Mit dem Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) vom 18.02.2015 – 4 B 53/14 (Vorinstanz: Verwaltungsgericht Dresden, Beschl. v. 06.03.2014 – 3 L 1133/13) liegt, soweit ersichtlich, erstmalig eine oberverwaltungsgerichtliche Entscheidung zur Frage der Zulässigkeit einer gewerblichen Sammlung von Sperrmüll vor. Die Entscheidung enthält dabei konkrete Aussagen zu der in Literatur und Rechtsprechung durchaus kontrovers diskutierten Frage, wie die in § 17 Abs. 2 Satz 2 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) normierte Rückausnahme, nach der insbesondere „gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen“ einer gewerblichen (und gemeinnützigen) Sammlung nicht zugänglich sind, auszulegen ist.
Inhalt und Reichweite der rechtlichen Rahmenbedingungen gewerblicher Sammlungen beschäftigen nach wie vor die Verwaltungsgerichte. Obwohl es der Rechtsprechung zwischenzeitlich gelungen ist, den §§ 17 und 18 KrWG eine gewisse „Kontur“ zu verleihen, sind nach wie vor viele Fragen im Einzelnen ungeklärt. So ist beispielswiese umstritten, ob bestimmte Abfallfraktionen, wie etwa Sperrmüll oder auch gemischte Bau- und Abbruchabfälle (aus privaten Haushaltungen), einer gewerblichen Sammlung überhaupt zugänglich sind. Der Streit entzündet sich dabei an § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG, der eine Rückausnahme zu § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 KrWG enthält und insofern bestimmt, dass „gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle“ einer gewerblichen (und gemeinnützigen) Sammlung nicht zugänglich sind. Während etwa das Verwaltungsgericht (VG) Arnsberg (Urt. v. 09.12.2013 – 8 K 3508/12) die Auffassung vertritt, dass eine gewerbliche Sammlung von Sperrmüll i.S.d. ASN 20 03 07 AVV nicht zulässig ist, weil darin regelmäßig auch gemischte Abfälle i.S.v. § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG enthalten seien, erachtet das VG Dresden (Beschl. v. 06.03.2014 – 3 L 1133/13) unter Verweis auf die in der AVV enthaltene Differenzierung zwischen gemischten Siedlungsabfällen (ASN 20 03 01) und Sperrmüll (ASN 20 03 07) eine entsprechende gewerbliche Sammlung für zulässig.
Mit der Entscheidung des OVG wurde der Beschluss des VG Dresden nunmehr bestätigt und somit, soweit ersichtlich, erstmalig obergerichtlich geklärt, dass es sich bei Sperrmüll „nicht um gemischte Siedlungsabfälle i.S.v. § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG“ handelt.
Dabei stellte das OVG fest, dass auf Grund der Systematik der AVV der Begriff der „gemischten Abfälle aus privaten Haushaltungen“ in § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG nur dahingehend auszulegen ist, dass „hiervon gemischte Siedlungsabfälle nach Unterziffer 20 03 01 erfasst sind“. Weder nach nationalem noch nach europäischem Abfallrecht sei es geboten, die Rückausnahme von der Überlassungspflicht aus § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG auch auf Sperrmüll zu erstrecken. Insbesondere den in Art. 16 Abfallrahmenrichtlinie enthaltenen Grundsätzen der Entsorgungsautarkie und Nähe werde bereits dadurch in ausreichender Art und Weise Rechnung getragen, dass eine Überlassungspflicht für Abfälle aus privaten Haushaltungen weiterhin dann besteht, soweit einer gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen.
Letztlich sei auch den Gesetzesmaterialen nichts anderes zu entnehmen. Das OVG verweist in diesem Zusammenhang auf das Gesetzgebungsverfahren, in dem die Bundesregierung dem Vorschlag des Bundesrates, die Rückausnahme in § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG auch um Wertstoffgemische zu erweitern, ausdrücklich nicht gefolgt war und vielmehr die Auffassung vertrat, dass gewerbliche Sammlungen nicht auf Monofraktionen zu beschränken sind und mit Ausnahme der gemischten Abfälle sämtliche Abfälle zur Verwertung erfassen könnten. Daraus folgt nach Ansicht des OVG letztlich, dass der Gesetzgeber dann, wenn er gewerbliche (und gemeinnützige ) Sammlungen von Wertstoffgemischen hätte zulassen wollen, Sperrmüll hingegen in die Rückausnahme des § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG hätte einbeziehen wollen, er dies ausdrücklich geregelt hätte.
Im Ergebnis stellt das OVG somit eindeutig klar, dass Sperrmüll einer gewerblichen Sammlung grundsätzlich zugänglich ist und sich der Begriff der „gemischten Abfälle aus privaten Haushaltungen“ in § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG wohl nur auf gemischte Siedlungsabfälle nach ASN 20 03 01 der AVV beziehen dürfte. Überdies stellt sich das OVG damit auch gegen die von einigen Bundesländern erlassenen Vollzugshilfen, in denen die Zulässigkeit einer gewerblichen Sammlung von Sperrmüll auf Grund ihrer Eigenschaft als „Mischabfall“ abgelehnt wird. Abzuwarten bleibt jedoch, ob diese durchaus kontrovers diskutierte Frage von anderen OVG‘s bestätigt wird.
Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte