Rechtsfragen im Zusammenhang mit Ansiedlung und Betrieb von Entsorgungsunternehmen auf gewidmeten Bahnflächen

Anmerkungen zum Beschluss des OVG NRW vom 04.02.2010 (8 B 1652/09.AK)

Auf Flächen, die nach Eisenbahnrecht gewidmet sind, kann ein Entsorgungsunternehmen eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz oder dem Bauordnungsrecht in der Regel nicht erteilt werden, solange die Fläche nicht aus dem Eisenbahnrecht entlassen ist, weil es an dem für die Genehmigungserteilung erforderlichen Bauplanungsrecht fehlt.

Der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangene Entscheidung des OVG NRW lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Antragstellerin im gerichtlichen Verfahren, ein Unternehmen der Entsorgungsbranche, beantragte bei der Antragsgegnerin, einer Bezirksregierung, eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz für die Abnahme, Lagerung und Aufbereitung von gebrauchtem Gleisschotter und gebrauchten Betonschwellen [Ziffer 8.11 Spalte 2 b) bb), 8.12 Spalte 2 a) und 8.12 Spalte 2 b) des Anhangs zur 4. BImSchV] auf einem ehemaligen Bahnhofsgelände in der beigeladenen Gemeinde. Die Anlieferung des Gleisschotters sollte per Bahn erfolgen. 90 % des Anlageninputs sollten Abfälle der Deutschen Bahn AG sein.

Im Flächennutzungsplan der Gemeinde war der Vorhabenstandort als nach Eisenbahnrecht gewidmete Fläche dargestellt. Nach Stellung des BImSchG-Antrages fasste die Gemeinde den Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans, der auch den von der Antragstellerin gewählten Vorhabenstandort erfasste. Vorgesehen waren gewerbliche Folgenutzungen, denen sich das Vorhaben der Antragstellerin aber nicht zuordnen ließ. Parallel zur Planaufstellung betrieb die Gemeinde ein Freistellungsverfahren nach § 23 des Allgemeinen Eisenbahngesetztes (AEG) mit dem Ziel, die Fläche des Plangebiets aus dem eisenbahnrechtlichen Planungsvorbehalt zu entlassen, um sie der von ihr beabsichtigten Bauleitplanung zugänglich zu machen.

Die Gemeinde erhob im Rahmen der Trägerbeteiligung Einwände gegen die beantragte BImSchG-Genehmigung, weil das Vorhaben der Antragstellerin die erforderliche Bahnbetriebsbezogenheit vermissen lasse, seiner Zulassung über § 35 Abs. 2 BauGB wegen der entgegenstehenden Ausweisung im Flächennutzungsplan (Eisenbahnfläche) öffentliche Belange entgegenstünden, und das Vorhaben sich schließlich nicht in den beabsichtigten Bebauungsplan einordnen lasse. Das ebenfalls beteiligte Eisenbahnbundesamt hatte dagegen keine Bedenken gegen das Vorhaben der Antragstellerin.

Nachdem die Gemeinde ihr gemeindliches Einvernehmen nach § 36 BauGB versagt hatte, stellte die Antragsgegnerin das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren auf Antrag der Gemeinde gemäß den §§ 14, 15 BauGB für 6 Monate ruhend und ordnete die sofortige Vollziehung an. Gegen diese Ruhendstellung richtete sich der Antrag der Antragstellerin im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes. Sie verfolgt das Ziel, die weitere Bearbeitung ihres immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrages zu gewährleisten. Im Mittelpunkt der gerichtlichen Entscheidung stehen daher zwangsläufig prozessuale Voraussetzungen der Anfechtbarkeit der Zurückstellung eines Baugesuchs gemäß §§ 14, 15 BauGB sowie deren materiell-rechtlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen.

Gleichzeitig äußert sich das Gericht, und dies stellt den Schwerpunkt dieses Beitrags dar, zu Fragen der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der Ansiedlung und des Betriebs von Entsorgungsunternehmen auf Eisenbahnflächen, die dem AEG unterfallen:

Dass das Vorhaben der Antragstellerin auf einer nach Eisenbahnrecht gewidmeten Fläche angesiedelt und die Deutsche Bahn mit ihren Abfällen, die 90 % des Anlageninputs ausmachen sollten, Hauptkunde sein sollte, reichte dem Gericht nicht, um das Vorhaben als Bahnanlage einzustufen, die dem eisenbahnrechtlichen Planungsvorbehalt genügt und daher bauplanungsrechtlich nach § 38 BauGB zulässig ist. Unter Berufung auf Rechtsprechung und Lehrmeinungen des juristischen Schrifttums gelangt das Gericht zu der Aussage, dass weder auf dem Bahngelände angesiedelte Gewerbebetriebe wie ein Schrottplatz oder die Lagerhalle eines privaten Gewerbebetriebes der Metall- und Rohstoffverwertung, die zum Güterumschlag von der Straße auf die Schiene genutzt werden soll, noch eine Abfalldeponie, deren Abfälle dem Eisenbahnbetrieb entstammen, als Bahnanlagen im Sinne des AEG zu werten und damit bauplanungsrechtlich auf einer nach Eisenbahnrecht gewidmeten Fläche ohne Weiteres zulässig sind. Vielmehr stellten sie bahnfremde Nutzungen dar, deren bauplanungsrechtlicher Zulässigkeit § 38 BauGB entgegensteht (Rn. 37 – 47). Im Fall des § 38 BauGB wird die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens – hier Ansiedlung oder Betrieb eines Entsorgungsunternehmens – nicht nach den §§ 34, 35 BauGB beurteilt. Zwar kann die Gemeinde Bauleitplanung betreiben; aber auch dann entsteht wirksames Baurecht erst mit der Entlassung der betroffenen Fläche aus dem Regime des Eisenbahnrechts.

Daraus folgt aus der Sicht des Gerichts, dass die Zulassung bahnfremder Nutzungen auf privilegiertem Bahngelände die Aufhebung der bahnrechtlichen Zweckbestimmung durch einen Verwaltungsakt nach § 23 AEG (sogenannte Freistellung) voraussetzt. Antragsberechtigte des Freistellungsverfahrens sind u.a. Grundstückseigentümer sowie Gemeinden der betroffenen Flächen, nicht aber Entsorgungsunternehmen, sofern sie nicht Eigentümer sind. Eine Freistellung sei, so das Gericht, ausnahmsweise entbehrlich, wenn das Bahngelände ersichtlich wegen offen zu Tage liegender Funktionslosigkeit nicht mehr für den Bahnbetrieb genutzt werden könne. Das Gericht hat das Verfahren zum Anlass genommen, die Voraussetzungen eines Freistellungsverfahrens nach § 23 AEG darzulegen. Bei § 23 AEG handele es sich um eine gebundene Entscheidung. Bestehe für Betriebsanlagen der Eisenbahn kein Verkehrsbedürfnis mehr und sei langfristig eine Nutzung der Eisenbahninfrastruktur nicht mehr zu erwarten, habe etwa eine Gemeinde als Antragsstellerin einen gebundenen Anspruch auf Freistellung. Möglich sei auch eine Teilfreistellung, so dass sämtliche Flächen bis auf betriebsnotwendige Anlagen wie Gleise, Weichen und signaltechnische Anlagen freigegeben werden müssten.

Insgesamt verdeutlicht die Entscheidung, dass die Erteilung einer Genehmigung gem. dem BImSchG/ Bauordnungsrecht für den Betrieb eines Entsorgungsunternehmens auf nach Eisenbahnrecht gewidmeten Bahnflächen regelmäßig nicht in Betracht kommt. Vielmehr ist zunächst die Herauslösung der in Frage stehenden Fläche aus dem eisenbahnrechtlichen Planungsvorbehalt erforderlich. Sodann ist zu prüfen, ob das Vorhaben ausnahmsweise schon nach § 34 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig ist, andernfalls nach § 35 BauGB. Letzteres wird in der Regel daran scheitern, dass der Flächennutzungsplan – so auch im vom OVG NRW entschiedenen Fall – die Fläche nach wie vor für Eisenbahnzwecke ausweist. Dann bleibt nur, das erforderliche Planungsrecht im Wege der Bauleitplanung zu schaffen. Einen Anspruch hierauf hat der Vorhabenträger nicht. Die planende Gemeinde muss daher das Vorhaben des Entsorgungsunternehmens am Standort unterstützen. Ist einmal hierfür die politische Bereitschaft bei der Gemeinde geschaffen, so hat diese, das zeigt die Entscheidung des OVG NRW, unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, eine entsprechende Fläche auch gegen den Willen der eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsbehörde aus dem eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsvorbehalt herauszulösen und einer wirksamen Bauleitplanung zuzuführen.

Praxishinweis

Es sind immer wieder Konstellation anzutreffen, in denen die Deutsche Bahn AG bzw. ihre Gesellschaften Entsorgungsunternehmen die Nutzung von gewidmeten Bahnflächen durch Abschluss entsprechender Verträge zivilrechtlich ermöglichen. Regelmäßig obliegt es nach diesen Verträgen aber dem Entsorgungsunternehmer, sich um die erforderlichen behördlichen Genehmigungen zu bemühen. Dass diese wegen der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung in aller Regel nicht erteilt werden können, fällt dann auf die Entsorgungsunternehmen zurück. Diese haben ein Grundstück, dass sie zwar zivilrechtlich, aber nicht öffentlich-rechtlich nutzen können. Entsorgungsunternehmen ist daher anzuraten, bei der beabsichtigten Ansiedlung ihrer Unternehmen auf Bahnflächen größte Vorsicht walten zu lassen und ggf. hiervon Abstand zu nehmen. Denn es ist zur dauerhaften Schaffung von rechtssicherem Bauplanungsrecht in der Regel unabdingbar, dass die Vorhabenfläche, sei es freiwillig, oder aber unter den Voraussetzungen des § 23 AEG, aus dem Vorbehalt des eisenbahnrechtlichen Fachplanungsrechts entlassen wird, um sodann der Genehmigungsbehörde eine bauplanungsrechtliche Beurteilung am Maßstab der §§ 34, 35 BauGB oder eines Bebauungsplanes zu ermöglichen. Solange entsprechendes Baurecht nicht geschaffen ist, kann für das Entsorgungsunternehmen am Standort keine Genehmigung erwirkt werden.

Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte

Auf Flächen, die nach Eisenbahnrecht gewidmet sind, kann ein Entsorgungsunternehmen eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz oder dem Bauordnungsrecht in der Regel nicht erteilt werden, solange die Fläche nicht aus dem Eisenbahnrecht entlassen ist, weil es an dem für die Genehmigungserteilung erforderlichen Bauplanungsrecht fehlt.

Der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangene Entscheidung des OVG NRW lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Antragstellerin im gerichtlichen Verfahren, ein Unternehmen der Entsorgungsbranche, beantragte bei der Antragsgegnerin, einer Bezirksregierung, eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz für die Abnahme, Lagerung und Aufbereitung von gebrauchtem Gleisschotter und gebrauchten Betonschwellen [Ziffer 8.11 Spalte 2 b) bb), 8.12 Spalte 2 a) und 8.12 Spalte 2 b) des Anhangs zur 4. BImSchV] auf einem ehemaligen Bahnhofsgelände in der beigeladenen Gemeinde. Die Anlieferung des Gleisschotters sollte per Bahn erfolgen. 90 % des Anlageninputs sollten Abfälle der Deutschen Bahn AG sein.

Im Flächennutzungsplan der Gemeinde war der Vorhabenstandort als nach Eisenbahnrecht gewidmete Fläche dargestellt. Nach Stellung des BImSchG-Antrages fasste die Gemeinde den Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans, der auch den von der Antragstellerin gewählten Vorhabenstandort erfasste. Vorgesehen waren gewerbliche Folgenutzungen, denen sich das Vorhaben der Antragstellerin aber nicht zuordnen ließ. Parallel zur Planaufstellung betrieb die Gemeinde ein Freistellungsverfahren nach § 23 des Allgemeinen Eisenbahngesetztes (AEG) mit dem Ziel, die Fläche des Plangebiets aus dem eisenbahnrechtlichen Planungsvorbehalt zu entlassen, um sie der von ihr beabsichtigten Bauleitplanung zugänglich zu machen.

Die Gemeinde erhob im Rahmen der Trägerbeteiligung Einwände gegen die beantragte BImSchG-Genehmigung, weil das Vorhaben der Antragstellerin die erforderliche Bahnbetriebsbezogenheit vermissen lasse, seiner Zulassung über § 35 Abs. 2 BauGB wegen der entgegenstehenden Ausweisung im Flächennutzungsplan (Eisenbahnfläche) öffentliche Belange entgegenstünden, und das Vorhaben sich schließlich nicht in den beabsichtigten Bebauungsplan einordnen lasse. Das ebenfalls beteiligte Eisenbahnbundesamt hatte dagegen keine Bedenken gegen das Vorhaben der Antragstellerin.

Nachdem die Gemeinde ihr gemeindliches Einvernehmen nach § 36 BauGB versagt hatte, stellte die Antragsgegnerin das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren auf Antrag der Gemeinde gemäß den §§ 14, 15 BauGB für 6 Monate ruhend und ordnete die sofortige Vollziehung an. Gegen diese Ruhendstellung richtete sich der Antrag der Antragstellerin im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes. Sie verfolgt das Ziel, die weitere Bearbeitung ihres immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrages zu gewährleisten. Im Mittelpunkt der gerichtlichen Entscheidung stehen daher zwangsläufig prozessuale Voraussetzungen der Anfechtbarkeit der Zurückstellung eines Baugesuchs gemäß §§ 14, 15 BauGB sowie deren materiell-rechtlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen.

Gleichzeitig äußert sich das Gericht, und dies stellt den Schwerpunkt dieses Beitrags dar, zu Fragen der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der Ansiedlung und des Betriebs von Entsorgungsunternehmen auf Eisenbahnflächen, die dem AEG unterfallen:

Dass das Vorhaben der Antragstellerin auf einer nach Eisenbahnrecht gewidmeten Fläche angesiedelt und die Deutsche Bahn mit ihren Abfällen, die 90 % des Anlageninputs ausmachen sollten, Hauptkunde sein sollte, reichte dem Gericht nicht, um das Vorhaben als Bahnanlage einzustufen, die dem eisenbahnrechtlichen Planungsvorbehalt genügt und daher bauplanungsrechtlich nach § 38 BauGB zulässig ist. Unter Berufung auf Rechtsprechung und Lehrmeinungen des juristischen Schrifttums gelangt das Gericht zu der Aussage, dass weder auf dem Bahngelände angesiedelte Gewerbebetriebe wie ein Schrottplatz oder die Lagerhalle eines privaten Gewerbebetriebes der Metall- und Rohstoffverwertung, die zum Güterumschlag von der Straße auf die Schiene genutzt werden soll, noch eine Abfalldeponie, deren Abfälle dem Eisenbahnbetrieb entstammen, als Bahnanlagen im Sinne des AEG zu werten und damit bauplanungsrechtlich auf einer nach Eisenbahnrecht gewidmeten Fläche ohne Weiteres zulässig sind. Vielmehr stellten sie bahnfremde Nutzungen dar, deren bauplanungsrechtlicher Zulässigkeit § 38 BauGB entgegensteht (Rn. 37 – 47). Im Fall des § 38 BauGB wird die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens – hier Ansiedlung oder Betrieb eines Entsorgungsunternehmens – nicht nach den §§ 34, 35 BauGB beurteilt. Zwar kann die Gemeinde Bauleitplanung betreiben; aber auch dann entsteht wirksames Baurecht erst mit der Entlassung der betroffenen Fläche aus dem Regime des Eisenbahnrechts.

Daraus folgt aus der Sicht des Gerichts, dass die Zulassung bahnfremder Nutzungen auf privilegiertem Bahngelände die Aufhebung der bahnrechtlichen Zweckbestimmung durch einen Verwaltungsakt nach § 23 AEG (sogenannte Freistellung) voraussetzt. Antragsberechtigte des Freistellungsverfahrens sind u.a. Grundstückseigentümer sowie Gemeinden der betroffenen Flächen, nicht aber Entsorgungsunternehmen, sofern sie nicht Eigentümer sind. Eine Freistellung sei, so das Gericht, ausnahmsweise entbehrlich, wenn das Bahngelände ersichtlich wegen offen zu Tage liegender Funktionslosigkeit nicht mehr für den Bahnbetrieb genutzt werden könne. Das Gericht hat das Verfahren zum Anlass genommen, die Voraussetzungen eines Freistellungsverfahrens nach § 23 AEG darzulegen. Bei § 23 AEG handele es sich um eine gebundene Entscheidung. Bestehe für Betriebsanlagen der Eisenbahn kein Verkehrsbedürfnis mehr und sei langfristig eine Nutzung der Eisenbahninfrastruktur nicht mehr zu erwarten, habe etwa eine Gemeinde als Antragsstellerin einen gebundenen Anspruch auf Freistellung. Möglich sei auch eine Teilfreistellung, so dass sämtliche Flächen bis auf betriebsnotwendige Anlagen wie Gleise, Weichen und signaltechnische Anlagen freigegeben werden müssten.

Insgesamt verdeutlicht die Entscheidung, dass die Erteilung einer Genehmigung gem. dem BImSchG/ Bauordnungsrecht für den Betrieb eines Entsorgungsunternehmens auf nach Eisenbahnrecht gewidmeten Bahnflächen regelmäßig nicht in Betracht kommt. Vielmehr ist zunächst die Herauslösung der in Frage stehenden Fläche aus dem eisenbahnrechtlichen Planungsvorbehalt erforderlich. Sodann ist zu prüfen, ob das Vorhaben ausnahmsweise schon nach § 34 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig ist, andernfalls nach § 35 BauGB. Letzteres wird in der Regel daran scheitern, dass der Flächennutzungsplan – so auch im vom OVG NRW entschiedenen Fall – die Fläche nach wie vor für Eisenbahnzwecke ausweist. Dann bleibt nur, das erforderliche Planungsrecht im Wege der Bauleitplanung zu schaffen. Einen Anspruch hierauf hat der Vorhabenträger nicht. Die planende Gemeinde muss daher das Vorhaben des Entsorgungsunternehmens am Standort unterstützen. Ist einmal hierfür die politische Bereitschaft bei der Gemeinde geschaffen, so hat diese, das zeigt die Entscheidung des OVG NRW, unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, eine entsprechende Fläche auch gegen den Willen der eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsbehörde aus dem eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsvorbehalt herauszulösen und einer wirksamen Bauleitplanung zuzuführen.

Praxishinweis

Es sind immer wieder Konstellation anzutreffen, in denen die Deutsche Bahn AG bzw. ihre Gesellschaften Entsorgungsunternehmen die Nutzung von gewidmeten Bahnflächen durch Abschluss entsprechender Verträge zivilrechtlich ermöglichen. Regelmäßig obliegt es nach diesen Verträgen aber dem Entsorgungsunternehmer, sich um die erforderlichen behördlichen Genehmigungen zu bemühen. Dass diese wegen der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung in aller Regel nicht erteilt werden können, fällt dann auf die Entsorgungsunternehmen zurück. Diese haben ein Grundstück, dass sie zwar zivilrechtlich, aber nicht öffentlich-rechtlich nutzen können. Entsorgungsunternehmen ist daher anzuraten, bei der beabsichtigten Ansiedlung ihrer Unternehmen auf Bahnflächen größte Vorsicht walten zu lassen und ggf. hiervon Abstand zu nehmen. Denn es ist zur dauerhaften Schaffung von rechtssicherem Bauplanungsrecht in der Regel unabdingbar, dass die Vorhabenfläche, sei es freiwillig, oder aber unter den Voraussetzungen des § 23 AEG, aus dem Vorbehalt des eisenbahnrechtlichen Fachplanungsrechts entlassen wird, um sodann der Genehmigungsbehörde eine bauplanungsrechtliche Beurteilung am Maßstab der §§ 34, 35 BauGB oder eines Bebauungsplanes zu ermöglichen. Solange entsprechendes Baurecht nicht geschaffen ist, kann für das Entsorgungsunternehmen am Standort keine Genehmigung erwirkt werden.

Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte

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Bestimmung einer Sicherheitsleistung für die Wiedernutzbarmachung in Form einer unbefristeten Bürgschaft – Urteil des VG Halle vom 01.10.2009 (3 A 29/08 HAL)

Im Zusammenhang mit der bergrechtlichen Zulassung eines Hauptbetriebsplans für die Erweiterung eines Kiessandtagebaus ist eine Nebenbestimmung zur Beibringung einer unbefristeten Bürgschaft aufgenommen worden. Darüber wird sowohl hinsichtlich des Grundes als auch der Höhe nach pflichtgemäßem Ermessen der Behörde entschieden. Infolgedessen ist sie nur insoweit Gegenstand gerichtlicher Überprüfung, wie die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind und ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist.

