Das neue Verpackungsgesetz (VerpackG) beschäftigt gegenwärtig die Gerichte. Im Zentrum der Auseinandersetzungen stehen Rechtsfragen des § 22 VerpackG, der mit der Pflicht zur Abstimmung die Schnittstelle zwischen der Tätigkeit der Systeme „vor Ort“ und die Tätigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (örE) regelt, sowie Rechtsfragen des § 18 Abs. 4 VerpackG, der die für die Erteilung der Genehmigung eines Systems zuständige Behörde ermächtigt, die Leistung einer Sicherheit für den Fall zu verlangen, dass das System oder die von dem System beauftragten Dritten bestimmte, in § 18 Abs. 4 VerpackG im Einzelnen bezeichnete Pflichten nicht hinreichend erfüllen und die örE oder den zuständigen Behörden dadurch zusätzliche Kosten oder finanzielle Verluste entstehen. Für besonderes Aufsehen hat in dem zuletzt genannten Kontext eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gesorgt, die nachfolgend kurz vorgestellt wird.
Als Reaktion auf die ELS-Insolvenz 2018 sieht § 18 Abs. 4 VerpackG Änderungen bei der Sicherheitsleistung durch die Systeme vor. Die Sicherheit kann danach etwa dazu verwendet werden, finanzielle Einbußen der örE durch Ausfälle bei Nebenentgelten zu kompensieren. Nach wie vor nicht durch die gesetzlich vorgeschriebene Sicherheitsleistung abgedeckt sind demgegenüber die Risiken privater Entsorgungsunternehmen als beauftragte Leistungserbringer im Falle der Insolvenz eines Systems.
Gegen die auf das VerpackG gestützten behördlichen Forderungen nach Erhöhung der Sicherheit setzen sich die Systeme derzeit – mit unterschiedlichem Erfolg – in einer Vielzahl von gerichtlichen Verfahren zur Wehr. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28.08.2020 (Beschluss vom 28.02.2020, 12 CS 20.1750). Dort spart der erst seit kurzem für das Abfallrecht zuständige 12. Senat, der schon in seinem vielbeachteten Beschluss zum Thema Abfallende (Beschluss vom 17.02.2020, 12 CS 19.2505) durch eine erfrischende Klarheit (auch) in der Sprache aufgefallen ist, nicht an Kritik, die sich nicht zuletzt an den Gesetzgeber richtet. So hält der Senat § 18 Abs. 4 VerpackG für zu unbestimmt und zudem für unvereinbar mit der sog. Wesentlichkeitstheorie, nach der der Gesetzgeber alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen muss. Danach hätte im Gesetz selbst geregelt werden müssen, ob die Angemessenheit der Sicherheitsleistung vor dem Hintergrund eines gleichzeitigen Totalausfalls aller Systeme zu beurteilen ist („worst case“) oder ein wahrscheinlicheres Szenario zugrunde gelegt werden muss. „Geschlossenen Zirkeln von Arbeitsgruppen und ‚Fachbruderschaften‘ der Exekutive“ – so das Gericht wörtlich – dürfte diese grundlegende Weichenstellung jedenfalls nicht überlassen werden.
Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte
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