B2B-Altgeräte nach dem Entwurf der Novelle des ElektroG – kein Zugriff der privaten Entsorgungswirtschaft?

Seit dem 18.02.2014 liegt der Referentenentwurf des Bundesumweltministeriums für ein Gesetz zur Neuordnung des Gesetzes über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten (ElektroG) vor. Eine auf den ersten Blick unscheinbare Änderung gegenüber der geltenden Rechtslage wirft die Frage neu auf, ob private Entsorgungsunternehmen in Eigeninitiative Altgeräte sammeln dürfen, die nicht aus privaten Haushalten stammen.

 

§ 9 Abs. 1 des derzeitigen Elektro- und Elektronikgerätegesetzes (ElektroG) bestimmt, dass Besitzer von Altgeräten diese einer getrennten Erfassung zuzuführen haben. Gemäß § 9 Abs. 9 ElektroG ist die Erfassung nach Abs. 1 ausschließlich durch öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, Vertreiber und Hersteller durchzuführen. § 10 Abs. 2 ElektroG verpflichtet die Hersteller von Altgeräten anderer Nutzer als privater Haushalte („b2b-Altgeräte“), die nach dem 13.08.2005 in Verkehr gebracht wurden, eine zumutbare Möglichkeit der Rückgabe zu schaffen.

 

Nach bisherigem Recht war umstritten, ob die Regelung des § 9 Abs. 9 ElektroG, die einen originären Zugriff der privaten Entsorgungswirtschaft auf Elektroaltgeräte ausschließt, lediglich für Altgeräte aus privaten Haushalten oder auch für b2b-Geräte gilt. Dieser Frage wurde durch eine Stellungnahme des Bundesumweltministeriums im Sinne der privaten Entsorgungswirtschaft geklärt:

 

In dieser Stellungnahme wird ausgeführt, dass Besitzer von Elektroaltgeräten aus anderen Bereichen die Wahl hätten, ob sie diese an den Hersteller übergeben oder selbst entsorgen, weil der im ElektroG vorgesehenen Rücknahmepflicht der Hersteller keine Rückgabepflicht der Besitzer korrespondiere. Damit wurde ein originärer Zugriff privater Entsorgungsunternehmen auf b2b-Altgeräte eröffnet, die diese im Auftrag der Besitzer entsorgen konnten.

 

Im Hinblick auf die bisher fehlende Rückgabepflicht der Gerätebesitzer an die Hersteller sieht der Referentenentwurf nunmehr eine grundlegende Änderung vor:

 

Nach § 10 Abs. 1 des Entwurfs haben Besitzer von Altgeräten diese zukünftig einer vom unsortierten Siedlungsabfall getrennten Sammlung durch die in § 12 und § 19 genannten Berechtigten zuzuführen. Anders als in § 9 Abs. 1 des geltenden ElektroG verpflichtet § 10 Abs. 1 des Entwurfs die Besitzer also nicht nur zur getrennten Erfassung, sondern schränkt auch den Kreis der zur Sammlung Berechtigten ein. § 12 des Entwurfs betrifft Altgeräte aus privaten Haushalten und entspricht dem heutigen § 9 Abs. 9 ElektroG; § 19 des Entwurfs entspricht § 10 Abs. 2 ElektroG und regelt die Rücknahmepflicht der Hersteller für b2b-Altgeräte.

 

Zweifelhaft ist, ob es in Zukunft bei der bisherigen Möglichkeit eines originären Zugriffs von privaten Entsorgungsunternehmen auf b2b-Altgeräte bleiben wird, wenn die dargestellten Regelungen des Referentenentwurfs Gesetz werden. Aufgrund des Wortlauts erscheint es zumindest naheliegend, § 10 Abs. 1 des Entwurfs so auszulegen, dass die private Entsorgungswirtschaft in Zukunft nur noch im Wege der Drittbeauftragung durch die Hersteller tätig werden kann, um Zugriff auf Altgeräte aus dem b2b-Bereich zu erlangen.

 

Dem lässt sich wohl auch nicht entgegenhalten, dass § 10 Abs. 1 ausweislich der Entwurfsbegründung nur eine klarstellende Funktion haben soll: Zum einen ist die Gesetzesbegründung lediglich ein Hilfsmittel zur Auslegung einer gesetzlichen Regelung, sodass es bei einem Widerspruch zwischen Wortlaut und Begründung in erster Linie auf den Wortlaut ankommt. Zum anderen bringt die Entwurfsbegründung gerade nicht die bisherige Auffassung des Bundesumweltministeriums zum Ausdruck, dass ein originärer Zugriff von privaten Entsorgungsunternehmen auf b2b-Altgeräte möglich ist; im Gegenteil ergibt sich aus der Entwurfsbegründung deutlich, dass die Beschränkung des Zugriffs auf Elektroaltgeräte aus anderen Bereichen als privaten Haushalten auf einen bestimmten Personenkreis gewollt ist.

 

§ 10 Abs. 1 des Entwurfs dürfte sich darüber hinaus nicht so auslegen lassen, dass die Verweisung auf § 19 auch die dort in Satz 2 genannten Besitzer als Sammlungsberechtigte erfasst. Zum einen werden die Besitzer dort lediglich im Zusammenhang mit der Entsorgung von historischen Altgeräten erwähnt, also solchen, die vor dem 13.08.2005 in Verkehr gebracht worden sind. Zum anderen ergibt eine Berücksichtigung der Besitzer im Rahmen des § 10 Abs. 1 keinen Sinn, da diese Vorschrift dann von den Abfallbesitzern, an die sie sich richtet, verlangen würde, b2b-Altgeräte einer Getrenntsammlung durch sich selbst zuzuführen.

 

Möglich erscheint es danach allenfalls, die in § 19 Satz 2 des Entwurfs vorgesehene Ausnahmeregelung über die Entsorgungsverantwortung bei historischen Altgeräten als vorrangige Sonderregelung gegenüber § 10 Abs. 1 anzusehen. Bei einer solchen Auslegung wäre eine eigene Sammlung durch private Entsorgungsunternehmen noch für b2b-Geräte zulässig, die vor dem 13.08.2005 in Verkehr gebracht worden sind, da die nach § 19 Satz 2 des Entwurfes für die Entsorgung verantwortlichen Besitzer in diesem Rahmen private Entsorgungsunternehmen beauftragen können.

 

Europarechtlich ist ein Ausschluss der privaten Entsorgungswirtschaft von der Sammlung von b2b-Altgeräten nicht geboten. Die im Jahr 2012 in Kraft getretene Neufassung der sog. WEEE-Richtlinie (Richtlinie 2012/19/EU über Elektro- und Elektronik-Altgeräte) bestimmt zwar, dass die Hersteller oder in ihrem Namen tätige Dritte für die Sammlung von Altgeräten sorgen müssen, die nicht aus privaten Haushalten stammen. Diese Regelung, die sich bereits in der Vorläuferrichtlinie 2002/96/EG fand, begründet jedoch – ebenso wie das derzeit geltende ElektroG – lediglich eine Rücknahmepflicht, der entgegen einer vereinzelt im Schrifttum vertretenen Auffassung keine Rückgabepflicht von gewerblichen Abfallerzeugern korrespondiert.

 

Die WEEE-Richtlinie lässt daher eine Sammlung von b2b-Altgeräten durch private Entsorgungsunternehmen auch dann zu, wenn diese nicht durch Hersteller beauftragt worden sind. Dieser Auffassung ist auch die Europäische Kommission, die lediglich auf die Notwendigkeit hinweist, Altgeräte, die außerhalb der in der WEEE-Richtlinie vorgesehenen Rücknahmesysteme gesammelt werden, in die Berechnung der Sammelquoten einzubeziehen. Soweit diese Anforderung erfüllt wird, ist es die freie politische Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, einen originären Zugriff der privaten Entsorgungswirtschaft auf b2b-Altgeräte auch nach der Novelle des ElektroG zu ermöglichen.

 

Es bleibt im Sinne der privaten Entsorgungswirtschaft zu hoffen, dass das Bundesumweltministerium seine bisherige Auffassung mit dem nunmehr vorliegenden Referentenentwurf nicht aufgeben wollte und dies im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch durch hinreichend klare Regelungen zum Ausdruck bringt. Bleibt es bei der gegenwärtigen Entwurfsfassung, ist eine Neuauflage des Streits um die Auslegung des ElektroG an dieser Stelle bereits heute absehbar.

 

Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte

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