Die EU-Abfallrahmenrichtlinie hätte bis zum 12.12.2010 in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Das ist nicht geschehen. Damit stellt sich die Frage einer unmittelbaren Wirkung ihrer Regelungen.
Bekanntlich dient die derzeit diskutierte Novelle des Abfallrechts durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) der Umsetzung der EU-Abfallrahmenrichtlinie (AbfRL). Die AbfRL war zwingend spätestens zum 12.12.2010 in deutsches Recht umzusetzen. Der Gesetzgeber hat diese Frist nicht eingehalten. Mit der Verabschiedung des KrWG ist frühestens Ende 2011 zu rechnen. Bis dahin stellt sich die – für jede Regelung der AbfRL gesondert zu beantworten prüfende – Frage, ob die Regelungen der AbfRL ausnahmsweise unmittelbar angewendet werden können, zumal sie durch das KrWG ohnehin überwiegend 1:1 umgesetzt werden sollen. Zu prüfen ist dies anhand der mittlerweile sehr umfangreichen Judikatur des Europäischen Gerichtshofs zu dieser Frage bzw. den danach maßgeblichen Anforderungen. Die unmittelbare Wirkung hat für die betroffenen Unternehmen die Konsequenz, dass sie sich vor Behörden und Gerichten zu ihren Gunsten direkt auf die Vorschriften der Richtlinie berufen können. Dahinter steht der Gedanke, dass sich der Staat, der eine Richtlinie nicht rechtzeitig umgesetzt hat, nicht zu seinen Gunsten gegenüber anderen auf sein eigenes pflichtwidriges Verhalten (hier die nicht fristgerechte Umsetzung der AbfRL) berufen kann. Zu denken ist z.B. an den weiten Verwertungsbegriff der AbfRL, wonach Müllverbrennungsanlagen, die über die nach der sog. R1-Formel geforderte Energieeffizienz verfügen, als Verwertungsanlagen einzustufen sind; Folge dieser Einstufung ist, dass die Kommunen die Lieferung von Abfällen gewerblicher Herkunft zu solchen Anlagen nicht mehr unter Hinweis auf bestehende Überlassungspflichten verbieten können. Ein weiteres Beispiel ist der weite Sammelbegriff der AbfRL, der erkennbar abweicht von der engen, kommunalfreundlichen Auslegung des Begriffs der gewerblichen Sammlung durch das Bundesverwaltungsgericht in seiner sog. Altpapierentscheidung vom 18.06.2009.
Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte