Müssen für den Bau von Windenergieanlagen Waldflächen gerodet werden, bedarf es dafür in der Regel einer Waldumwandlungsgenehmigung auf der Grundlage des einschlägigen (Landes)Forstrechts. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim (VGH) hat mit Beschluss vom 17.12.2019 (10 S 566/19) eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Freiburg bestätigt, wonach eine Waldumwandlungsgenehmigung nach Landeswaldgesetz Baden-Württemberg (LWaldG BW), die neben der für Errichtung und Inbetriebnahme der Windenergieanlagen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung erteilt worden war, wegen Verstoßes gegen die in § 13 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) geregelte, sogenannte „Konzentrationswirkung“ rechtswidrig ist. Gegen die Waldumwandlungsgenehmigung geklagt hatte ein anerkannter Naturschutzverein.
Der im gerichtlichen Verfahren Beigeladenen war im Februar 2018 durch das Regierungspräsidium Freiburg eine Waldumwandlungsgenehmigung nach LWaldG BW erteilt worden, um Waldflächen für die Errichtung von Windenergieanlagen zu roden. Für deren Errichtung und Inbetriebnahme war durch das Landratsamt bereits im Jahr 2016 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt und im Juni 2018 – und damit nach Erteilung der Waldumwandlungsgenehmigung – neu gefasst worden.
Auf Antrag des anerkannten Naturschutzvereins hatte die Vorinstanz im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die aufschiebende Wirkung der gegen die Umwandlungsgenehmigung gerichteten Klage mit der Begründung wiederhergestellt, die Umwandlungsgenehmigung verstoße gegen die Regelung der sachlichen Behördenzuständigkeit in § 13 BImSchG (sogenannte „Konzentrationswirkung“) und sei daher formell rechtswidrig.
Gemäß § 13 BImSchG schließt die immissionsschutzrechtliche Genehmigung „andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen“ ein. Dazu gehören „insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen“. Ausdrücklich nicht von der Konzentrationswirkung erfasst sind dagegen beispielsweise Erlaubnisse und Bewilligungen nach dem Wasserhaushaltsgesetz.
Der VGH hat die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt. Die Waldumwandlungsgenehmigung hätte wegen § 13 BImSchG nicht eigenständig, sondern nur als Bestandteil der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Windenergieanlagen erteilt werden dürfen.
Zur Begründung führt der VGH aus:
Die immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage „betreffend“ im Sinne des § 13 BImSchG seien alle behördlichen Entscheidungen, die Voraussetzung für die Errichtung und den Betrieb der Anlage sind und deren positive Entscheidung deswegen eine Freigabewirkung für die Anlage entfaltet. Maßnahmen, die die Errichtung einer nach § 4 BImSchG genehmigungsbedürftigen Anlage lediglich vorbereiteten, wie z.B. der Abbruch eines Gebäudes, gehörten dagegen nicht zu den von § 13 BImSchG erfassten Entscheidungen.
Nach Auffassung einzelner Gerichte und von Teilen des rechtswissenschaftlichen Schrifttums handelt es sich bei der Rodung von Wald zum Zweck der Errichtung von Windenergieanlagen um eine lediglich vorbereitende Maßnahme, die nicht von der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG erfasst ist. Dieser Auffassung folgte auch der Windenergie-Erlass Baden-Württemberg aus dem Jahr 2012. Gemäß den dort enthaltenen Vorgaben war auch die beklagte Umwandlungsgenehmigung neben der BImSchG-Genehmigung für die Windenergieanlagen erteilt worden.
Unter Bezugnahme auf die (wohl überwiegende) gegenteilige Auffassung in Schrifttum und Rechtsprechung sowie die Erlasslage in den Ländern Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen ist der VGH – wie schon die Vorinstanz – dagegen zu der Einschätzung gelangt, dass die in Rede stehende Umwandlungsgenehmigung von der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG erfasst wird. Denn anders als bei der Genehmigung des Abbruchs einer baulichen Anlage werde mit der forstrechtlichen Umwandlungsgenehmigung nicht lediglich durch Rodung das Freiräumen einer Fläche für eine spätere Anschlussnutzung ermöglicht. Vielmehr werde mit Blick auf die konkrete geplante Anschlussnutzung – Errichtung und Betrieb einer Windenergieanlage – eine Nutzungsänderung genehmigt; die hierfür regelmäßig erforderliche Rodung sei daher lediglich ein Teil der mit der Umwandlung genehmigten Nutzungsänderung. Dafür spreche auch, dass nach den einschlägigen Regelungen des LWaldG BW bei der Entscheidung über den Umwandlungsantrag nicht nur die Umweltauswirkungen der Rodung, sondern auch der neuen Nutzung und damit die positiven und negativen Umweltauswirkungen der geplanten Windkraftanlagen mit in den Blick zu nehmen sind.
Diesem Auslegungsergebnis steht nach Auffassung des VGH auch nicht der Wortlaut von § 13 BImSchG entgegen, wonach die konzentrierte Genehmigung – hier in Form der Waldumwandlungsgenehmigung – die immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage „betreffen“ muss, was bei einer „Rodungsgenehmigung“ – so wird man den VGH verstehen müssen – jedenfalls nicht unmittelbar der Fall ist. Denn für eine Einbeziehung der Waldumwandlungsgenehmigung sprechen nach Auffassung des VGH Sinn und Zweck der Konzentrationswirkung: Zum einen diene § 13 BImSchG der Beschleunigung des behördlichen Genehmigungsverfahrens. Zum anderen solle durch die Verfahrenskonzentration vermieden werden, dass rechtlich einheitlich zu betrachtende bzw. sich überschneidende Vorgänge künstlich aufgespalten würden; vorliegend seien aber die Umweltauswirkungen der Windenergieanlagen und der für ihre Errichtung erforderlichen Waldumwandlung miteinander verschränkt.
An der Entscheidung des VGH ist aus Sicht betroffener Anlagenbetreiber besonders misslich, dass das entstandene Dilemma letztlich auf eine rechtlich durchaus fragwürdige – die beteiligten Behörden grundsätzlich gleichwohl zunächst einmal bindende – Erlasslage zurückzuführen ist.
Immerhin hat das Umweltministerium Baden-Württemberg schon in Ansehung der erstinstanzlichen Entscheidung den Unteren Immissionsschutzbehörden empfohlen, etwaige erforderliche Waldumwandlungsgenehmigungen vorläufig im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zu konzentrieren (Schreiben vom 08.07.2019), so dass die Zahl der Anlagenbetreiber, die von der Entscheidung des VGH nachteilig betroffen sind, hoffentlich überschaubar ist. Weil unter Verstoß gegen § 13 BImSchG erteilte Waldumwandlungsgenehmigungen zwar rechtswidrig, aber nicht nichtig sind, können Anlagenbetreiber – vorbehaltlich etwaig gegebener Drittanfechtungsmöglichkeiten – bei bereits abgeschlossenen Genehmigungsverfahren immerhin auf Bestandskraft vertrauen.
Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte
Das dazu gehörige Fachseminar ist in der Seminarwelt des IWU Magdeburg auffindbar.