Die Gewerbeabfall-Verordnung (GewAbfV) – Grundlagen und Aktuelles

Die Gewerbeabfall-Verordnung (GewAbfV) ist ein zentrales Instrument der deutschen Kreislaufwirtschaft, das darauf abzielt, die Ressourceneffizienz bei gewerblichen Siedlungsabfällen und bestimmten Bau- und Abbruchabfällen zu steigern. Seit ihrem Inkrafttreten im Jahr 2017 hat sie die Pflichten der Abfallerzeuger und -besitzer deutlich verschärft und den Fokus auf die getrennte Sammlung und hochwertige Verwertung von Abfällen gelegt. Dieser Fachbeitrag beleuchtet die Grundlagen der GewAbfV und aktuelle Entwicklungen, die für Unternehmen relevant sind.

1. Grundlagen der GewAbfV: Zielsetzung und Anwendungsbereich

Die GewAbfV vom 18. April 2017 (BGBl. I S. 896), die die zuvor geltende Gewerbeabfallverordnung von 2002 ablöste, dient der Umsetzung der europäischen Abfallrahmenrichtlinie und des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG). Ihr Kernziel ist die Förderung der Abfallhierarchie, d.h. die Priorisierung von Vermeidung, Vorbereitung zur Wiederverwendung, Recycling, sonstiger Verwertung (insbesondere energetische Verwertung) und schließlich der Beseitigung.

Der Anwendungsbereich der GewAbfV umfasst im Wesentlichen zwei Hauptkategorien von Abfällen:

  • Gewerbliche Siedlungsabfälle: Dies sind nicht gefährliche Abfälle aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen, die nach Art, Zusammensetzung oder sonstiger Beschaffenheit Abfällen aus privaten Haushaltungen ähnlich sind. Hierzu zählen beispielsweise Abfälle aus Büros, Handel, Gastronomie, Dienstleistungsbetrieben oder Krankenhäusern.
  • Bestimmte Bau- und Abbruchabfälle: Die Verordnung bezieht sich hier auf mineralische Abfälle wie Beton, Ziegel, Fliesen, Keramik sowie Gipsabfälle und Gemische dieser Abfälle.

2. Kernpflichten der Abfallerzeuger und -besitzer

Die GewAbfV legt detaillierte Pflichten für Abfallerzeuger und -besitzer fest, die über die allgemeinen Pflichten des KrWG hinausgehen:

2.1. Getrennte Sammlung (Trennpflicht)

Dies ist die zentrale und wichtigste Neuerung der GewAbfV. Abfallerzeuger und -besitzer sind verpflichtet, folgende Abfallarten, sofern sie in ihren Betriebsstätten anfallen, getrennt zu sammeln, zu lagern, zu befördern und einer Verwertung zuzuführen:

  • Papier, Pappe und Karton (außer Hygienepapier)
  • Glas
  • Kunststoffe
  • Holz
  • Textilien
  • Bioabfälle (insbesondere aus Kantinen, Gastronomie)
  • Metalle
  • Weitere vom Anfallort getrennt zu haltende Abfallarten, die eine bestimmte Abfallart dominieren und deren Sammlung für eine hochwertige Verwertung technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist.

Für Bau- und Abbruchabfälle gilt eine ähnliche Trennpflicht für Beton, Ziegel, Fliesen, Keramik, Gips, Holz, Metalle, Glas, Kunststoff und Bitumengemische.

2.2. Getrennthaltungspflicht bei Gemischen (Ausnahme von der Trennpflicht)

Eine Ausnahme von der Trennpflicht ist nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig und erfordert eine Dokumentation. Gemische von gewerblichen Siedlungsabfällen dürfen nur dann entstehen, wenn die getrennte Sammlung technisch nicht möglich oder wirtschaftlich unzumutbar ist. Dies muss im Einzelfall begründet und dokumentiert werden. Die Dokumentation muss Art, Menge und den Grund der fehlenden Getrennthaltung umfassen.

Auch bei Bau- und Abbruchabfällen gilt die Möglichkeit, Gemische zu erzeugen, wenn eine Trennung technisch nicht möglich oder wirtschaftlich unzumutbar ist. Solche Gemische müssen dann jedoch einer Vorbehandlungsanlage zugeführt werden, die eine hohe Sortierquote sicherstellt.

2.3. Vorbehandlungs- und Verwertungspflicht

  • Für gewerbliche Siedlungsabfälle: Gemische, die aufgrund der Ausnahmeregelung von der Trennpflicht nicht getrennt gesammelt werden, müssen einer Vorbehandlungsanlage zugeführt werden. Diese Anlage muss in der Lage sein, die in der Verordnung genannten Wertstoffe (Papier, Pappe, Karton, Glas, Kunststoffe, Metalle) und Bioabfälle vorrangig zur stofflichen Verwertung auszusortieren. Der nicht verwertbare Rest darf erst nach dieser Behandlung der energetischen Verwertung oder Beseitigung zugeführt werden. Die GewAbfV schreibt eine Mindestsortierquote für solche Anlagen vor.
  • Für Bau- und Abbruchabfälle: Gemische von Bau- und Abbruchabfällen, die nicht getrennt gesammelt wurden, müssen ebenfalls einer geeigneten Vorbehandlungsanlage zugeführt werden. Ziel ist auch hier die Rückgewinnung von Wertstoffen.

2.4. Dokumentationspflichten

Die GewAbfV legt umfassende Dokumentationspflichten fest, die jederzeit nachweisbar sein müssen. Unternehmen müssen dokumentieren:

  • Die Erfüllung der Getrennthaltungspflicht (z.B. durch Lieferscheine, Rechnungen, Fotos).
  • Im Falle einer Ausnahme von der Trennpflicht: die Gründe für die technische Unmöglichkeit oder wirtschaftliche Unzumutbarkeit sowie die ordnungsgemäße Zuführung zu einer Vorbehandlungsanlage.
  • Die Verwertungswege der Abfälle.

Diese Dokumentation ist fünf Jahre lang aufzubewahren und den zuständigen Behörden auf Verlangen vorzulegen.

3. Aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen

Seit Inkrafttreten der GewAbfV im Jahr 2017 haben sich verschiedene Aspekte als relevant erwiesen:

3.1. Vollzug und Kontrollen

Die Überwachung der GewAbfV liegt bei den jeweiligen Abfallbehörden der Bundesländer. Es ist eine zunehmende Sensibilisierung und Intensivierung der Kontrollen festzustellen. Unternehmen, die ihren Pflichten nicht nachkommen, können mit empfindlichen Bußgeldern belegt werden. Die lückenlose Dokumentation ist hierbei der Schlüssel zum Nachweis der Compliance.

3.2. Auslegung der „Technischen Unmöglichkeit“ und „Wirtschaftlichen Unzumutbarkeit“

Die Begriffe „technische Unmöglichkeit“ und „wirtschaftliche Unzumutbarkeit“ sind Auslegungssache und führen in der Praxis häufig zu Diskussionen. Die Behörden vertreten hier tendenziell eine restriktive Auslegung. Allein Platzmangel oder höhere Kosten für die Getrenntsammlung gelten in der Regel nicht als ausreichende Begründung für eine Ausnahme. Es bedarf einer detaillierten Begründung und Abwägung im Einzelfall.

3.3. Anforderungen an Vorbehandlungsanlagen

Die Anforderungen an die Sortierleistungen von Vorbehandlungsanlagen werden zunehmend präzisiert und kontrolliert. Betreiber dieser Anlagen müssen nachweisen, dass sie die vorgeschriebenen Quoten zur Wertstoffrückgewinnung erreichen. Dies kann auch Auswirkungen auf die Annahmekonditionen für Gemische durch solche Anlagen haben.

3.4. Digitalisierung der Dokumentationspflichten

Angesichts der umfassenden Dokumentationspflichten setzen immer mehr Unternehmen auf digitale Lösungen, um die Nachweisführung zu vereinfachen und zu sichern. Abfallmanagementsysteme oder spezielle Softwarelösungen können hierbei unterstützen.

3.5. Klimaschutz und Kreislaufwirtschaftspaket der EU

Die GewAbfV ist eingebettet in eine sich ständig weiterentwickelnde europäische und nationale Gesetzgebung zur Kreislaufwirtschaft und zum Klimaschutz. Die EU hat ambitionierte Recyclingquoten festgelegt, die auch in Deutschland zu weiteren Anpassungen führen können. Es ist denkbar, dass zukünftige Novellierungen der GewAbfV die Pflichten weiter verschärfen oder den Anwendungsbereich erweitern.

4. Fazit und Handlungsempfehlungen

Die Gewerbeabfall-Verordnung ist ein entscheidendes Instrument, um die Kreislaufwirtschaft in Deutschland voranzutreiben und den Ressourcenverbrauch zu reduzieren. Für Unternehmen bedeutet dies eine erhöhte Verantwortung und umfangreiche Pflichten bei der Abfalltrennung und -dokumentation.

Handlungsempfehlungen für Unternehmen:

  • Interne Analyse: Führen Sie eine detaillierte Analyse der bei Ihnen anfallenden Abfallarten und -mengen durch.
  • Prozesse optimieren: Überprüfen Sie Ihre internen Sammel- und Logistikprozesse, um die Getrennthaltungspflicht bestmöglich zu erfüllen. Schulen Sie Ihre Mitarbeiter regelmäßig.
  • Partnerwahl: Arbeiten Sie mit zertifizierten Entsorgungsfachbetrieben zusammen, die die Anforderungen der GewAbfV kennen und umsetzen können.
  • Dokumentation: Führen Sie eine lückenlose und nachvollziehbare Dokumentation aller Abfallströme und Verwertungswege.
  • Regelmäßige Überprüfung: Überprüfen Sie regelmäßig, ob Ihre Abfallwirtschaftsprozesse den aktuellen rechtlichen Anforderungen entsprechen.

Die Einhaltung der GewAbfV ist nicht nur eine gesetzliche Pflicht, sondern bietet Unternehmen auch die Chance, ihre Ressourceneffizienz zu steigern, Kosten zu senken und einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten.

Das dazu gehörige Fachseminar ist in der Seminarwelt des IWU Magdeburg auffindbar.