Die kommunale Tiefbaupraxis ist das Rückgrat der städtischen Infrastruktur. Ob beim Bau neuer Verkehrswege, der Verlegung von Ver- und Entsorgungsleitungen oder der Sanierung bestehender Bauwerke – die Geotechnik bildet die unverzichtbare, wenn auch oft unsichtbare, Grundlage für die Standsicherheit, Dauerhaftigkeit und Wirtschaftlichkeit aller Projekte. Insbesondere in Kommunen, wo der Bestandsschutz angrenzender Bebauung und die Einhaltung knapper Budgets zentrale Herausforderungen darstellen, ist eine fundierte geotechnische Expertise unerlässlich.
1. Von der Erkundung zum Baugrundmodell: Die Basis der Planung
Jedes Tiefbauprojekt beginnt unter der Geländeoberkante. Eine gründliche geotechnische Erkundung des Baugrunds ist daher der erste und wichtigste Schritt zur Risikominimierung.
A. Die Geotechnische Erkundung
Die geotechnische Erkundung geht über einfache Bodenproben hinaus. Sie umfasst:
- Aufschlüsse: Bohrungen (Kern-, Rammkernsondierungen), Schürfe und Sondierungen (Drucksondierungen, Rammsondierungen) zur Gewinnung von Boden- und Gesteinsproben sowie zur Feststellung des Schichtaufbaus. Bei Linienbauwerken wie Straßen oder Kanaltrassen erfolgt dies in festgelegten Abständen (oft in Anlehnung an DIN 4020).
- Laborversuche: An den entnommenen Proben werden wesentliche Bodenkennwerte ermittelt (z. B. Wassergehalt, Korngrößenverteilung, Scherparameter, Dichte, Frostempfindlichkeit), die für die Bemessung von Gründungen, die Bestimmung der Tragfähigkeit des Straßenunterbaus oder das Setzungsverhalten entscheidend sind.
- Hydrogeologische Verhältnisse: Die Ermittlung der Grundwasserstände ist kritisch für die Planung der Baugrubensicherung und erforderlicher Wasserhaltungsmaßnahmen.
B. Das Baugrundgutachten (Geotechnischer Bericht)
Die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden im Baugrundgutachten zusammengefasst. Dieses ist mehr als nur eine Beschreibung des Bodens; es liefert dem Planer verbindliche Empfehlungen und zulässige Kennwerte für:
- Die Art der Gründung (z. B. Flachgründung, Pfahlgründung).
- Die Gestaltung und Sicherung von Baugruben und Gräben (z. B. Böschungswinkel, Verbauarten).
- Die notwendigen Maßnahmen zur Bodenverbesserung oder zum Bodenaustausch.
- Die Einstufung des Bodenaushubs nach abfallrechtlichen Kriterien (z. B. LAGA-Klassen) – ein entscheidender Kostenfaktor im kommunalen Tiefbau.
2. Anwendungen im Kommunalen Tiefbau
Die geotechnische Expertise findet in nahezu allen Bereichen des kommunalen Tiefbaus Anwendung:
In der Ausführungsphase wechselt der Fokus von der Planung zur Qualitätssicherung (QS). Die Einhaltung der Vorgaben aus dem Baugrundgutachten ist entscheidend für die spätere Funktion des Bauwerks.
- Verdichtungskontrolle: Die geforderte Tragfähigkeit des Untergrunds und der eingebauten Schichten (z. B. Frostschutzschicht) wird durch fortlaufende Kontrollen (z. B. mit dynamischen Plattendruckversuchen) während des Erdbauprozesses sichergestellt.
- Fachbauleitung: Die geotechnische Fachbauleitung überwacht die Einhaltung der festgelegten Bodenverbesserungs- und Gründungsmethoden.
- Umgang mit Altlasten: Die Geotechnik ist der primäre Ansprechpartner, wenn bei den Erdarbeiten Altlasten oder schadstoffbelastetes Material angetroffen wird, um die ordnungsgemäße Entsorgung und den Arbeits- und Umweltschutz zu gewährleisten.
Fazit
Die Geotechnik ist in der kommunalen Tiefbaupraxis ein essenzielles Management-Tool zur Steuerung von Baukosten und -risiken. Eine frühzeitige, umfassende Baugrunderkundung und die konsequente Umsetzung der geotechnischen Empfehlungen in der Planung und Bauausführung sind der beste Weg, um unvorhergesehene Mehrkosten, Bauverzögerungen und langfristige Schäden an der Infrastruktur zu vermeiden. Sie schafft die solide Basis für nachhaltige kommunale Bauprojekte.
Das dazu gehörige Fachseminar ist in der Seminarwelt des IWU Magdeburg auffindbar.
