Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in seinem Urteil vom 20.03.2019 (VIII ZR 213/18) mit den Anforderungen befasst, die an eine Beschaffenheitsvereinbarung in einem Kaufvertrag und an die nach dem Kaufvertrag vorausgesetzte Verwendung der Kaufsache zu stellen sind. Dies ist bedeutsam, weil davon abhängt, ob der Verkäufer tatsächlich das schuldet, was der Käufer erwartet.
In dem der Entscheidung des BGH zugrunde liegenden Fall haben der Verkäufer und der Käufer einen Kaufvertrag über eine industrielle Verpackungsmaschine geschlossen. Dem Vertragsabschluss vorausgegangen waren Verhandlungen, aus denen für den Verkäufer die Nutzungsart, für die der Käufer die Maschine erwerben wollte, ersichtlich war. Für den Verkäufer war im Rahmen der Vertragsverhandlungen auch ersichtlich geworden, dass es dem Käufer mit dem Erwerb der Maschine darum ging, die Produktionsgeschwindigkeit zu erhöhen, die die bislang vom Käufer betriebene Verpackungsmaschine ermöglichte. In der Auftragsbestätigung wird bezüglich der Verpackungsmaschine eine Taktzahl von „up to 40 pcs/min“ genannt. Weitere Angaben zur Produktionsgeschwindigkeit der Verpackungsmaschine sind weder in der Auftragsbestätigung enthalten noch sonst ersichtlich.
Nach Übergabe und Aufbau der Verpackungsmaschine hat der Käufer gerügt, die Maschine sei wegen zu geringer Produktionsgeschwindigkeit mangelhaft. Der Verkäufer ist hingegen der Auffassung, dass ein Mangel bezüglich der Produktionsgeschwindigkeit nicht vorliegt. Der Käufer hat daraufhin wegen des von ihm gerügten Mangels nach fruchtlosem Ablauf der zur Mangelbeseitigung gesetzten Frist den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt und hat den Verkäufer auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Rückgabe der Maschine verklagt. Das Landgericht und das Oberlandesgericht sahen den vom Käufer geltend gemachten Kaufpreisrückzahlungsanspruch als begründet an, weil die Maschine sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eigne, da sie nicht die Produktionsgeschwindigkeit habe, die sich der Käufer vorgestellt habe. Der Bundesgerichtshof teilt die Auffassung der Vorinstanzen nicht.
Ein Sachmangel ist gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB gegeben, wenn die Kaufsache nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat. Der BGH führt in dem Urteil aus, dass an eine Beschaffenheitsvereinbarung strenge Anforderungen zu stellen sind. Nach der Rechtsprechung des BGH kommt sie nicht (wie nach dem bis 2001 geltenden Kaufrecht) im Zweifel, sondern nur noch in eindeutigen Fällen in Betracht. Erforderlich dafür ist, dass es konkrete Anhaltspunkte gibt, „aus denen sich mit der gebotenen Eindeutigkeit ergäbe, dass die Beklagte (= der Verkäufer) in vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für eine bestimmte Produktionsgeschwindigkeit der Maschine übernehmen wollte“. Anhaltspunkte dafür, dass der Verkäufer in dieser Weise für eine bestimmte Produktionsgeschwindigkeit haften wollte, ließen sich der Auftragsbestätigung des Verkäufers aber nicht entnehmen.
Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, liegt ein Sachmangel vor, wenn der Sache die Eignung für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung fehlt (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB) oder wenn sie sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet oder nicht die Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist oder die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB). Die Vorinstanzen hatten im Rahmen der Prüfung, ob die Maschine sich für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung eignet, auf die dem Verkäufer bekannte Vorstellung des Käufers von den konkreten Eigenschaften der Kaufsache abgestellt. Dies hält der BGH für falsch, weil dadurch die strengen Anforderungen an eine Beschaffenheitsvereinbarung unterlaufen würden. Würde man das so sehen, müsste der Verkäufer für alle ihm bekannten Vorstellungen des Käufers von Eigenschaften der Kaufsache haften, ohne dass er dafür, wie von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB vorausgesetzt, in vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr übernommen hat. Daher zielt § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB mit dem Merkmal der „nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendung“ der Kaufsache nicht auf konkrete Eigenschaften der Kaufsache ab, die sich der Käufer vorstellt, sondern darauf, ob die Sache für die dem Verkäufer erkennbare Verwendung (Nutzungsart) durch den Käufer geeignet ist. Hierzu hatte die Vorinstanz keine Feststellungen getroffen. Daher hat der BGH die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und dorthin zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt sich die Lage im vorliegenden Fall also wie folgt dar: Der Verkäufer kannte die Produktionsgeschwindigkeit, die der Käufer von der Verpackungsmaschine erwartete, als er sie beim Verkäufer bestellte. Trotzdem ist die vom Käufer erwartete Produktionsgeschwindigkeit vom Verkäufer nicht geschuldet. Die hohen Anforderungen an eine kaufvertragliche Beschaffenheitsvereinbarung sind nicht erfüllt und nach der Rechtsprechung des BGH zielt das Gesetz mit der „nach dem Vertrag vorausgesetzten Verwendung“ der Kaufsache nicht auf konkrete Eigenschaften ab, die sich der Käufer vorstellt, sondern darauf, ob die Sache für die Nutzungsart / den Einsatzweck geeignet ist, den die Parteien dem Vertrag zugrunde gelegt haben. Will der Käufer sicher sein, dass er das bekommt, was er erwartet, bedarf es hierzu also maßgeschneiderter Vertragsregelungen.
Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte
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