Aus Sicht der Behörde ist das Risiko der Leistungsfähigkeit des Unternehmers für den Zeitpunkt einzuschätzen, in dem das Bergbauvorhaben beendet werden soll. Die dann geltende Verpflichtung zur Wiedernutzbarmachung erfordere sukzessive Maßnahmen über einen langen Zeitraum, so dass das Risiko, der Unternehmer könne während dieses langen Zeitraums zahlungsunfähig werden, beträchtlich sei. Demgegenüber werden die mit einer Zeitbürgschaft verbundenen Risiken nicht kalkulierbar erkannt. Angesichts aktueller Erfahrungen mit außerplanmäßigen Betriebseinstellungen von Bergbauunternehmen infolge Insolvenzen und Liquidationen und der derzeitigen wirtschaftlichen Gesamtsituation müssten Betriebsplanzulassungen von der Leistung einer Sicherheit abhängig gemacht werden, um den Landeshaushalt im Falle von anfallenden Ersatzvornahmen wegen der Nichterfüllung von Unternehmerpflichten freizuhalten.

Die Klägerin wendet sich insbesondere dagegen, dass die Sicherheitsleistung unbefristet zu stellen sei. Sie ist der Auffassung, dass eine solche Bürgschaft zu einer Übersicherung führt und deswegen rechtswidrig ist. Die Behörde hätte vielmehr zu prüfen, ob der Unternehmer im Verlaufe der Durchführung des Betriebsplans zur Erfüllung seiner Verpflichtungen in der Lage sein werde. Bestünden im Zeitpunkt der Betriebsplanzulassung konkrete Anhaltspunkte für ein Missverhältnis zwischen Verpflichtungen einerseits und Leistungsfähigkeit andererseits, sei eine Sicherheitsleistung zu fordern. Der angefochtene Bescheid enthalte aber keine Anhaltspunkte für eine fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Klägerin. Mithin fehle es schon an der Erforderlichkeit der Sicherheitsleistung.

Nach Auffassung der Klägerin besteht nach § 56 Abs. 2 BBergG kein Raum für eine über die Geltungsdauer des zugelassenen Hauptbetriebsplans hinausgehenden Befristungszeitraum einer Sicherheitsleistung. Vielmehr müsse bei jedem Plan neu über eine Sicherheitsleistung entschieden werden. Auch aus der gesetzlich geregelten Verjährung der Ansprüche auf Rekultivierung bzw. Schadensersatz lasse sich wegen der Akzessorietät der Bürgschaft deren lediglich befristete Geltung ableiten, abgesehen davon dass die Forderung einer unbefristeten Bürgschaft unverhältnismäßig sei.

Die unbedingte, unbefristete, unwiderruflich und unter Verzicht auf die Einrede der Vorausklage geforderte Bürgschaft ist von dem erkennenden Gericht als rechtmäßig beurteilt worden. Sie verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zwar handele es sich bei der Anordnung der Sicherheitsleistung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach um eine im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde stehende Entscheidung. Für eine bestimmte, von der Klägerin begehrte Rechtsfolge fehle es jedoch an den Voraussetzungen einer Ermessensreduzierung auf Null zu ihren Gunsten. Nach Auffassung des Gerichts ist das Ermessen von dem Beklagten auch nicht derart fehlerhaft ausgeübt worden, dass eine Neubescheidung zu erfolgen hätte.

Der Beklagte hat aktuelle Erfahrungen im Zusammenhang mit außerplanmäßigen Betriebseinstellungen von Bergbauunternehmen seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Solche allgemeinen Erfahrungen bei der Ermessensausübung seien grundsätzlich nicht zu beanstanden.

