Zur Abfalleigenschaft von im Freien gelagerten Elektro- und Elektronikgeräten

VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 11.7.2018 – 17 L 1507/18 und vom 25.7.2018 – 3 L 1395/18

In der Praxis behaupten Adressaten von Beräumungs- und Entsorgungsbescheiden oftmals, die auf ihrem Grundstück lagernden Gegenstände seien keine Abfälle. Zur Begründung wird angeführt, die Gegenstände sollen – mehr oder weniger zeitnah – ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung gemäß weiterverwendet werden.

Um zu bestimmen, ob in solchen Konstellationen Abfall vorliegt oder nicht, müssen die zum Vollzug berufenen Behörden nicht lediglich die (geäußerte) subjektive Auffassung des Erzeugers oder Besitzers zu Grunde legen. Vielmehr fordert das Gesetz eine Objektivierung der Willensbekundung anhand der Maßstäbe der Verkehrsanschauung, die bei der Beurteilung zu berücksichtigen sind, § 3 Abs. 3 KrWG. Vor diesem Hintergrund konkretisierte das Verwaltungsgericht Düsseldorf in zwei Beschlüssen das gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 KrWG bei der Bestimmung des Entledigungswillens anzuwendende objektivierende Kriterium der Verkehrsanschauung.

Konkret lag der Entscheidung die ungeschützte Lagerung von Elektro- und Elektronikgeräten im Freien zugrunde, die – nach Aussage des Verfügungsadressaten – nach einer noch anstehenden Prüfung nach Afrika verbracht und dort gemäß dem ursprünglichen Verwendungszweck weiterverwendet werden sollten. Gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrWG ist ein Entledigungswille nicht anzunehmen, wenn der ursprüngliche Verwendungszweck einer Sache entfallen oder aufgegeben worden ist, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an dessen Stelle tritt. Nach Ansicht des Gerichts fehlte es in der gegebenen Konstellation an der Voraussetzung des Entfallens oder der Aufgabe der ursprünglichen Zweckbestimmung, weil der Sachgewaltinhaber nach eigener Angabe die ursprüngliche Gerätebestimmung gerade aufrechterhalten wollte. Die Bestimmung des § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrWG sei jedoch auch in einer solchen Situation entsprechend anzuwenden. Das Verwaltungsgericht begründet dies mit dem Sinn und Zweck der Bestimmung, wonach unzulässige Abfallbehandlungen verhindert werden sollten. Es postuliert hierbei das Erfordernis eines einheitlichen, nie unterbrochenen Willens zur Fortsetzung der ursprünglichen Zweckbestimmung.

Im konkreten Fall nahm das Gericht eine Willensunterbrechung an und sprach insofern von einem „Schwebezustand“, der den Entledigungswillen begründe. Denn es sei nicht nachgewiesen, dass die fraglichen Gegenstände auch schon während ihrer Lagerung (rechtlich) exportfähig im Sinne der Vorschriften des ElektroG gewesen seien.

Zur weiteren Konkretisierung dieses Schwebezustandes nahm das Gericht auf die stoffstromspezifischen Bestimmungen des ElektroG Bezug, die spezifische Maßstäbe formulieren, um Elektro- und Elektronikaltgeräte (= Abfälle) von gebrauchten Elektro- und Elektronikgeräten (= Nicht-Abfälle) abzugrenzen. § 23 ElektroG i.V.m. Anlage 6 zum ElektroG setzen die Anforderungen der europäischen Richtlinie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte (WEEE) an die Verbringung der Geräte um. § 23 Abs. 4 ElektroG enthält eine (widerlegbare) Vermutung, wonach ein Gegenstand ein Altgerät ist, wenn die dort genannten Voraussetzungen nicht vorliegen, wozu die Existenz (ausreichender) Nachweise/Unterlagen über die Funktionsfähigkeit der Geräte genauso gehören wie die Einhaltung einer ausreichenden Ladungssicherung etwa durch ausreichende Verpackung. Hieran gemessen hielt das Verwaltungsgericht es nicht für ausreichend, dass die auf dem Grundstück lagernden und für eine spätere Verbringung nach Afrika bestimmten Gegenstände erst kurz vor der eigentlichen Verschiffung einer Prüfung (auf Funktionsfähigkeit, etc.) unterzogen werden sollten und entsprechende Nachweise (u.a. Kaufbelege) noch während der Lagerdauer nicht vorgelegt werden konnten.

Anmerkung: Die Entscheidung scheint hinsichtlich der Einordnung der konkret an Ort und Stelle lagernden Elektronikgeräte als Elektroaltgeräte und somit als Abfall im Ergebnis zutreffend zu sein. Zweifelhaft ist jedoch, ob hierfür tatsächlich eine – wie vom Verwaltungsgericht postuliert – über den Wortlaut von § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrWG hinausgehende Auslegung erforderlich war. Die Geräte wurden durch den Besitzer und Verfügungsadressaten lediglich „zur weiteren Prüfung“ gelagert. Erst im Ergebnis der Prüfung sollte festgestellt werden, ob der Zustand der Exportfähigkeit und somit der Vermarktbarkeit vorlag. Bereits aufgrund dieser Lagerung dürfte somit schon von einem „Entfallen“ der ursprünglichen Zweckbestimmung (= Nutzung als Elektrogerät) gesprochen werden können. Insofern hätte es näher gelegen – auch unter Rückgriff auf die vom Gericht herangezogene Vermutungsregelung des ElektroG – ein Entfallen der Zweckbestimmung bereits mit der Lagerung ohne hinreichenden Funktionsfähigkeitsnachweis anzunehmen. Der in der Folge eintretende „Schwebezustand“ hinsichtlich der Weiterverwendbarkeit hätte sodann in der Tat der Annahme eines „unmittelbar neuen Verwendungszwecks“ entgegengehalten werden können.

Quelle: KOPP-ASSENMACHER & NUSSER

Das dazu gehörige Fachseminar ist in der Seminarwelt des IWU Magdeburg auffindbar.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert