Urteil des Bundesgerichtshofs zur Geschäftsführung ohne Auftrag eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers für den Betreiber eines dualen Systems bei der Sammlung und Verwertung von PPK

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in einem aktuellen Urteil vom 01.02.2018 (Az.: III ZR 53/17) zu den Voraussetzungen einer Anwendung der Vorschriften zur Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) zwischen einem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (örE) und dem Betreiber eines dualen Systems geäußert, nachdem der ursprünglich zwischen diesen beiden Parteien bestehende Vertrag über die Sammlung und Verwertung von Verpackungen nach der Verpackungsverordnung gekündigt wurde.

Ursprünglich geklagt hatte ein örE gegen einen Systembetreiber. Zwischen den Parteien bestand bis einschließlich 2012 eine Vereinbarung, wonach der örE auch den auf den Systembetreiber anfallenden Anteil an PPK-Verkaufsverpackungen erfasste und verwertete. Mit der Klage verlangte der örE zunächst die Zahlung eines Ausgleichsbetrags für die von ihm im Jahr 2013 erbrachten Leistungen unter Hinweis auf eine Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA). Der Systembetreiber hat im Wege der Widerklage u.a. Auskunft über die Erlöse begehrt, die der örE 2013 aus der Vermarktung der von ihm in dem streitgegenständlichen Gebiet erfassten PPK-Verkaufsverpackungen erzielt hat. Vor Beginn der mündlichen Verhandlung hatte der örE die Klage allerdings zurückgenommen, so dass vom Gericht nur noch über die Widerklage des Systembetreibers zu entscheiden war.

Der BGH hat in seiner Entscheidung das Bestehen eines Anspruchs des Systembetreibers gegen den örE aus einer GoA auf Auskunftserteilung darüber, welche Erlöse er aus der Vermarktung von PPK erzielt habe, bejaht. Allerdings muss die Auskunft gemäß dem Urteil des BGH von dem örE nur Zug um Zug gegen Zahlung der auf den Systembetreiber entfallenden anteiligen Sammelkosten durch den Systembetreiber erteilt werden.

Nach Auffassung des BGH handelte es sich in dem zu entscheidenden Fall um ein auch objektiv fremdes Geschäft des örE für den beklagten Systembetreiber, bei dem der Fremdgeschäftsführungswille vermutet werde. Soweit der örE im Jahr 2013 im Rahmen der Sammlung und Verwertung von PPK auch Verkaufsverpackungen gesammelt und verwertet habe, bezüglich derer sich der Systembetreiber in privatrechtlichen Verträgen mit Herstellern/Vertreibern von Verkaufsverpackungen zur Entsorgung verpflichtet hat und diese im Rahmen des dualen Systems insoweit unter die Quote des beklagten Systembetreibers fallen, handele es sich objektiv um ein Geschäft, dass auch den beklagten Systembetreiber betreffe. Daran ändere auch die Kündigung des PPK-Erfassungs-/Verwertungsvertrags zum 31.12.2012 nichts. Diese Kündigung führe nicht dazu, dass der örE ab diesem Zeitpunkt nunmehr objektiv nur noch ein eigenes und kein auch-fremdes-Geschäft des beklagten Systembetreibers durchgeführt hätte.

Der Fremdgeschäftsführungswille des örE werde daher vermutet. Die danach immer noch mögliche Widerlegung dieser Vermutung sei, jedenfalls in dem zu entscheidenden Fall, nicht erfolgt. Denn der örE habe den PPK-Erfassungs-/Verwertungsvertrag zwar mit Schreiben vom 20.09.2012 zum Jahresende gekündigt, aber nicht, um nunmehr nur noch ausschließlich im eigenen Interesse tätig zu sein. Es sei vielmehr um eine Neuverhandlung der Konditionen gegangen. Dies ergebe sich aus der Ankündigung in einem Schreiben des örE, dem Systembetreiber für den Vertragszeitraum ab 01.01.2013 einen Vertragsentwurf zukommen zu lassen, und aus den in der Folge bis Ende 2013 geführten Vertragsverhandlungen. Der örE habe außerdem in einem Schreiben vom 05.12.2013, mit dem er dem Systembetreiber die Abrechnung für die erbrachten Leistungen im zurückliegenden Jahr übersandt hatte, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Systembetreiber auch ohne vertragliche Grundlage den Ersatz der für ihn getätigten Aufwendungen nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag schulde.

Das Vorliegen eines ausschließlichen Eigengeschäftsführungswillens ergebe sich auch nicht daraus, dass der örE nicht laufend ab Januar 2013 monatlich gegenüber dem Systembetreiber abgerechnet habe und ihm in diesem Zusammenhang die auf ihn entfallenden Mengen mitgeteilt habe. Da Gegenstand der Verhandlungen der Parteien gerade die Berechnung der Höhe der Vergütung und der auf die Beklagte entfallenden Mengen war, bestand – solange die Verhandlungen nicht gescheitert waren – kein Anlass, vorzeitig hierüber gegenüber dem Systembetreiber abzurechnen, zumal der sogenannte (Abfall-)Mengenstromnachweis von ihm gegenüber der zuständigen Behörde erst zum 1. Mai des Folgejahres zu erbringen war.

Das Urteil des BGH ist von erheblicher praktischer Bedeutung, da es in den vergangenen Jahren immer wieder zu Fällen der vertragslosen Sammlung und Verwertung der Masseanteile der Systembetreiber an PPK-Verkaufsverpackungen durch örE oder private Entsorgungsunternehmen gekommen ist, nachdem entweder der örE bzw. das private Entsorgungsunternehmen oder aber der Systembetreiber den Vertrag gekündigt hatten, um bessere Vertragskonditionen durchzusetzen. In diesen Fällen bestand aufgrund divergierender Auffassungen der Obergerichte Unsicherheit zwischen den Beteiligten Parteien über die Voraussetzungen der Anwendung des Rechtinstituts der GoA und die sich daraus ergebenden Ansprüche. Mit dem Urteil stellt der BGH nun klar, dass grundsätzlich auch in der typischen vertragslosen Konstellation der Fremdgeschäftsführungswille vermutet wird.

Zugleich lässt sich der Urteilsbegründung des BGH entnehmen, welche Anforderungen an den örE oder das private Entsorgungsunternehmen gestellt werden, um den Fremdgeschäftsführungswillen zu widerlegen und damit eine Anwendung der Regelungen zur GoA für die Zukunft zu vermeiden, sofern dies im Einzelfall im wirtschaftlichen Interesse des örE bzw. privaten Entsorgungsunternehmens liegen sollte.

Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte

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