Mit Urteil vom 19.02.2015 – 7 C 10.12 – hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) die vorhergehenden Entscheidungen des Verwaltungsgerichts (VG) Köln und des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster bestätigt, mit denen die wasserrechtliche Planfeststellung für den trimodalen Ausbau des Hafens Köln-Godorf aufgehoben worden ist. Nunmehr ist letztinstanzlich entschieden, dass der trimodale Hafenausbau nicht allein aufgrund einer wasserrechtlichen Planfeststellung durchgeführt werden kann, sondern die Durchführung weiterer Zulassungsverfahren, z.B. nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), erfordert.
Mit Planfeststellungsbeschluss vom 30.08.2006 stellte der Beklagte den Plan der Beigeladenen zum Ausbau des Hafens Köln-Godorf um ein weiteres Hafenbecken fest. Der auf § 31 Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) in der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Fassung gestützte Plan umfasste die gesamte Hafeninfrastruktur, die neben dem neuen Hafenbecken unter anderem aus Umschlags- und Bereitstellungsanlagen, Zwischenlagerund Bereitstellungsflächen sowie Gleisanlagen und Straßen besteht. Durch den Hafenausbau sollen zusätzliche Kapazitäten für den trimodalen Umschlag des Güterverkehrs zwischen den Verkehrsträgern Wasser, Schiene und Straße geschaffen werden.
Der Kläger hatte bereits im Anhörungsverfahren umfangreiche Einwendungen gegen den Plan erhoben. Das VG Köln hob den Planfeststellungsbeschluss auf die Klage hin auf. Die gegen die Entscheidung des VG Köln eingelegte Berufung der Beigeladenen wies das OVG Münster zurück. Das BVerwG hat sich als Revisionsinstanz der Rechtsauffassung der beiden Vorinstanzen angeschlossen und die zulässige Revision der Beigeladenen als unbegründet zurückgewiesen.
Das BVerwG hatte im Kern darüber zu entscheiden, ob das von der Beigeladenen geplante und zur Genehmigung gestellte Vorhaben allein im Wege der wasserrechtlichen Planfeststellung zugelassen werden kann. Unter Bezugnahme auf eine frühere Entscheidung des 7. Senats vom 13.12.1991 – 7 C 25.90 –, stellt das BVerwG fest, dass es keinen einheitlichen, mehreren oder allen Rechtsgebieten gemeinsamen Vorhabenbegriff gibt, bei dessen Vorliegen eine Zulassung im Wege der Planfeststellung erforderlich oder möglich wäre, ohne dass es auf die gesetzlichen Grenzen der Ermächtigung zur Planfeststellung ankäme. Die Auslegung des Vorhabenbegriffs sei vielmehr dem jeweiligen Fachgesetz zu entnehmen, nach dessen Regelungen das planfeststellungsfähige Vorhaben spezifischen behördlichen Kontrollentscheidungen unterworfen ist.
Das BVerwG kommt zu dem Ergebnis, dass das von der Beigeladenen zur Genehmigung gestellte trimodale Hafenausbauvorhaben als Gesamtheit der gewässerseitigen und landseitigen Teilanlagen nicht als Vorhaben des Gewässerausbaus einzuordnen ist, weshalb keine Planfeststellung eines Gewässerausbaus nach § 31 Abs. 2 S. 1 WHG a.F. erfolgen konnte. Gewässerausbau i.S.d. des § 31 Abs. 2 S. 1 WHG a.F. ist allein die Herstellung, Beseitigung oder wesentliche Umgestaltung eines Gewässers oder seiner Ufer. Da das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen war, dass die von der Beigeladenen beabsichtigten, landseitigen Maßnahmen betreffend die Hafeninfrastruktur jedenfalls überwiegend nicht dem Gewässer- oder dem Uferbereich räumlich zuzuordnen waren, konnten sie nicht als Gewässerausbau i.S.d. Vorschrift eingeordnet werden.
Nach dem Urteil des BVerwG hätte es einer Auslegung des § 31 Abs. 2 S. 1 WHG a.F. entgegen seines Wortlauts bedurft, um auch solche Vorhabenteile, die zwar funktional und im Hinblick auf ihren Nutzungszweck mit dem Gewässerausbau im Zusammenhang stehen, jedoch weder dem Gewässer selbst noch dem Ufer räumlich zuzuordnen sind, als planfeststellungsfähigen Gewässerausbau i.S.d. § 31 Abs. 2 S. 1 WHG a.F. einzuordnen. Das BVerwG stellt zu der zentralen Frage, ob eine solche erweiternde Auslegung des § 31 Abs. 2 S. 1 WHG a.F. rechtlich zulässig bzw. geboten ist, im Kern fest, dass die Vorgaben des WHG nicht durch Zweckmäßigkeitserwägungen des Vorhabenträgers überspielt werden dürfen. Die Zielsetzung des § 31 Abs. 2 S. 1 WHG a.F., die geordnete Bewirtschaftung des ober- und unterirdischen Wassers nach Menge und Beschaffenheit sicherzustellen, erfordere es nicht, alle baulichen und sonstigen Maßnahmen, die nicht räumlich dem Gewässer selbst oder dem Uferbereich zuzuordnen seien, im Wege der Planfeststellung zulassen zu können.
Mit Blick auf die Gesetzessystematik führt das BVerwG u.a. aus, § 31b Abs. 4 WHG a.F. lasse erkennen, dass Häfen durch Bauleitpläne auszuweisen und nicht ohne Bindung an einen Bebauungsplan durch Planfeststellungsbeschluss zuzulassen seien. Die Richtigkeit des gefundenen Ergebnisses lasse sich ferner aus § 36 S. 2 Nr. 1 i.V.m. S. 1 WHG ableiten, der die Errichtung von Hafenanlagen gesonderten, vom Gewässerausbau unabhängigen materiellrechtlichen Vorgaben unterwerfe. Wenn die Errichtung der landseitigen Anlagen im Rahmen eines Hafenausbauvorhabens bereits als Gewässerausbau einzuordnen wäre, erweise sich eine solche Regelung als entbehrlich.
Nach der Sichtweise des BVerwG ist eine erweiternde Auslegung des § 31 Abs. 2 S. 1 WHG a.F. auch nicht wegen im nationalen bzw. im Unionsrecht verankerter Vorgaben für die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) geboten. Die UVP-Pflichtigkeit eines entsprechenden Vorhabens bedeute nicht, dass ein solches Vorhaben auch in einem einzigen Verfahren zugelassen werden müsse. Nach Auffassung des BVerwG enthalten weder Art. 2 Abs. 2 der UVP-Richtlinie (Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der durch die Richtlinie 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.04.2014 geänderten Fassung), noch die zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses geltende wortgleiche Vorgängervorschrift eine solche Vorgabe. In Fällen, in denen ein Vorhaben im Sinne des UVP-Rechts der Zulassung durch mehrere Landesbehörden bedürfe, werde die gebotene vollständige Beachtung der in der UVP-Richtlinie festgelegten Ziele durch die in § 2 Abs. 1 S. 4 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) vorgeschriebene Zusammenfassung aller Teilprüfungen zu einer Gesamtbewertung aller Umweltauswirkungen, insbesondere aber durch § 14 Abs. 2 UVPG gewährleistet. § 14 Abs. 2 S. 1 UVPG verpflichtet die Zulassungsbehörden, eine Gesamtbewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens vorzunehmen und diese bei den Entscheidungen zu berücksichtigen. Gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 UVPG hat die federführende Behörde insoweit das Zusammenwirken der Zulassungsbehörden sicherzustellen.
