Vergabekammer Köln: Zwingende Ausschlussgründe im Sektorenbereich

In der Sektorenverordnung (SektV) finden sich keine Regelungen dazu, wie und mit welcher Konsequenz eine formale Prüfung der Angebote vorzunehmen ist. § 26 SektV bestimmt lediglich allgemein, dass die Angebote geprüft und gewertet werden, bevor der Zuschlag erteilt wird. Die Vergabekammer Köln musste sich im Beschluss vom 02.08.2011 (VK VOL 18/2011) mit der Frage beschäftigen, ob die Abänderung der Vergabeunterlagen einen zwingenden Ausschlussgrund darstellt, auch wenn hierzu in den Vergabeunterlagen keine Vorgaben enthalten sind.

 

Die Vergabestelle hatte im nicht offenen Verfahren die Lieferung und Bereitstellung von Gleisbaumaterial für den Ausbau eines Bahnhofs ausgeschrieben. In den Vergabeunterlagen fanden sich keine Angaben zu der formalen Prüfung der Angebote. Die Antragstellerin verwies in ihrem Angebotsanschreiben auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen, stellte ihr Angebot unter Vorbehalte und modifizierte mit dem Angebot die Vergabeunterlagen. Die Vergabestelle beabsichtigte, das Nebenangebot der Beigeladenen als wirtschaftlich Günstigstes zu bezuschlagen. Hiergegen wehrte sich die Antragstellerin.

 

Die Vergabekammer Köln (VK) wies den Nachprüfungsantrag als unzulässig zurück, weil die Antragstellerin nicht antragsbefugt sei. Grund hierfür sei, dass das Angebot der Antragstellerin wegen der Änderungen, die die Antragstellerin an den von der Vergabestelle vorgegebenen Vertragsunterlagen vorgenommen hat, zwingend von der Wertung auszuschließen sei. Für den Geltungsbereich der VOB sei in § 13 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 16 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A ausdrücklich festgelegt, dass Änderungen an den Vergabeunterlagen unzulässig sind mit der Konsequenz des zwingenden Ausschlusses („Auszuschließen sind: …“). Vergleichbares ergäbe sich aus der VOL/A. Im vorliegenden Fall fände allerdings die Sektorenverordnung Anwendung, in der solche Festlegungen verbal nicht zu finden seien. Nun sei die Sektorenverordnung eine gegenüber den klassischen Verdingungsordnungen weniger förmliche Regelung, so dass hier für die Vergabestelle ein größerer Spielraum bestehe. Allerdings fände gleichwohl wegen der Vorgaben der EU-Vergaberichtlinien die dem Vergaberecht innewohnenden Grundprinzipien Anwendung, wie der Transparenz, Gleichbehandlung und des Wettbewerbs. Ein Bieter, der für sich eine Sonderbehandlung herausnimmt und die von der Vergabestelle festgelegten „Spielregeln“ durch die Geltendmachung seiner eigenen Geschäftsbedingungen und verschiedener Vorbehalte ersetzen bzw. modifizieren will, verstoße damit gegen die von jeder Vergabestelle einzuhaltende Gleichbehandlungsverpflichtung gegenüber allen Bietern. Bestätigt werde dies auch durch die einschlägige Kommentarliteratur, wonach eine vorsätzliche Abänderung der Vertragsunterlagen zu einem zwingenden Ausschluss führt.

 

Die VK führt die Spruchpraxis der 2. Vergabekammer Bund zur VOB/ASKR fort, die gleichermaßen unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungs- und Wettbewerbsgrundsatzes einen zwingenden Ausschlussgrund angenommen hat, sofern Angebote von den Verdingungsunterlagen abweichen (2. VK Bund, Beschluss vom 21.09.2009 – VK 2- 216/09). Maßgebend sind auch nach Auffassung der VK allein die zu beachtenden Grundsätze des Vergaberechts, aus denen der Ausschlussgrund zu folgern ist; unbeachtlich ist, sofern die Vergabeunterlagen keine formalen Vorgaben zu der Wertung der Angebote enthalten. Ein zwingender Ausschlussgrund ist zudem auch noch im laufenden Nachprüfungsverfahren zu beachten, auch sofern dieser Ausschlussgrund im Rahmen der Auswertung der Angebote keine Berücksichtigung gefunden hat.

 

Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte

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