Bodenschutzrecht und Altlastensanierung: Eine strategische Herausforderung im Infrastrukturbau

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen, insbesondere das Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) und die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV), sind nicht nur technische Richtschnur, sondern primär Risiko- und Kostensteuerinstrumente.


1. Die rechtliche Verpflichtung: Schutz des Bodens als Ökosystem

Das deutsche Bodenschutzrecht basiert auf dem Grundsatz, den Boden in seiner Funktion als Lebensgrundlage, Archiv der Natur- und Kulturgeschichte und als Filter- und Pufferkörper zu erhalten. Das BBodSchG definiert dabei die zentralen Handlungsfelder:

  • Vorsorgepflicht (§4 BBodSchG): Es müssen Vorsorgemaßnahmen gegen das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen ergriffen werden. Dies betrifft moderne Bauprojekte und den Umgang mit unbelastetem Bodenaushub.
  • Sanierungspflicht (§4 BBodSchG): Bei bereits eingetretenen schädlichen Bodenveränderungen oder Altlasten muss eine Sanierung erfolgen, wenn Gefahren für den Menschen oder die Umwelt bestehen.

Die BBodSchV konkretisiert diese Anforderungen durch Prüfwerte, Maßnahmenwerte und Orientierungswerte für eine Vielzahl von Schadstoffen (z. B. Schwermetalle, PAK, Mineralölkohlenwasserstoffe), die zur Gefährdungsabschätzung und Sanierungsplanung herangezogen werden.


2. Die Altlastenproblematik im Tiefbau

Altlasten sind stillgelegte Abfallbeseitigungsanlagen (Altablagerungen) oder Grundstücke, auf denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen wurde (Altstandorte). Im kommunalen Tiefbau, insbesondere im innerstädtischen Bereich (z. B. ehemalige Gewerbeflächen, Bahnanlagen), sind sie die häufigste Ursache für unvorhergesehene Kosten und Bauverzögerungen.

A. Phasen der Altlastenbearbeitung

Die Bearbeitung von Altlasten folgt einem gesetzlich vorgeschriebenen, mehrstufigen Verfahren:

  1. Historische Erkundung: Recherche von Altkarten, Luftbildern und Archivunterlagen, um den Verdacht einer Altlast zu erhärten.
  2. Orientierende Untersuchung: Erste Beprobung zur Bestätigung des Verdachts und zur Feststellung der Art und des Ausmaßes der Verunreinigung. Die Ergebnisse werden mit den Prüfwerten der BBodSchV verglichen.
  3. Detailuntersuchung: Detaillierte Erkundung der räumlichen Ausdehnung und der Migrationspfade der Schadstoffe (Boden-Wasser-Luft). Sie dient der Gefährdungsabschätzung.
  4. Sanierungsplanung: Ist eine erhebliche Gefahr festgestellt (Überschreitung von Maßnahmenwerten), wird ein Sanierungsplan erstellt, der das Sanierungsziel und die erforderlichen Maßnahmen festlegt.

B. Sanierungsziel und Sanierungsverfahren

Das primäre Sanierungsziel ist die Abwehr von Gefahren für die Schutzgüter. Dies erfolgt durch:

  • Dekontamination: Beseitigung der Schadstoffe (z. B. Bodenaustausch, chemisch-physikalische oder biologische Behandlung).
  • Sicherung: Langfristige Unterbindung der Schadstoffausbreitung (z. B. Kapselung, Verpressung).

Die Wahl des Verfahrens ist stets eine Abwägungsentscheidung zwischen technischer Machbarkeit, Kosten und der Schutzwürdigkeit des Standorts.


3. Bodenschutz als Abfallwirtschaftliche Herausforderung

Ein wesentlicher Kostentreiber im Tiefbau ist die abfallrechtliche Einstufung des Bodenaushubs. Boden, der durch Baumaßnahmen ausgehoben wird, gilt als Abfall und muss entsprechend den Vorgaben der Ersatzbaustoffverordnung (EBV) und den LAGA-Mitteilungen verwertet oder beseitigt werden.

  • Einstufungskriterien: Gering belasteter Boden kann oft verwertet (z. B. als Hinterfüllmaterial, im Straßenbau) werden. Überschreiten die Schadstoffgehalte die zulässigen Grenzwerte, muss der Boden teuer auf Deponien beseitigt werden.
  • Kreislaufwirtschaft: Das Bodenschutzrecht fördert die Kreislaufwirtschaft. Ziel ist es, den Bodenaushub möglichst hochwertig zu verwerten (z. B. on-site Aufbereitung), um Deponieraum und Ressourcen zu schonen. Eine frühzeitige geotechnische und schadstofftechnische Bodengütekartierung ist der Schlüssel zur Optimierung der Entsorgungskosten.

Fazit

Das Bodenschutzrecht stellt die Weichen für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Ressource Boden. In der kommunalen Tiefbaupraxis erfordert die Einhaltung der Vorschriften und insbesondere der Umgang mit Altlasten eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von Geotechnikern, Umweltjuristen und Planern. Frühe Erkundung und die Erstellung eines fundierten Entsorgungskonzepts sind der effektivste Weg, um die rechtlichen Anforderungen zu erfüllen und unkalkulierbare finanzielle Risiken zu minimieren.

Das dazu gehörige Fachseminar ist in der Seminarwelt des IWU Magdeburg auffindbar.