Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Sondergebieten im Außenbereich

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seinem Urteil vom 01.07.2010 (4 C 6/09) deutlich gemacht, dass der Versagungsgrund des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nur einschlägig ist, wenn sich die Konzentrationsentscheidung des Trägers der Raumordnungsplanung auf eine landesrechtliche Ermächtigungsgrundlage zurückführen lässt. Die Außenwirkung von Zielen der Raumordnung entsteht nach Ansicht des Gerichts aber unabhängig davon, ob diese Ziele Kraft Landesrechts Wirkungen gegenüber Private entfalten. Erforderlich sei lediglich, dass sich aus dem Landesplanungsrecht hinreichend bestimmt ableiten ließe, dass der Landesgesetzgeber den Träger der Regionalplanung ermächtigen wollte, durch eine Konzentrationsflächenplanung die Rechtsfolge des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB herbeizuführen.

 

Hintergrund

 

Gemäß § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB ist ein nicht landwirtschaftliches Vorhaben im Außenbereich dann nicht zuzulassen, wenn durch einen Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung für diese Art von Vorhaben an anderer Stelle erfolgt ist.

 

Maßgebliche Kriterien für die Bestimmung eines Zieles der Raumordnung ist zum einen eine landesplanerische Letztentscheidung an der es bei Soll- und In-der-Regel-Vorschriften fehlt. Zum anderen ist eine sachliche und räumliche Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit notwendig: Der Planungssatz darf also nicht weiter ausfüllungsbedürftig sein und darf im Rahmender kommunalen Abwägung nicht mehr überwunden werden können. Dies bedeutet aber nicht, dass ein Ziel der Raumordnung einen komplexen räumlichen Sachverhalt abschließend entscheidet. Vielmehr gibt es verbindliche Vorgaben vor, die als „Leitplanken“ eines Planungsspielraums auf der nächste Stufe dienen. Im Rahmen von § 35 Abs. 3 BauGB sind die Ziele der Raumordnung ein herausgehobener Belang. Bei Zielen der Raumordnung, die ab Geltung des ROG 2004 zustande gekommen sind, gilt unstreitig eine strikte negative Zielbindung, die von den Adressaten der Ziele zwar je nach Aussageschärfe konkretisiert und ausgestaltet, aber nicht im Wege der Abwägung überwunden werden können. In Raumordnungsplänen kann durch die Festlegung von Vorrang und Vorbehaltsgebieten die Ansiedelung von bestimmten Anlagen in bestimmten Gebieten gefördert und in anderen Gebieten verhindert werden.

 

Entscheidung

 

Im konkreten Fall wurde die Erteilung eines Bauvorbescheids für die Errichtung einer Windenergieanlage von dem zuständigen Landratsamt mit der Begründung abgelehnt, dass die geplante Anlage außerhalb der im Regionalplan für die Nutzung der Windenergie vorgesehenen Vorbehalts- und Vorranggebiete liege. In diesen Vorranggebieten soll der Nutzung der Windenergie Vorrang vor anderen Nutzungen eingeräumt werden, ansonsten sind in der Region überörtlich raumbedeutsame Vorhaben zur Windenergienutzung i.d.R. ausgeschlossen. Darüber hinaus wurde der Antrag wegen zu erwartender Verunstaltung des Landschaftsbilds und einer Gefährdung bedrohter Tierarten abgelehnt. Der klagende Antragsteller obsiegte vor dem Verwaltungsgericht, das den Beklagten verpflichtete, den Bauvorbescheid zu erteilen, und auch eine Berufung des beklagten Landes wurde zurückgewiesen.

 

Die Revision des beklagten Landes hatte dagegen Erfolg.

 

Zunächst folgte das Bundesverwaltungsgericht allerdings der Argumentation des Verwaltungsgerichtshofs: Von dem Versagungsgrund des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB könne nur Gebrauch gemacht werden, wenn sich die Konzentrationsentscheidung des Trägers der Raumordnungsplanung auf eine landesrechtliche Ermächtigungsgrundlage zurückführen lasse. Zwar knüpfe § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB Rechtsfolgen an die Ziele der Raumordnung, regele aber nicht die rechtlichen Voraussetzungen für deren Aufstellung. Dies sei Aufgabe des Landesgesetzgebers. Auch das Bundesraumordnungsrecht (ROG) enthielte keine Rechtsgrundlage, die es den Trägern der Regionalplanung unmittelbar und ohne Rückgriff auf das Landesrecht erlaube, bestimmte Arten von Festlegungen zu treffen. § 3 Nr. 2 ROG beschränke sich darauf, den Begriff „Ziele der Raumordnung“ zu definieren und diese damit von „Grundsätzen“ und sonstigen Erfordernissen der Raumordnung abzugrenzen.

 

Nicht gefolgt ist das Bundesverwaltungsgericht dagegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, dass es der Landesgesetzgeber selbst in der Hand habe, ob ein Ziel der Raumordnung in einem Regionalplan die in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB normierte Ausschlusswirkung herbeiführen kann. Vielmehr stelle § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB die Errichtung von Anlagen im Außenbereich unter einen Planungsvorbehalt, der sich an die Gemeinden als Träger der Flächennutzungsplanung und an die Träger der Raumordnungsplanung, insbesondere der Regionalplanung, richte. Hierdurch würden gebietsbezogene Festlegungen des Plangebers über die Konzentration von Anlagen an bestimmten Standorten und deren Ausschluss an anderer Stelle im Plangebiet vorausgesetzt. 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verleihe daher derartigen Festlegungen rechtliche Außenwirkung gegenüber einem Bauwilligen, so dass sein Vorhaben außerhalb dieser Konzentrationszonen regelmäßig unzulässig sei. Diese Außenwirkung entstünde unabhängig davon, ob diese Ziele kraft Landesrechts Wirkungen gegenüber Private entfalteten oder sich nur an die Gemeinden und andere Planungsträger richteten. Erforderlich sei lediglich, dass sich aus dem Landesplanungsrecht hinreichend bestimmt ableiten ließe, dass der Landesgesetzgeber den Träger der Regionalplanung ermächtigen wollte, durch eine Konzentrationsflächenplanung die Rechtsfolge des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB herbeizuführen.

 

Um die Wirkung von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zu erreichen, sei es nicht erforderlich, dass der Gesetzgeber Vorrangs- oder Vorbehaltsgebiete i.S. des § 8 Abs. 7 ROG festlege. Die Länder können vielmehr weitere Gebietskategorien entwickeln.

 

Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte

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