Zur fehlenden Klagebefugnis des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers auf Einschreiten einer Behörde gegen gewerbliche Sammlungen

BVerwG, Urteil vom 27.09.2018 – 7 C 23.16

 

Der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts lag die Verpflichtungsklage eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zugrunde. Die Klägerin begehrte, die zuständige Abfallbehörde zu verpflichten, gegen einen konkurrierenden gewerblichen Sammler von Alttextilien aus privaten Haushaltungen einen Untersagungsbescheid zu erlassen. Hiermit war die Klägerin zuvor vor dem Oberverwaltungsgericht gescheitert, welches ihre Klage bereits als unzulässig bewertet hatte. Auch mit ihrer Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht blieb die Klägerin erfolglos.

 

Eine auf Erlass eines Verwaltungsaktes gerichtete Verpflichtungsklage ist grundsätzlich nur dann zulässig, wenn der Kläger klagebefugt ist, d.h. geltend machen kann, durch die Unterlassung der begehrten behördlichen Verfügung in eigenen Rechten verletzt zu sein. Das Bundesverwaltungsgericht verneinte im vorliegenden Fall eine solche Klagebefugnis des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers.

 

Bereits dem KrWG könne nach Ansicht des Gerichts keine Bestimmung entnommen werden, die dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger einen solchen Anspruch auf behördliches Einschreiten vermittele. Eine solche Befugnis hätte nach Ansicht des Gerichts auch in Ansehung unionsrechtlicher Vorgaben einen deutlicheren Niederschlag im Gesetz finden müssen und sei auch nicht durch andere auslegungsrelevante Gesichtspunkte zwingend geboten.

 

Insbesondere aus den Bestimmungen in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 und Abs. 3 KrWG lasse sich kein über eine lediglich institutionelle Sicherung hinausgehendes Recht des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers entnehmen, welches die Abfallbehörde zum Schutz seiner Funktionsfähigkeit gegen einen späteren Markeintritt eines konkurrierenden gewerblichen Alttextilsammlers zum Einschreiten verpflichte. Zwar stehe – so dass BVerwG – der Wortlaut des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 sowie Abs. 3 KrWG der Annahme eines subjektiv-öffentlichen Rechts des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht von vornherein entgegen, jedoch würde dessen Zuerkennung die dem gewerblichen Sammler zustehende Grundrechtsposition, wie sie auch in § 17 Abs. 3 KrWG zum Ausdruck komme, in ihrer realen Nutzungsmöglichkeit erheblich beeinträchtigen. Nach Maßgabe des § 17 Abs. 3 KrWG stehe jedoch gerade die Trennung zwischen den Zugriffsmöglichkeiten des gewerblichen Sammlers und der verbleibenden (Auffang-)Zuständigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers im Vordergrund der Regelung.

 

Auch werde der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger durch diese Auslegung keinesfalls schutzlos gestellt. Denn die an ihn delegierten Verwaltungsaufgaben würden durch die Möglichkeit der Stellungnahme nach § 18 Abs. 4 KrWG sowie die Gesetzesbindung der Abfallbehörde hinreichend gesichert.

 

Anmerkung: Die Entscheidung des BVerwG ist zu begrüßen. In der Praxis wird sie zu einer erheblichen Entschlackung der Prozessführung auch in den Fällen führen, in denen sich der gewerbliche Sammler – und nicht wie hier ein örE – gegen eine behördliche Untersagungsverfügung wehrt. Denn mit der Verneinung eines subjektiven-öffentlichen Rechts des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers geht zugleich einher, dass die Verwaltungsgerichte nicht mehr zur notwendigen Beiladung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gemäß § 65 Abs. 1 VwGO gezwungen sind. Dies bedeutet konkret, dass die öffentlichrechtlichen Entsorgungsträger die von ihnen vertretene Position zur Auslegung der stark umstrittenen Bestimmungen der §§ 17, 18 KrWG nicht gesondert „zu den Akten“ geben können, und sich der Rechtsstreit in der Folge auf eine Auseinandersetzung zwischen dem klagenden gewerblichen Sammler und dem Beklagten (regelmäßig also der beklagten Behörde) konzentriert.

 

 

Quelle: KOPP-ASSENMACHER & NUSSER

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