Die zum 01.03.2010 in Kraft getretene neue Rechtslage zur Erhebung von Sicherheitsleistungen für Abfallentsorgungsanlagen verschärft in praxi die Situation für die betroffenen Anlagenbetreiber. Bislang stand die Erhebung einer Sicherheitsleistung im Ermessen der zuständigen Behörde („Kann“-Regelung), nunmehr „soll“ die Behörde entsprechend tätig werden. Ihr Ermessen ist insofern eingeschränkt, als sie nur noch in atypischen Einzelfällen, die vom Anlagenbetreiber darzulegen sind, von einer Erhebung absehen darf. Im praktischen Vollzug kommt es daher künftig weniger auf die Frage des „Ob“ einer Sicherheitsleistung als vielmehr auf die Frage des „Wie“, also das Sicherungsmittel und die Höhe der Sicherheitsleistung an.
Durch Art. 2 Nr. 3 des Rechtsbereinigungsgesetzes Umwelt (RGU) vom 11.08.2009 sind die §§ 12 Abs. 1 Satz 2, 17 Abs. 4a Satz 1 BImSchG verschärft worden: Die zuständige Behörde „soll“ künftig von den Betreibern ortsfester Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung und Behandlung von Abfällen Sicherheiten zur Sicherstellung der abfallbezogenen Betreiberpflichten (§ 5 Abs. 3 BImSchG) verlangen. Betroffen hiervon sind sowohl Neuanlagen als auch bestehende Abfallentsorgungsanlagen.
Durch höchstrichterliche Rechtsprechung wurde zuvor schon klargestellt, dass es für die Erhebung einer Sicherheitsleistung nicht auf eine konkrete Insolvenzgefahr beim Anlagenbetreiber ankommt. Es genügt die abstrakte Möglichkeit der Insolvenz, wie sie jeden Unternehmer treffen kann (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 13.03.2008, 7 C 44, 45/07; BVerfG, Beschl. v. 01.09.2009, 1 BvR 1370/08). Auch kommt es nicht auf die Art der Abfallentsorgungsanlage an.
Die neue Rechtslage bedeutet für die Praxis, dass grundsätzlich eine Verpflichtung zur Erhebung von Sicherheitsleistungen besteht und hiervon nur in besondere Ausnahmefällen abgewichen werden darf („atypischer Einzelfall“). Zahlreiche Bundesländer bereiten derzeit Verwaltungsvorschriften vor, um die Umsetzung der neuen Rechtslage auf den Weg zu bringen. Es ist demnach davon auszugehen, dass sich auch die noch nicht von der Erhebung einer Sicherheitsleistung betroffenen Anlagenbetreiber in den kommenden Monaten diesem Thema werden stellen müssen. Dabei wird es weniger auf die Frage des „Ob“ einer Sicherheitsleistung als vielmehr auf das „Wie“ ihrer Realisierung, also auf die Art der Sicherheit („Sicherungsmittel“) und ihre Höhe ankommen.
Art der Sicherheit („Sicherungsmittel“)
Im Hinblick auf die Art der Sicherheitsleistung kommt es nach der Rechtsprechung vor allem darauf an, dass das Sicherungsmittel dem Zugriff des Schuldners entzogen ist und als insolvenzfest gilt. Das Sicherungsmittel einer handelsrechtlich zu bildenden betrieblichen Rückstellung erfüllt nach der Rechtsprechung diese Voraussetzung ausdrücklich nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.06.2008, 7 C 50/07). Andere denkbare Sicherungsmittel sollten grundsätzlich zulässig sein, wenn der Anlagenbetreiber darlegen kann, dass das Sicherungsmittel insolvenzfest ausgestaltet ist. Neben den klassischen Sicherungsmitteln der Hinterlegung eines Geldbetrages oder der selbstschuldnerischen Bankbürgschaft kann daher beispielsweise auch eine Konzernbürgschaft oder eine Patronatserklärung als Sicherungsmittel zulässig sein. Die Patronatserklärung ist dadurch gekennzeichnet, dass ein Dritter („Patron“) die Liquidität einer Gesellschaft zusagt, so dass diese ihre der öffentlichen Hand gegenüber eingegangene Verpflichtung erfüllen kann. Denkbar sind auch Versicherungslösungen, Sicherheiten früherer Abfallbesitzer oder Sicherheiten des Grundstückseigentümers (z.B. in Form der Eintragung einer Grundschuld zugunsten der öffentlichen Hand). Da das BVerwG ausdrücklich auch dingliche Sicherheiten als Sicherungsmittel anerkennt, dürfte es wohl nicht darauf ankommen, ob das Sicherungsmittel der Behörde unmittelbar liquide zur Verfügung steht. Es kommt insofern regelmäßig auf die Gestaltung der Sicherheit im Detail an. Ob und inwiefern etwa beim Einbringen eines Grundstücks als Sicherungsmittel Abschläge im Wert des Grundstücks hinzunehmen sind, ist eine Frage des Einzelfalls.
Höhe der Sicherheit
Maßstab für die Höhe der Sicherheitsleistung sind die Kosten für die Einhaltung der Nachsorgepflichten nach § 5 Abs. 3 BImSchG. Danach dürfen auch nach der Betriebseinstellung von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile oder Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden. Zudem sind noch vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos zu verwerten oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu beseitigen. Und schließlich ist die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Betriebsgeländes zu gewährleisten. Für die Berechnung der Sicherheitsleistung hat sich vielerorts eine Praxis entwickelt, wonach die Höhe der Sicherheitsleistung aus den Faktoren der maximal genehmigten Gesamtlagermenge an Abfällen sowie den Entsorgungskosten je Tonne des jeweiligen Abfalls gebildet wird. Gegebenenfalls treten hier noch Transportkosten hinzu (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 16.11.2009, 12 LB 344/07). Soweit Abfälle einen positiven Marktwert haben, gibt es keinen Grund, sie bei der Bemessung der Höhe der Sicherheitsleistung zu berücksichtigen. Es empfiehlt sich, dass die betroffenen Anlagenbetreiber die Frage der Preisfindung nicht allein der Behörde überlassen, sondern mit eigenen Angaben unterfüttern und gegebenenfalls korrigieren.
Da zahlreiche Betreiber von Abfallentsorgungsanlagen über eine Anlagengenehmigung verfügen, die deutlich höhere Lagermengen zulässt, als tatsächlich benötigt werden, bietet es sich an, mit der Behörde einen öffentlich-rechtlich Vertrag abzuschließen, wonach sich die Sicherheitsleistung an der tatsächlich praktizierten Lagermenge orientiert. Hierbei wird der Anlagenbetreiber vertraglich einräumen müssen, dass er die der Berechnung der Sicherheit zugrunde gelegte Lagermenge nicht überschreiten wird. Der Vertrag ist freilich so zu schließen, dass der Genehmigungsbestand zum einen nicht angerührt und zum anderen ein Höchstmaß an Flexibilität erreicht wird, um gegebenenfalls kurzfristig bei einem höheren Bedarf an Lagermengen (bis maximal zur immissionsschutzrechtlich genehmigten Gesamtkapazität) im Rahmen des Vertrages Sicherheit nachlegen zu können.
Da die Sicherheit das tatsächlich gegebene Risiko abzubilden hat, muss gegebenenfalls eine nach veralteten Preisen kalkulierte Sicherheitsleistung angepasst werden. Dies kann sich sowohl ermäßigend als auch erhöhend auswirken. Gegen eine überhöhte Sicherheitsleistung kann sich ein Anlagenbetreiber zur Wehr setzen.
Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte