Die zunehmende Intensität von Extremwetterereignissen, bedingt durch den Klimawandel, macht den Hochwasserschutz zu einer der zentralen Aufgaben der räumlichen Planung. Die Bauleitplanung auf kommunaler Ebene ist dabei das primäre Instrument, um Siedlungsentwicklung mit den Anforderungen des Gewässerschutzes und der Hochwasservorsorge in Einklang zu bringen. Das Recht fordert hierbei einen klaren Vorrang des Vorsorgeprinzips, um nachhaltige und schadensminimierende Entwicklungen zu gewährleisten.
Dieser Fachbeitrag beleuchtet die rechtlichen Grundlagen und die konkreten Herausforderungen an der Schnittstelle von Wasser- und Baurecht.
1. Die rechtlichen Säulen: Das WHG als Grundlage der planerischen Abwägung
Die grundlegende Verknüpfung von Hochwasserschutz und Bauleitplanung ist im deutschen Recht klar definiert.
Das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) bildet die immissionsschutzrechtliche Basis und ist maßgeblich für die Ausweisung von Gefahrenzonen. Gemäß § 76 WHG muss die Gefahr von Überschwemmungen ermittelt und bewertet werden. Die Festsetzung von Überschwemmungsgebieten (im Regelfall durch Landesverordnungen) ist der entscheidende Schritt, der die nachfolgende Bauleitplanung bindet.
Das Baugesetzbuch (BauGB), welches die Bauleitplanung regelt, schreibt den Kommunen die Pflicht zur Berücksichtigung der Belange des Hochwasserschutzes vor. Insbesondere müssen in der Abwägung des Flächennutzungsplans (FNP) und des Bebauungsplans (B-Plan):
- Die natürliche Funktion der Gewässer, einschließlich der Rückhaltung von Wasser, gesichert werden.
- Die Risiken und Gefahren durch Hochwasser angemessen berücksichtigt werden.
Die Konkretisierung der Hochwasservorsorge erfolgt dabei über die Bauleitplanung in zwei Stufen.
2. Das Vorsorgeprinzip in der Bauleitplanung
Das zentrale Dogma in der Bauleitplanung im Kontext des Hochwasserschutzes ist das Vorsorgeprinzip: Neue oder erweiterte Nutzungen in potenziellen Risikogebieten sind zu vermeiden, und der natürliche Abfluss darf nicht verschlechtert werden.
Der Bebauungsplan im Überschwemmungsgebiet
Innerhalb festgesetzter Überschwemmungsgebiete gilt grundsätzlich ein Bauverbot. Der Gesetzgeber sieht jedoch strikt geregelte Ausnahmen vor, die nur dann zulässig sind, wenn:
- durch das Vorhaben die Hochwassergefahr nicht erhöht, der natürliche Wasserrückhalt nicht verschlechtert und der Abfluss nicht beeinträchtigt wird.
- die Hochwasserrisiken für das geplante Bauwerk sowie die Nachbarn durch bauliche Hochwasservorsorge (z.B. wasserdichte Keller, hochwasserangepasste Bauweise) minimiert werden.
- die zuständige Wasserbehörde dem Vorhaben zugestimmt hat.
Die Kommune muss in ihrem Bebauungsplan alle notwendigen Maßnahmen festsetzen, um die Schutzfunktion des Gebiets zu erhalten. Dies schließt auch die Sicherung von Flächen für den natürlichen Rückhalt und die Freihaltung von Retentionsflächen ein.
Vermeidung von externen Auswirkungen
Ein weiterer zentraler Aspekt ist die Vermeidung von negativen Abflussveränderungen außerhalb des Planungsgebiets. Durch die Versiegelung von Flächen im Zuge der Bebauung entsteht mehr Oberflächenabfluss. Die Bauleitplanung muss daher durch Maßnahmen wie dezentrale Versickerung oder die Sicherung von Kompensationsflächen gewährleisten, dass sich die Hochwassergefahr nicht auf stromabwärts gelegene Gebiete verlagert oder dort erhöht.
3. Aktuelle Herausforderungen: Starkregen und Integrale Konzepte
Die aktuelle Herausforderung liegt in der Bewältigung der Gefahren durch Starkregenereignisse, die oft auch außerhalb der traditionell bekannten Überschwemmungsgebiete auftreten. Da diese Ereignisse lokal und schwerer vorhersehbar sind, muss die Bauleitplanung über die reine Beachtung der behördlich festgesetzten Überschwemmungsgebiete hinausgehen und integrale Konzepte entwickeln:
- Starkregenmanagement: Kommunen sind zunehmend gefordert, Starkregengefahrenkarten in ihre Bauleitplanung zu integrieren. Dies betrifft die Festsetzung von Überflutungsflächen auf privatem oder öffentlichem Grund (z.B. als temporär überflutbare Plätze) und die Vorgabe von retentiven Gründächern in Bebauungsplänen.
- Klimaanpassung: Hochwasserschutz wird zu einem Teil der umfassenden Klimaanpassungsstrategie. Dies erfordert eine enge Abstimmung zwischen der Bauverwaltung und der Wasserwirtschaft sowie die Nutzung von Instrumenten der Grünen Infrastruktur (z.B. Entsiegelung, Pufferzonen).
Fazit
Die Bauleitplanung ist heute nicht nur ein Instrument der Baurealisierung, sondern vielmehr ein Akt der Hochwasservorsorge. Die rechtliche Verpflichtung zur Berücksichtigung der Belange aus dem WHG zwingt die Kommunen, das Vorsorgeprinzip konsequent anzuwenden. Angesichts des Klimawandels ist ein integraler Planungsansatz erforderlich, der alle Formen von Überflutungsgefahren – von Fluss- bis Starkregenhochwasser – in die räumliche Entwicklung einbezieht und dem natürlichen Wasserrückhalt Priorität einräumt. Nur so kann eine nachhaltige und sichere Nutzung des Siedlungsraumes gewährleistet werden.
