Novellierung des Anhangs III der Richtlinie 2008/98/EG und des Europäischen Abfallverzeichnisses

Änderungen der Stoffrichtlinie (Richtlinie 67/548/EG) und der Zubereitungsrichtlinie (Richtlinie 1999/45/EG) durch die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (sogenannte CLPVerordnung, CLP = classification, labeling and packaging) erforderten eine Novellierung des Anhangs III der Richtlinie 2008/98/EG sowie der Entscheidung 2000/532/EG über ein Europäisches Abfallverzeichnis. Die Novellierungen erfolgten am 18.12.2014 und sind ab dem 01.06.2015 anwendbar. Unklar ist derzeit, ob bis dahin die vom Bundesumweltministerium (BMUB) beabsichtigten Änderungen der Abfallverzeichnisverordnung (AVV) umgesetzt sein werden.

In der Praxis der Entsorgungswirtschaft sind Fragen der Abgrenzung gefährlicher von nicht gefährlichen Abfällen regelmäßig von – teilweise erheblicher – Bedeutung. Welche Maßstäbe bei der Abgrenzung anzulegen sind, bestimmt sich zunächst und maßgeblich nach der AVV. Diese setzt die im Anhang III der Richtlinie 2008/98/EG sowie dem Europäischen Abfallverzeichnis enthaltenen europarechtlichen Vorgaben zur Unterscheidung gefährlicher von nicht gefährlichen Abfällen um bzw. nimmt auf diese Bezug.

Danach ist für die Abgrenzung gefährlicher von nicht gefährlichen Abfällen unter bestimmten Voraussetzungen auch auf sogenannte Gefahreneigenschaften (etwa giftig, gesundheitsschädlich, umweltgefährdend etc.) abzustellen. Ob ein Abfall diese Eigenschaften erfüllt, bestimmt sich im Wesentlichen nach den chemikalienrechtlichen Vorgaben der Stoffrichtlinie (Richtlinie 67/548/EG) und der Zubereitungsrichtlinie (Richtlinie 1999/45/EG). Diese enthalten Grenz- bzw. Konzentrationswerte und korrespondierende Vorgaben für deren Bestimmung.

Stoff- und Zubereitungsrichtlinie sind durch die CLP-Verordnung geändert worden. Diese führt ein neues System von Gefahreneigenschaften ein, das im Wesentlichen ab dem 01.06.2015 gilt.
 

Ersetzung von Anhang III
 

Der europäische Normgeber hat die ab dem 01.06.2015 geltenden Vorgaben der CLP-Verordnung zum Anlass genommen, Anhang III der Richtlinie 2008/98/EG durch die Verordnung (EU) Nr. 1357/2014 vom 18.12.2014 zu novellieren, indem die Bezugnahme des Anhangs III auf die Stoff und Zubereitungsrichtlinie durch Bezugnahmen auf die CLP-Verordnung ersetzt werden:

– Im Zuge dieser Ersetzung wurden die gefahrenrelevanten Eigenschaften bzw. Gefährlichkeitsmerkmale der CLP-VO übernommen. Diese ersetzen die bisherigen in Anhang III enthaltenen gefahrenrelevanten Eigenschaften H 1 – H 15. Um insoweit Verwechselungen zu vermeiden, wurden sie in HP 1 – HP 15 umbenannt.

– Die früheren Gefahreneigenschaften H 5 („gesundheitsschädlich“), H 6 („giftig“), H 12 („Abfälle, die bei der Berührung mit Wasser, Luft oder Säure ein giftiges oder sehr giftiges Gas abscheiden“) und H 15 („Abfälle, die nach der Beseitigung auf irgendeine Weise die Entstehung eines anderen Stoffes bewirken können, z.B. ein Auslaugprodukt, das eine der oben genannten Eigenschaften aufweist“) sind neu definiert worden.

– Für das Gefährlichkeitsmerkmal HP 10 („reproduktionstoxisch“) gelten künftig verschärfte Konzentrationsgrenzen.

– Aus der CLP-VO nicht übernommen wurde dagegen die Kriterien für die Bestimmung der Gefahreneigenschaft HP 14 („ökotoxisch“ = Abfall, der unmittelbare oder mittelbare Gefahren für einen oder mehrere Umweltbereiche darstellt oder darstellen kann). Unter Zuhilfenahme dieses Kriteriums wird ermittelt, ob Konzentrationen von gefährlichen Stoffen im Abfall dazu führen können, dass der Abfall nachteilige Auswirkungen auf Umweltbereiche haben kann; dabei werden nachteilige Auswirkungen auf Gewässer untersucht. Hinsichtlich der Bestimmung eines Abfalls als HP 14 („ökotoxisch“) verbleibt es bis auf Weiteres bei den Kriterien der Stoffrichtlinie. Denn der europäische Normgeber ist der Auffassung, dass weitere Studien erforderlich sind, um zu prüfen, ob auch hinsichtlich der gefahrenrelevanten Eigenschaft HP 14 („ökotoxisch“) die Vorgaben der CLP-Verordnung angewendet werden können.
 

Neues Europäisches Abfallverzeichnis
 

Die Ersetzung des Anhangs III der Richtlinie 2008/98/EG machte eine Änderung des Europäischen Abfallverzeichnisses erforderlich. Diese erfolgte durch Beschluss der Kommission vom 18.12.2014 (2014/955/EU).

– Seiner Regelungsstruktur nach entspricht das neue Europäische Abfallverzeichnis im Wesentlichen dem alten. So verbleibt es dabei, dass bestimmte mit einem Sternchen (*) versehene Abfälle als gefährlich gelten. Bei Abfällen, den sowohl gefahrenrelevante als auch nicht gefahrenrelevante Abfallschlüssel zugeordnet werden können (sogenannte Spiegeleinträge), wird die Entscheidung darüber, ob der Abfall gefährlich oder nicht gefährlich ist, nach wie vor letztlich anhand einer Analytik getroffen werden.

– Geändert wurden die Beschreibungen diverser Abfallschlüssel. Dies gilt insbesondere für die Gruppe 16 02 (Abfälle aus elektrischen und elektronischen Geräten)

– Aufgenommen wurden drei neue gefährliche Abfälle (bestimmte Rotschlämme aus der Aluminiumoxidherstellung = 01 03 10*; metallisches Quecksilber = 16 03 07*; teilweise stabilisiertes Quecksilber = 19 03 08*).

– Zudem legt das geänderte Europäische Abfallverzeichnis fest, dass die im geänderten Anhang III der Richtlinie 2008/98/EG festgelegten Konzentrationsgrenzwerte nicht für reine Metalllegierungen in massiver Form gelten, die nicht durch gefährliche Stoffe verunreinigt sind. Als gefährlich angesehene Abfalllegierungen sind im Verzeichnis eigens aufgeführt und mit einem Sternchen (*) versehen.
 

Änderung der AVV
 

Der neue Anhang III der Richtlinie 2008/98/EG sowie das geänderte Europäische Abfallverzeichnis sind ab dem 01.06.2015 anwendbar. Derzeit ist nicht absehbar, ob bis dahin die, wie zu hören ist, vom BMUB beabsichtigte Anpassung der AVV realisiert sein wird.

Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte

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