agieren zu können.
Das dazu gehörige Fachseminar ist in der Seminarwelt des IWU Magdeburg auffindbar.