Auch im Übrigen lägen der Entscheidung der Beklagten sachgerechte Erwägungen zugrunde, die sich an dem Sinn und Zweck einer Sicherheitsleistung im Sinne von § 56 Abs. 2 BBergG ausrichten. Mit der geforderten unbefristeten Bürgschaft soll sichergestellt werden, dass die wirtschaftlichen Lasten, die mit der Durchführung der Wiedernutzbarmachung der durch die Aufsuchung, Gewinnung und Aufbereitung von Bodenschätzen in Anspruch genommenen Landschaftsflächen verbunden sind, nicht von der öffentlichen Hand getragen werden müssen. Die Erfüllung der Vorsorge sei aufgrund der gesetzlichen Vorschriften dem Verantwortungsbereich des den Bergbau betreibenden Unternehmens zugewiesen. Sowohl im Zusammenhang mit der Zulassung des Hauptbetriebsplans als auch des Abschlussbetriebsplans seien entsprechende Vorsorge- und Wiedernutzbarmachungsmaßnahmen zu treffen. In diesen gesetzlichen Regelungen komme die Intention des Gesetzgebers zum Ausdruck. Ihr werde durch eine unbefristete Bürgschaft, falls die Klägerin die Sicherheitsleistung in Form einer Bürgschaft erbringen möchte, Rechnung getragen.

Die Entscheidung des Beklagten sei auch verhältnismäßig. Die Kosten einer solchen Bürgschaft – auch unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Finanzkrise – seien wegen der effektiven Absicherung der öffentlichen Hand nicht von ausschlaggebender Bedeutung. In diesem Zusammenhang sei zu bedenken, dass die Möglichkeit, als Sicherheit eine Bürgschaft zu erbringen, bereits eine Erleichterung darstelle. Dadurch werde nämlich die Kapitalbasis des Unternehmens geschont. Die Möglichkeit, die Sicherheit durch Bürgschaftsleistung erbringen zu dürfen, bedeute aber nicht, dass dadurch das Sicherungsniveau abgesenkt werden sollte.

Zulässiger Umfang und zulässige Dauer der Sicherheitsleistung bestimmten sich nach Umfang und Dauer der ordnungsgemäßen Wiedernutzbarmachung der Bergbauflächen. Bei einer befristeten Bürgschaft entfiele jedoch der Wert der Sicherheit allein durch Zeitablauf zu einem bestimmten Zeitpunkt, unabhängig davon, ob noch ein Sicherungsbedürfnis besteht oder nicht. Eine derartige Verschiebung der Handlungslasten sei im Berggesetz nicht angelegt.

Auch spreche gegen eine Kopplung der Dauer des Geltungszeitraums des Hauptbetriebsplans mit der Dauer der zu hinterlegenden Sicherheitsleistung, dass die Entscheidung über die Dauer der Befristung zu einem Zeitpunkt zu erfolgen habe, indem das konkrete Ausmaß der bergbaulichen Beanspruchung im Falle der Einstellung des Betriebsteils noch nicht hinreichend konkret absehbar ist.

Entsprechende Argumente werden aus dem Zweck der Sicherheitsleistung auch für erforderliche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr während des Zeitraums bis zum Ende der Bergaufsicht aus § 69 Abs. 2 BbergG abgeleitet. Auch insoweit sei das Ende der Bergaufsicht im Zeitpunkt der Entscheidung über die Dauer der Befristung einer Bürgschaft noch nicht hinreichend genau abzuschätzen.

Schließlich wird durch das Gericht klargestellt, dass es für die Frage, ob und in welcher Höhe eine Sicherheitsleistung erforderlich sei, nicht auf die wirtschaftliche Situation des Unternehmers zum Zeitpunkt der Genehmigung des Hauptbetriebsplans ankomme, sondern ob der Unternehmer zum Zeitpunkt der anstehenden Abschlussarbeiten noch liquide ist. Dies sei im Allgemeinen jedoch nicht vorhersehbar, wie die gegenwärtige Wirtschaftskrise belege. Andernfalls würde nämlich die Anordnung einer Sicherheitsleistung begründete Zweifel an der Liquidität des Betreibers voraussetzen. Dann erwiese sich die Vorschrift aber als stumpfes Schwert. Dies hätte nämlich zur Folge, dass eine Sicherheitsleistung erst verlangt werden könnte, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Leistungsschwäche des Unternehmers bestünden, der Unternehmer nicht mehr kreditwürdig wäre und daher dann außer Stande wäre, die geforderte Sicherheit zu erbringen.

Nach Sinn und Zweck einer Sicherheitsleistung im Zusammenhang mit der Wiedernutzbarmachung bergbaulich in Anspruch genommener Flächen sei deswegen eine unbefristete Bürgschaft erforderlich und auch angemessen im Sinne der Verhältnismäßigkeit.

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