Angebotsausschluss bei Kostenverschiebung

Der Vergabesenat des Oberlandesgerichts (OLG) München hat mit Beschluss vom 03.12.2015 (Verg 9/15) entschieden, dass ein Angebot zwingend auszuschließen ist, wenn ein Bieter Kosten, welche nach dem Leistungsverzeichnis positionsbezogen anzugeben waren, auf andere Positionen verrechnet. Kosten des Transports oder der Sortierung, welche bei einem Nachunternehmer anfallen, hat der Bieter auch als Kosten der Verwertungsleistungen auszuweisen. Eine Verrechnung mit den angebotenen Verwertungserlösen darf nicht erfolgen.

Sachverhalt

Hintergrund des entschiedenen Falls war eine europaweite Ausschreibung im Wege eines offenen Verfahrens bezüglich der Sammlung und Vermarktung von Altpapier. Ausweislich der Ausschreibungsunterlagen sollte in Position 2 der Angebotspreis für die Vorbereitung der Vermarktung des Altpapiers angegeben werden. Dabei wurden exemplarisch einzelne Tätigkeiten benannt. Positionen 3 und 4 sahen die Angabe der Vermarktungserlöse des Altpapiers vor.

Nach Angebotslegung und anschließender Wertung führte die Vergabestelle ein Aufklärungsgespräch mit dem günstigsten Bieter. Im Gespräch erklärte der Bieter, dass er die Kosten der Nachunternehmerin für die „eigentliche“ Leistung der Vorbereitung der Vermarktung des Altpapiers nicht in der Position 2 aufgeführt habe, sondern diese Kosten in die Positionen 3 und 4 eingerechnet und dort saldiert habe.

Im Anschluss an das Gespräch teilte die Vergabestelle dem Bieter schriftlich mit, dass beabsichtigt sei, das Angebot eines anderen Bieters zu bezuschlagen, da sein Angebot gemäß §§ 19 EG Abs. 3 lit. a und d VOL/A auszuschließen sei. Denn wegen der Vermengung von Leistungspositionen seien die Angebote nicht vergleichbar.

Den Ausschluss rügte der Bieter. Dabei brachte er vor, dass nicht erkennbar gewesen sei, dass auch die Kosten der Nachunternehmerin in Position 2 anzugeben waren. Nachdem der Rüge nicht abgeholfen wurde, stellte er Nachprüfungsantrag. Die Vergabekammer gab dem gestellten Antrag statt, da die Unterlagen dahingehend vertretbar auszulegen seien, dass nur eigene Kosten des Bieters in Position 2 anzugeben waren. Dagegen legte wiederum die Beigeladene sofortige Beschwerde zum OLG München ein.

Entscheidung

Nach Ansicht des Vergabesenats des OLG München war die sofortige Beschwerde begründet, da der Bieter zu Recht von dem Vergabeverfahren nach § 19 EG Abs. 3 lit. a VOL/A ausgeschlossen worden sei. Das Angebot sei allein deshalb bereits auszuschließen gewesen, da der Bieter entgegen dem Leistungsverzeichnis Kosten, die in Position 2 anzugeben waren, auf die Positionen 3 und 4 verteilt habe und diese Abänderung Einfluss auf den Angebotspreis gehabt hätte.

Wenn der Bieter für Teilleistungen des Transports sowie der Sortierung und Verwertung einen Nachunternehmer einsetze, seien solche Leistungen als Tätigkeiten im Sinne der Position 2 anzusehen. Die damit verbundenen Kosten seien folglich auch in Position 2 einzutragen. Eine insoweit unterschiedliche Beurteilung der Kosten des Auftragnehmers einerseits und des Nachunternehmers andererseits ergab sich nach Auffassung des Vergabesenats auch nicht im Wege der Auslegung der Unterlagen. Denn nach dem objektiven Empfängerhorizont eines verständigen und sachkundigen Bieters hätte dieser erkennen müssen, dass die in Position 2 beispielhaft angegebenen Tätigkeiten der Sortierung und Verwertung nicht mit Erlösen der Position 3 zu verrechnen waren. Denn unabhängig davon, ob es sich um einen Aufwand des Bieters oder des Nachunternehmers handelt, entstehe dem Bieter mindestens ein „mittelbarer Kostenaufwand“, da sich der Vermarktungserlös gemäß der Positionen 3 und 4 durch die Saldierung reduziere. Zumindest diesen Mindererlös habe der Bieter als Aufwand bezüglich der Position 2 anzugeben.

Praxistipp

Beinhalten die Vergabeunterlagen sowohl Preispositionen für Verwertungsleistungen von Altpapier als auch Verwertungserlöse, so müssen diese auch getrennt angegeben werden. Dies gilt unabhängig davon, ob die Kosten direkt beim Bieter oder aber erst beim Nachunternehmer anfallen. Dies bedeutet somit auch, dass wenn vorbereitende Verwertungsleistungen (z.B. Sortierung) durch Nachunternehmer erbracht werden, der angebotene Verwertungserlös in Wirklichkeit keinen Saldo aus Erlösen und Kosten darstellen darf. Hintergrund hierfür dürfte auch der sog. tauschähnliche Umsatz sein, nach welchem Entsorgungsdienstleistungen nicht mit Verwertungserlösen saldiert werden dürfen. In der Praxis kann dies teilweise problematisch sein, da die tatsächlichen Kosten für die einzelnen Tätigkeiten des Nachunternehmers dem Bieter wohl nur in seltenen Fällen bekannt sein dürften. Hier gilt es also die Aufspaltung der Preispositionen der Vergabestellen bei der Angebotslegung ernst zu nehmen und sich gegebenenfalls Kostenpositionen von dem Nachunternehmer detailliert ausweisen zu lassen.

  

Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte

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