Nach der Beurteilung des BVerwG scheidet insbesondere auch die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens für das Gesamtvorhaben der Beigeladenen auf der Grundlage des § 78 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) NRW aus. Unter den Voraussetzungen des § 78 Abs. 1 VwVfG NRW ist nur ein Planfeststellungsverfahren erforderlich. Die Vorschrift setzt tatbestandlich u. a. das Zusammentreffen mehrerer selbständiger Vorhaben, für deren Durchführung Planfeststellungsverfahren vorgeschrieben sind, voraus. Da für den von der Beigeladenen zur Genehmigung gestellten Hafenausbau nicht ausschließlich Planfeststellungsverfahren vorgeschrieben sind, waren schon von daher die Voraussetzungen des § 78 Abs. 1 VwVfG NRW nicht gegeben. Hinsichtlich der Teile des Gesamtvorhabens, die nicht über § 31 Abs. 2 S. 1 WHG a.F. einer Planfeststellung zugeführt werdenkonnten, konnte auch nicht insgesamt eine Zulassung durch Planfeststellungsbeschluss aufgrund des § 18 Abs. 1 S. 1 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) a.F. erfolgen. Vielmehr bedurfte es entsprechend den Feststellungen des Berufungsgerichts für die nicht der Planfeststellung zugänglichen Nutzungen anderer Zulassungsentscheidungen aufgrund des BImSchG und des Baugesetzbuches (BauGB). In einem solchen Fall ist § 78 Abs. 1 VwVfG NRW nicht unmittelbar anwendbar.
Nach der Entscheidung des BVerwG war § 78 Abs. 1 VwVfG NRW mangels Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke auch nicht analog anzuwenden. Die Durchführung eines einheitlichen Planfeststellungsverfahrens habe bereits im unmittelbaren Anwendungsfall der Vorschrift nur dann zu erfolgen, wenn ein erhöhter planerischer Koordinierungsbedarf die verfahrensrechtliche Zuständigkeit einer einzigen Planfeststellungsbehörde fordere. Nach der Einschätzung des BVerwG gilt dies erst recht, wenn Vorhaben aufeinandertreffen, die teils planfeststellungsbedürftig sind, teils einer anderweitigen Genehmigung bedürfen. Insbesondere könne der Anwendungsbereich des Planfeststellungsverfahrens nicht aufgrund eines materiellen Interesses, eine einheitliche Entscheidung herbeizuführen, über die tatbestandlichen Voraussetzungen hinaus erweitert werden. Hierdurch ergebe sich nur die Notwendigkeit, die verschiedenen Verfahren im Sinne einer integrierten Verfahrenspolitik aufeinander abzustimmen.
Unter Bezugnahme auf § 38 BauGB führt das BVerwG schließlich aus, der von der Beigeladenen geplante Hafenausbau berühre auch die gemeindliche Planungshoheit, die durch eine einheitliche Entscheidung im Wege der Planfeststellung eingeschränkt werde. Nach der Einschätzung des BVerwG war im konkreten Fall zudem vom Bestehen eines Planungsbedürfnisses auszugehen, weshalb die Koordinierung der Belange sachgerecht nur durch Abwägung im Rahmen eines Bebauungsplans hätte erfolgen können.
Der rechtswidrige Planfeststellungsbeschluss verletzte die Klägerin auch in ihrem Recht auf gerechte Abwägung ihrer Belange, wobei vom Vorliegen eines erheblichen Mangels i.S.v. § 75 Abs. 1a VwVfG NRW auszugehen war, der auch nicht in einem ergänzenden Verfahren zu beheben war (§ 75 Abs. 1a S. 2 VwVfG NRW).
Die Ausführungen des BVerwG gelten nicht nur für § 31 Abs. 2 S. 1 WHG a.F., sondern betreffen gleichermaßen die geltenden Vorschriften über die Planfeststellung des Gewässerausbaus (§ 68 Abs. 1 i.V.m. § 67 Abs. 2 WHG).
Für die Planungs- und Zulassungspraxis von Großvorhaben wie etwa einem trimodalen Hafenausbau ist demnach die Koordination verschiedener Zulassungsverfahren bezogen auf ein Vorhaben auch künftig eine der zentralen Herausforderungen.
Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte