Rechtssichere Umsetzung des elektronischen Abfallnachweisverfahrens und der Registerführung

Ein kanppes halbes Jahr ist noch Zeit, bis am 01.04.2010 die Regelungen zum elektronischen Abfallnachweisverfahren und der Registerführung in Kraft treten. Kernelemente des elektronischen Abfallnachweisverfahrens sind die neuen Nachweisformulare (Entsorgungsnachweise, Begleitscheine), die zukünftig elektronisch erstellt und signiert werden müssen, sowie deren Versand über die Zentrale Koordinierungsstelle Abfall (ZKS). Betroffene müssen also dafür sorgen, dass sie eine kommunikationsfähige EDV-Technik vorhalten, um an diesem Verfahren teilnehmen zu können. Höchste Zeit also, dass sich Entsorgungsunternehmen kundig machen, ob und in welcher Wiese sie von der Teilnahme am elektronischen Abfallnachweisverfahren betroffen sind.

Die Pflicht zur elektronischen Nachweisführung trifft gem. § 17 NachwV grundsätzlich alle, die an der Entsorgung von gefährlichen Abfällen beteiligt sind und bislang einzelnachweispflichtig waren. Auch Unternehmen, die nur eine geringe Anzahl Begleitscheine verwalten, müssen diese Dokumente zukünftig grundsätzlich elektronisch erzeugen, signieren und archivieren. Dabei können sich betroffene Unternehmen allerdings von der Pflicht zur elektronischen Nachweisführung gemäß § 26 NachwV befreien lassen, wenn sich die Einführung der technischen Vorrichtungen im Hinblick auf die Zahl der nachweispflichtigen Entsorgungsvorgänge als unverhältnismäßig erweisen sollte.

Eine für die Praxis bedeutsame Ausnahme besteht gemäß § 21 NachwV ferner für Erzeuger gefährlicher Abfälle, die an einer Sammelentsorgung teilnehmen. Sie dürfen zukünftig die Übernahmescheine weiterhin in Papierform führen. Entsprechend anwendbar ist die Ausnahmeregelung in § 21 NachwV auch auf Kleinmengenerzeuger im Sinne von § 16 NachwV.

Desweiteren gilt für Erzeuger und Beförderer gefährlicher Abfälle im Hinblick auf die Pflicht zur elektronischen Signatur eine Übergangsfrist. Bis zum 31.01.2011 brauchen die Nachweiserklärungen der betroffenen Abfallerzeuger und –beförderer eine qualifizierte Signatur nicht zu enthalten. In der Praxis verleitet diese Übergangsregelung bisweilen zu der Annahme, bis 2011 von der elektronischen Nachweisführung noch nicht betroffen zu sein. Die Übergangsvorschrift entbindet jedoch nicht von der Pflicht, die Nachweiserklärungen elektronisch zu führen und zu versenden, sondern eröffnet lediglich die Möglichkeit, übergangsweise weiterhin handschriftlich zu unterzeichnen. Wer von dieser Option Gebrauch macht, hat die Dokumente dann nicht nur elektronisch, sondern zusätzlich auch in Papierform mit den handschriftlichen Unterschriften zu übermitteln.

Korrespondierend zur Pflicht der elektronischen Nachweisführung bestimmt § 25 Abs. 2 Satz 2 NachwV, dass auch die Register über nachweispflichtige Abfälle elektronisch zu führen sind, soweit für die in die Register einzustellenden Nachweise die elektronische Registerführung zwingend bestimmt ist. Hieraus folgt, dass der Abfallerzeuger, der an einer Sammelentsorgung teilnimmt und die Übernahmescheine weiterhin in Papierform führen darf, auch das Register nach Maßgabe von § 24 Abs. 3 NachwV weiterhin in Papierform führen kann. Für den Einsammler bestimmt § 25 Abs. 3 NachwV allerdings, dass dieser die für ihn bestimmten Ausfertigungen des Übernahmescheins in sein elektronisches Register zu „überführen“ hat.

Steht fest, wen die Pflicht zur elektronischen Nachweisführung trifft, ist in einem zweiten Schritt zu klären, wie die Umsetzung erfolgen soll. Auf dem Markt werden hierzu unterschiedliche EDV-Lösungen angeboten. Die Angebotspalette reicht von der Entwicklung und dem Erwerb einer eigenen Software über die Nutzung einer Providerlösung bis zur Nutzung des von den Ländern zur Verfügung gestellten Webportals (Länder-eANV).

Die Entwicklung und der Erwerb einer eigenen Software dürfte wegen der hohen Kosten nur für größere Entsorgungsunternehmen mit einer Vielzahl elektronisch abzuwickelnder Vorgänge von Interesse sein. Im Gegensatz dazu ist die Nutzung des Länder-eANV zwar kostenlos, eine Speicherung der Dokumente und die Registerführung ist über das Länder-eANV jedoch nicht möglich und muss daher von den Betroffenen selbst vorgenommen werden. Ein großer Teil der nachweispflichtigen Entsorgungsunternehmen wird sich daher für eine sogenannte Providerlösung entscheiden, bei der ein beauftragter Dienstleister die erforderliche Software für die Kommunikation über die ZKS Abfall zur Verfügung stellt. Als Anbieter solcher Providerlösungen kommen branchenexterne Dienstleistungs-, aber auch Entsorgungsunternehmen in Betracht, die ihre EDV-Technik nicht nur für die Abwicklung ihrer eigenen Entsorgungsvorgänge nutzen, sondern diese auch ihren Kunden anbieten wollen.

Bestandteile eines solchen Dienstleistungsangebotes können u.a. sein:
– Registrierung der Kunden bei der ZKS,
– Verwaltung des Postfachs bei der ZKS,
– Erstellung von Entsorgungsnachweisen und Begleitscheinen,
– Führung des Registers.

Während die technische Umsetzung schon sehr weit vorangeschritten ist, werfen die Regelungen der NachwV rechtliche Fragen auf, die noch nicht abschließend beantwortet sind, für die Gestaltung der hieraus folgenden Vertragsbeziehungen aber von erheblicher Bedeutung sind.

Beispielhaft hervorzuheben ist hier insbesondere die Frage, ob der Abfallerzeuger befugt ist, einen Vertreter zu bevollmächtigen, für ihn die Begleitscheine auszufüllen und zu signieren. Bekanntermaßen lehnt die Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) eine solche Bevollmächtigung mit Hinweis auf § 3 Abs. 4 NachwV grundsätzlich ab. Da § 3 Abs. 4 NachwV die Bevollmächtigung nur bei Abgabe der Verantwortlichen Erklärung vorsehe, ergebe sich im Umkehrschluss, dass für alle sonstigen Erklärungen nach der NachwV eine Bevollmächtigung unzulässig sei, wenngleich auch nach Ansicht der LAGA in besonderen Fallkonstellationen – etwa bei Abfällen, die auf einer Baustelle anfallen – Ausnahmen möglich seien. Soweit Dienstleister also anbieten, die Begleitscheine für ihre Kunden nicht nur vorzubereiten, sondern auch zu signieren, setzen sie sich in Widerspruch zu der – in Fachkreisen allerdings stark umstrittenen – Rechtsansicht der LAGA.

Unklar ist ferner, ob nur ein einziges Register geführt werden darf – wovon behördlicherseits bislang ausgegangen wird – oder ob es daneben möglich ist, die Entsorgungsvorgänge bei unterschiedlichen Dienstleistern registrieren zu lassen. Es liegt auf der Hand, dass ein Entsorger, der seinem Kunden die Registerführung anbietet, andere Anforderungen an die Datenverwaltung zu erfüllen hat, wenn er alle registerpflichtigen Dokumente seines Kunden zu verwalten hat und nicht nur diejenigen zu Entsorgungsvorgängen, an denen er selbst beteiligt ist.

Hieran schließt sich unmittelbar die Frage an, wie lange die elektronisch signierten Entsorgungsnachweise in den elektronischen Registern vorzuhalten sind. Entgegen dem Wortlaut in § 25 Abs. 1 NachwV wird dabei die Ansicht vertreten, Entsorgungsnachweise seien bis zu acht Jahren im Register zu belassen. Dies hat unmittelbar technische Auswirkungen, weil die elektronischen Signaturen nach etwa zwei bis drei Jahren ihre Gültigkeit verlieren und deswegen „übersigniert“ werden müssen. Der Aufwand und damit auch die Kosten der Registerführung wären geringer, wenn es nicht notwendig wäre, die Signaturen mehrmals überarbeiten zu müssen.

Die für die behördliche Vollzugspraxis bedeutsame Vollzugshilfe der LAGA zum abfallrechtlichen Nachweisverfahren wird derzeit überarbeitet. Mit einer Verabschiedung ist erst zum Ende des Jahres zu rechnen. Die lange Verfahrensdauer ist unbefriedigend, weil sich die betroffenen Kreise bereits heute um eine rechtssichere Umsetzung des elektronischen Abfallnachweisverfahrens – insbesondere im Hinblick auf die anstehenden Vertragsabschlüsse – kümmern müssen.

Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte