Zur Einordnung eines Unternehmens als Erstbehandlungsanlage von Elektroaltgeräten

VG Würzburg, Urt. v. 16.10.2020 – W 10 K 19.451

Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung einer Betriebsstillegung. Er betreibt die Firma P, welche gebrauchte Elektronikgeräte abnimmt, sortiert, reinigt und zerlegt. Anschließen verkauft er sie weiter oder führt sie einer Erstbehandlungsanlage zu. Die Firma ist weder i.S.v. § 21 Abs. 1 ElektroG zertifiziert noch erfolgte eine Anzeige der Erstbehandlung von Elektroaltgeräten nach § 25 Abs. 4 ElektroG. Ausweislich des Betriebskonzepts werden gebrauchte Elektronikgeräte samt Elektronikbaugruppen und Zubehör von dem jeweiligen Kunden abgeholt. Die Geräte bzw. Bauteile werden anschließend überprüft, gereinigt sowie sortiert. Bei funktionsunfähigen Geräten werden Ersatzteile ausgebaut und anschließend verkauft. Funktionsunfähige Geräte und Bauteile werden gesondert gelagert und an Entsorgungsunternehmen weitergegeben. Nach der Ansicht des Beklagten handelt es sich bei dem Betrieb der Firma P. um eine Erstbehandlungsanlage. Daher verpflichtete der Beklagte den Kläger unter Androhung eins Zwangsgeldes zur Einstellung des Firmenbetriebs. Zuvor ist dem Kläger erfolglos die Durchführung eines Zertifizierungs‐ und Anzeigeverfahrens angeboten worden. Der Kläger ist im Wesentlichen der Ansicht, dass sein Betrieb nicht als Erstbehandlungsanlage anzusehen sei.

Die Klage hat keinen Erfolg, weil der angegriffene Bescheid rechtmäßig ist. Der Kläger hat gegen die Zertifizierungs‐ und Anzeigepflichten zum Betrieb einer Erstbehandlungsanlage nach § 21 Abs. 1 ElektroG und § 25 Abs. 4 ElektroG verstoßen. Die behandelten Geräte stellen Elektroaltgeräte dar, weil diese als Abfall i.S.v. § 3 Abs. 1 S. 1 KrWG anzusehen sind. Vorliegend sei ein Entledigungswille einerseits deshalb anzunehmen, weil der Kläger überhaupt Ersatzteile aus reparaturbedürftigen Geräten ausbaut; dies stellt eine Abfallbehandlung dar. Andererseits erwirbt der Kläger jedenfalls auch gebrauchte und defekte Elektrogeräte zum Zwecke der Ersatzteilgewinnung erwirbt. Damit hat sich der subjektive Entledigungswille des Klägers bereits im Zeitpunkt des Erwerbs manifestiert, da ihm bereits zu diesem Zeitpunkt bewusst ist, dass jedenfalls ein gewisser Anteil der ihm übergebenen Endgeräte nicht mehr entsprechend der ursprünglichen Zweckbestimmung verwendet werden kann. Unerheblich ist dabei, dass einzelne Komponenten solcher Endgeräte noch als Ersatzteile dienen können, weil die Abfalleigenschaft nicht an einzelne Bauteile, sondern auf die Sachgesamtheit – also auf das Elektrogerät insgesamt – anstellt. Der angegriffene Bescheid genügt auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil dem Kläger vor Anordnung der Betriebsstilllegung erfolglos angeboten worden ist, die gesetzlich vorgeschriebenen Zertifizierungs‐ und Anzeigeverfahren durchzuführen.

Quelle: Kopp-Assenmacher & Nusser Rechtsanwälte PartGmbB

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