Die „Baurechtsschaffung“ für PV-Projekte – Schwerpunkt Freiflächenanlagen (ohne EEG und Zivilrecht)

Die Errichtung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA) ist ein zentraler Pfeiler der Energiewende und liegt im überragenden öffentlichen Interesse. Unabhängig von der Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) oder zivilrechtlichen Aspekten (wie etwa dem Nachbarrecht) stellt die Schaffung von Bauplanungsrecht die primäre Hürde für die Realisierung dar. Diese erfolgt primär über das Baugesetzbuch (BauGB) und die Landesbauordnungen (LBO).


1. Bauplanungsrechtliche Zulässigkeit im Außenbereich (§§ 30, 35 BauGB)

PV-FFA werden in der Regel im Außenbereich (§ 35 BauGB) errichtet, da Innenbereiche und beplante Gebiete (§ 30 BauGB) hierfür oft nicht zur Verfügung stehen. Die Zulässigkeit im Außenbereich richtet sich nach der Art des Vorhabens:

A. Privilegierte Vorhaben (§ 35 Abs. 1 BauGB)

Grundsätzlich sind PV-FFA im Außenbereich keine allgemeinen privilegierten Vorhaben im Sinne von §35 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 BauGB, da ihnen die notwendige Standortgebundenheit (z. B. zu einem landwirtschaftlichen Betrieb oder zur öffentlichen Versorgung) fehlt.

Jedoch hat der Gesetzgeber mit der Novellierung des BauGB spezielle Teilprivilegierungen geschaffen:

  1. Infrastruktur-Randstreifen (§35 Abs. 1 Nr. 8 BauGB): PV-FFA sind auf einer Fläche längs von Autobahnen und mindestens zweigleisig ausgebauten Schienenwegen des übergeordneten Netzes in einem Abstand von bis zu 200 Metern von der Außenkante der jeweiligen Verkehrsanlage privilegiert.
    • Rechtsfolge: Innerhalb dieses Korridors ist die Anlage zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die Erschließung gesichert ist. Dies beseitigt die kommunale Planungshoheit (Veto-Position) in diesem Bereich weitgehend und ermöglicht eine Genehmigung ohne Bebauungsplan (B-Plan).
  2. Agri-PV und besondere Solaranlagen (§35 Abs. 1 Nr. 9 BauGB): Der Bau einer PV-FFA ist privilegiert, wenn sie in räumlich-funktionalem Zusammenhang mit einem landwirtschaftlichen oder gartenbaulichen Betrieb steht (Agri-PV) und bestimmte Flächenbegrenzungen einhält. Diese Anlagen sind auch ohne EEG-Förderung baurechtlich begünstigt, sofern sie die materiellen Anforderungen des Privilegierungstatbestandes erfüllen.

B. Sonstige Vorhaben (§ 35 Abs. 2 BauGB)

Außerhalb dieser privilegierten Bereiche sind PV-FFA sonstige Vorhaben.

  • Rechtsfolge: Ein solches Vorhaben ist nur zulässig, wenn es öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist. Großflächige PV-FFA beeinträchtigen jedoch fast immer öffentliche Belange (z. B. Landschaftsbild, Naturschutz, Ziele der Raumordnung), weshalb eine Zulässigkeit nach §35 Abs. 2 BauGB in der Regel ausscheidet.

2. Der Königsweg der Baurechtsschaffung: Der Bebauungsplan

Aufgrund der fehlenden generellen Privilegierung im Außenbereich ist die Aufstellung oder Änderung eines qualifizierten Bebauungsplans (§ 30 Abs. 1 BauGB) durch die Gemeinde der Regelfall zur Sicherung von Baurecht für große PV-FFA.

  • Planungshoheit: Die Gemeinde nutzt hier ihre kommunale Planungshoheit und kann durch den B-Plan die PV-FFA als Sondergebiet (SO) festsetzen. Dies ist eine Lenkungsfunktion, die es der Gemeinde ermöglicht, den Standort aktiv zu bestimmen und andere Gebiete (z. B. wertvolle Landwirtschaftsflächen) von der Bebauung freizuhalten (Konzentrationszonenplanung).
  • Abwägung: Im Bauleitplanverfahren müssen alle öffentlichen und privaten Belange (z. B. Landschaftsschutz, Artenschutz, Bodenschutz, Landwirtschaft) gegeneinander und untereinander abgewogen werden. Hierbei muss das überragende öffentliche Interesse der Erneuerbaren Energien (durch §2 EEG 2023 gesetzlich verankert) in die Abwägung einfließen.
  • Umweltprüfung: Das Verfahren erfordert eine Umweltprüfung mit Umweltbericht, in dem die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt, beschrieben und bewertet werden.

3. Bauordnungsrechtliche Genehmigung (LBO)

Unabhängig von der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit ist die PV-FFA eine bauliche Anlage und bedarf nach den jeweiligen Landesbauordnungen (LBO) in der Regel einer Baugenehmigung.

  • Verfahrensfreiheit: Einige Bundesländer haben verfahrensfreie Anlagen für PV-FFA definiert, oft begrenzt auf eine bestimmte Höhe oder Größe. Selbst bei Verfahrensfreiheit müssen jedoch alle materiell-rechtlichen Vorschriften (Brandschutz, Standsicherheit, Abstandsflächen, Fachgesetze) eingehalten werden.
  • Genehmigungspflicht: Ist eine Baugenehmigung erforderlich, prüft die Bauaufsichtsbehörde die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Bauplanungsrecht und dem Bauordnungsrecht sowie weiteren öffentlich-rechtlichen Vorschriften (z. B. Naturschutz- und Immissionsschutzrecht).

Das dazu gehörige Fachseminar ist in der Seminarwelt des IWU Magdeburg auffindbar.