Grenzüberschreitende Abfallverbringung: Fremdstofffrei?

Zur Verwertung bestimmte Abfälle der Grünen Listen (Anhänge III, III A, IIII B) zur Verordnung 1013/2006 dürfen grundsätzlich ohne Exportkontrollgenehmigung grenzüberschreitend verbracht werden. In der Praxis stellt sich dabei häufig die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen in den zu verbringenden Abfallfraktionen enthaltene Fremdstoffanteile einer Einstufung in die Grünen Listen entgegenstehen mit der Folge, dass die betreffenden Fraktionen notifizierungspflichtig sind.

 

Bei der grenzüberschreitenden Verbringung von (noch) als Abfall einzustufenden Sekundärrohstoffen der Grünen Liste, wie z.B. PPK oder Schrott, wird seit jeher diskutiert, unter welchen Voraussetzungen etwaige Fremdstoffanteile eine Notifizierungspflicht auslösen.

 

Aus Gründen der Vereinfachung arbeiten Vollzugsbehörden in der Praxis hier vielfach mit starren Obergrenzen. Diese lagen für ungefährliche Fremdstoffanteile vor 10 bis 15 Jahren – je nach Behörde – zwischen 5 % und 15 %. Das war praxisgerecht; es trug insbesondere dem Umstand Rechnung, dass Verunreinigungen abfalltypisch sind. Demgegenüber fordern Behörden heute im Grundsatz für grün gelistete Abfälle überwiegend eine absolute Fremdstofffreiheit, wobei dann in „praxisfreundlicher Anwendung“ Fremdstoffanteile von maximal 2 % als gerade noch unbedenklich akzeptiert werden.

 

Dies ist rechtswidrig: Das Verbringungsrecht verlangt keine Fremdstofffreiheit als Voraussetzung für die Einstufung eines Abfalls in die Grüne Liste. Ebenso wenig begründet es eine starre Obergrenze. Vielmehr bestimmt das Verbringungsrecht, dass Fremdstoffanteile bei grün gelisteten Abfällen eine Notifizierungspflicht nur dann auslösen, wenn dadurch die umweltgerechte Verwertung der Abfälle verhindert wird oder – vereinfacht ausgedrückt – sich das Gefahrenpotential der Abfälle soweit erhöht, dass die Durchführung eines Notifizierungsverfahrens angemessen erscheint. Erforderlich ist danach stets eine Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls; die Festlegung einer starren, abstraktgenerellen Fremdstoffobergrenze von 2 % ist mit diesen Regelungen jedenfalls nicht vereinbar. Zudem drohen Wertungswidersprüche, denn z.B. nach der EU-Abfallende-Verordnung 333/2011 steht ein deutlich höherer Fremdstoffanteil, nämlich von 5 %, noch nicht einmal der Einstufung von Aluminiumschrott als Produkt, also als Nicht-Abfall, entgegen.

 

Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte

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