Anders als in den verwaltungsgerichtlichen Streitigkeiten der Vergangenheit, welche die Anschlusspflicht entlegener Wohngebäude an die öffentliche Trinkwasserversorgung im ländlichen Raum und die damit verbundenen Beitragspflichten für die Herstellung der Anschlussleitungen zum Gegenstand hatten, und bei denen die Pflicht zur Anschlussnahme überwiegend aus Gründen der Volksgesundheit begründet wurde, behandelt die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.01.2011 (8 C 44/09) die Frage, ob neben einem bereits vorhandenen Anschluss an die öffentliche Trinkwasserversorgung für einen bestimmten Bedarf auch die Eigenversorgung zum Beispiel durch Regenwasser nach den Vorschriften der Trinkwasserverordnung zulässig ist.
Gegenstand des Rechtstreits war die Teilbefreiung vom Zwang der Benutzung der öffentlichen Wasserversorgungsanlage für den Betrieb einer Waschmaschine des Klägers. Nach den Bestimmungen der Wasserabgabesatzung (WAS) des Beklagten erstreckt sich die Pflicht zur Benutzung der Wasserversorgungsanlage auf den gesamten Wasserbedarf mit Ausnahme des Bedarfs für Gartenbewässerung und Toilettenspülung. Danach kann der Benutzungszwang auf einen bestimmten Verbrauchszweck beschränkt werden, soweit dies für die öffentliche Wasserversorgung zumutbar ist und nicht andere Rechtsvorschriften oder Gründe der Volksgesundheit entgegenstehen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn für den Bedarfszweck Trinkwasser oder Wasser mit der Beschaffenheit von Trinkwasser erforderlich ist und die Versorgung mit solchem Wasser nur durch die Benutzung der öffentlichen Wasserversorgung gewährleistet wird.
Der Antrag des Klägers auf Teilbefreiung vom Benutzungszwang, um das von seinem Grundstück gesammelte Regenwasser für die Gartenbenutzung, die Toilettenspülung und das Wäschewaschen zu nutzen, wurde abgelehnt, weil nach Auffassung des Beklagten Wasser zum Wäschewaschen Trinkwasserqualität erfordere und das gesammelte Regenwasser diese Anforderung nicht erfülle. Nach erfolglosem Widerspruch hatte die Klage Erfolg, die vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassene Berufung des Beklagten wurde jedoch zurückgewiesen. Auch die vom VGH zugelassene Revision des Beklagten blieb ohne Erfolg.
Der erkennende Senat des BVerwG hat festgestellt, dass der Anspruch des Klägers auf die Teilbefreiung zur Nutzung von Regenwasser als Waschwasser kein revisibles Recht verletzt. Die revisionsrechtliche Prüfung war dabei an die berufungsgerichtliche Auslegung und Anwendung der irrevisiblen Bestimmungen der WAS gebunden. Deswegen hatte das BVerwG nur zu prüfen, ob diese Anwendung irrevisiblen Rechts auf einer fehlerhaften Anwendung revisiblen Rechts beruht oder ob das Ergebnis gegen revisibles Recht verstößt.
Insoweit wurde durch das BVerwG festgestellt, dass die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) der Teilbefreiung nicht entgegensteht. Denn aus der Bestimmung des sachlichen Geltungsbereichs nach § 2 Abs. 2 TrinkwV ergebe sich, dass das Wasser aus Eigenversorgungsanlagen, die zusätzlich zu einem bestehenden Anschluss an die zentrale Trinkwasserversorgungsanlage im Haushalt genutzt werden, nicht den Qualitätsanforderungen an Trinkwasser nach §§ 4 bis 10 TrinkwV genügen muss. Für Anlagen und Wasser aus Anlagen, die zur Entnahme oder Abgabe von Wasser bestimmt sind, das nicht die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch hat, und die zusätzlich zu den Wasserversorgungsanlagen nach § 3 Abs. 2 TrinkwV verwendet werden, gelte die TrinkwV nur, soweit sie auf solche Anlagen ausdrücklich Bezug nimmt. Danach gelten die Qualitätsanforderungen nicht für das Wasser aus zusätzlich genutzten Eigenversorgungsanlagen im Sinne von § 2 Abs. 2 TrinkwV. Auch aus § 3 Nr. 1 lit. a, 3. Spiegelstrich TrinkwV, der Waschwasser dem Wasser für den menschlichen Gebrauch zuordnet, ergebe sich nichts Anderes. Diese Vorschrift erschöpfe sich in einer Legaldefinition, die nach dem Verwendungszweck differenziert. Hingegen folge die Einschränkung des Geltungsbereichs aus § 2 Abs. 2 TrinkwV, der jedoch nicht auf den Verwendungszweck des Wassers aus der Eigenversorgungsanlage abstelle, sondern auf dessen Qualität und die zusätzliche Benutzung neben dem Trinkwasseranschluss. Danach seien ausdrücklich Anlagen einbezogen, die nicht dazu bestimmt sind, Wasser in Trinkwasserqualität zu liefern. Auch Sinn und Zweck der Abgrenzung des sachlichen Anwendungsbereichs der TrinkwV nach § 2 Abs. 2 TrinkwV und dessen Entstehungsgeschichte bestätigen diese Auslegung. Danach gewährleiste die TrinkwV, dass jeder Haushalt über Wasser in Trinkwasserqualität verfüge, sie diene aber nicht dazu, das Verbrauchsverhalten der Anschlussnehmer zu reglementieren und ihnen vorzuschreiben, für bestimmte Verwendungen nur Wasser mit Trinkwasserqualität zu benutzen. Diese Auslegung stehe auch mit der Richtlinie 98/83/EG des Rates vom 03.11.1998 im Einklang.
Der Teilbefreiung stünden schließlich auch keine Gründe der Volksgesundheit entgegen. Aus der Auswertung zahlreicher Veröffentlichungen zu hygienischen Aspekten der Regenwassernutzung ergäben sich keine Feststellungen, wonach aus hygienischer Sicht für das Wäschewaschen im Haushalt des Klägers Trinkwasser oder Wasser mit der Qualität von Trinkwasser erforderlich sei. Insoweit wurde das Trocknen der Wäsche als ausreichende Behandlung der Wäsche angesehen, bei dem spätestens – unabhängig von der Herkunft des Waschwassers – Bakterien entfernt oder abgetötet würden. Darüber hinaus lägen auch neuere wissenschaftliche Erkenntnisse nicht vor und würden auch besondere örtliche Gegebenheiten eine andere Beurteilung nicht erforderlich machen.
Die Tendenz der Entscheidung des BVerwG ist vor dem Hintergrund des sparsamen Umgangs mit natürlichen Ressourcen grundsätzlich zu begrüßen. Deswegen macht es Sinn, Regenwasservorkommen zu speichern und in den verschiedenen Verwendungen im Haushalt einzusetzen, bei denen es aus Gründen der Volksgesundheit keiner weiteren hygienischen Anforderungen bedarf. Hinzu kommen Sinn und Zweck der TrinkwV, die nicht auf die Verhaltenssteuerung der Anschlussnehmer angelegt ist, sondern aus Gründen der Volksgesundheit nur die sichere Versorgung mit Trinkwasser oder Wasser dieser Qualität gewährleisten will. Deswegen darf es über diese Grundversorgung hinaus auch keine weitergehenden Pflichten zur Verwendung von Trinkwasser geben. Mithin gilt zu Recht der Kanon von Qualitätsanforderungen für Trinkwasser auch nicht für Eigenversorgungsanlagen, die neben dem Anschluss an die bestehende Trinkwasserversorgung vorhanden sind.
Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte