Keine Beschaffenheitsvereinbarung von Eigenschaften eines Grundstücks durch vorvertragliche Beschreibungen, wenn diese keinen Niederschlag in der notariellen Urkunde gefunden haben

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 06.11.2015 – V ZR 78/14 – entschieden, dass eine Beschreibung von Eigenschaften eines Grundstücks oder Gebäudes vor Vertragsschluss durch den Verkäufer, die in der notariellen Urkunde keinen Niederschlag gefunden hat, in aller Regel nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) führt.

Die Beklagten verkauften ein mit einem Gebäude bebautes Grundstück an die Kläger und schlossen im Kaufvertrag Rechte wegen Sachmängeln aus. In einem Exposé und auf ihrer Internetseite hatten die Verkäufer vor dem Verkauf eine „ca. Fläche“ bezüglich der Gebäudeflächen angegeben. Den Käufern händigten sie vor Vertragsschluss Grundrisszeichnungen der Geschosse mit Angaben der Flächenmaße aus. Unter Zugrundlegung bestimmter Berechnungsgrundlagen ermittelten die Käufer nach Vertragsschluss eine geringere tatsächliche Gesamtfläche. Hierin sahen die Käufer einen Sachmangel und erklärten deshalb eine Kaufpreisminderung. Da die Verkäufer in der Flächenabweichung keinen Sachmangel sahen, verweigerten sie die von den Käufern begehrte Rückzahlung des geminderten Kaufpreises, weshalb die Käufer die Verkäufer sodann (u.a.) auf diese Rückzahlung verklagten.

In dem notariellen Kaufvertrag war ein allgemeiner Gewährleistungsausschluss enthalten. Eine Gewährleistungshaftung der Verkäufer kommt aber trotzdem in Betracht, wenn eine bestimmte Fläche als Beschaffenheit vereinbart worden ist. Dabei setzt eine Beschaffenheitsvereinbarung keine ausdrückliche Vereinbarung voraus, sondern kann sich auch aus den Umständen stillschweigend ergeben. ImFalle einer Beschaffenheitsvereinbarung kann sich der Verkäufer nicht auf einen allgemeinen Haftungsausschluss im Vertrag berufen. Dies gilt nach der Rechtsprechung des BGH‘s auch dann, wenn eine bestimmte Beschaffenheit der Kaufsache nicht ausdrücklich, sondern „nur“ stillschweigend vereinbart worden ist.

Da eine ausdrückliche Beschaffenheit bezüglich der Fläche nicht vereinbart worden war, war im Streitfall entscheidend, ob und wenn ja unter welchen Voraussetzungen bei beurkundungsbedürftigen Verträgen durch Äußerungen des Verkäufers vor Vertragsschluss eine Beschaffenheitsvereinbarung zustande kommt, wenn die Angaben des Verkäufers in der notariellen Urkunde keinen Niederschlag gefunden haben.

Diese Frage war in der Rechtsprechung mehrerer Oberlandesgerichte bislang unterschiedlich beantwortet worden. Der BGH hat die Frage nunmehr wie folgt entschieden: Bei Rechtsgeschäften, die der notariellen Beurkundung bedürfen, führt eine Beschreibung von Eigenschaften des Grundstücks oder Gebäudes durch den Verkäufer vor Vertragsschluss, die in der notariellen Urkunde keinen Niederschlag gefunden hat, in aller Regel nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung. Der Käufer könne nicht davon ausgehen, dass der Verkäufer mit ihm eine bestimmte Beschaffenheit des Grundstücks oder Gebäudes – mit der Folge einer nicht ausschließbaren Haftung – vereinbaren wolle, wenn die geschuldete Beschaffenheit im Kaufvertrag nicht erwähnt werde.

Eine solche Auslegung gebiete auch der Auslegungsgrundsatz, nach dem im Zweifel derjenigen Auslegung der Vorzug gebührt, die die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts vermeidet. Die Nichtbeurkundung einer Beschaffenheitsvereinbarung hätte jedoch die Nichtigkeit des Vertrags nach § 125 Satz 1 BGB zur Folge. Auch die Möglichkeit der Heilung der Formnichtigkeit nach § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB stelle diesen Grundsatz nicht in Frage. Auf dieser Grundlage gelangte der BGH zu dem Ergebnis, dass über die Fläche im Streitfall keine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen worden war, da diese im notariellen Kaufvertrag keinen Niederschlag gefunden hatte.

Ohne entsprechende Beschaffenheitsvereinbarung stellt eine Flächenabweichung keinen Sachmangel dar, für den der Verkäufer gewährleistungsrechtlich haften muss. Eine Haftung des Verkäufers für die Flächenabweichung wäre daher nur dann – unter dem Gesichtspunkt der Haftung für vorvertragliches Verschulden – möglich gewesen, wenn die Verkäufer den Käufern vor Vertragsschluss vorsätzlich falsche Angaben über die Fläche gemacht hätten. Nicht ausreichend für vorsätzliches Verhalten ist es nach der Rechtsprechung des BGH‘s, wenn der Verkäufer die relevanten Umstände hätte kennen können oder gar kennen müssen. Erforderlich für ein vorsätzliches Handeln ist vielmehr der Nachweis, dass der Verkäufer die Information in Kenntnis ihrer Falschheit gegeben hat. Dieser Nachweis ist im Allgemeinen sehr schwer zu führen, und konnte von den Käufern auch in dem vom BGH entschiedenen Fall nicht geführt werden.

Konsequenz der Entscheidung des BGH’s ist aus der Sicht potentieller Immobilienerwerber, dass bei der Ausgestaltung des Immobilienkaufvertrags sehr genau darauf geachtet werden muss, wie die Vertragsbedingungen formuliert sind. Wichtig ist dabei insbesondere, dass Verkäuferangaben, die dem Käufer in dem Sinne wichtig sind, dass den Verkäufer im Falle ihrer Unrichtigkeit eine Haftung treffen soll, in den Kaufvertrag aufgenommen werden, und zwar so, dass sie eine Beschaffenheitsvereinbarung oder sogar Garantie des Verkäufers begründen.

Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte

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