Neue Vollzugshinweise zu Störungen beim elektronischen Abfallnachweisverfahren

Das Inkrafttreten des elektronischen Abfallnachweisverfahrens (eANV) am 01.04.2010 hat die Abfallwirtschaft in finanzieller und organisatorischer Hinsicht vor eine Herausforderung gestellt. Nicht nur die Anschaffung der technischen Ausrüstung war erforderlich, sondern auch die Prozessabläufe mussten überdacht und angepasst werden. Für Erzeuger und Beförderer gefährlicher Abfälle bestand dabei bislang eine „Schonfrist“ im Hinblick auf die erforderliche qualifizierte elektronische Signatur, die jedoch am 01.02.2011 verstreicht. Dann müssen auch diese Beteiligten in der Lage sein, qualifiziert elektronisch zu signieren. Dies wirft altbekannte Fragen neu auf, wie etwa die Frage, wer als Abfallerzeuger auf Baustellen einzustufen ist (siehe hierzu früheren Newsletter) und ob eine Bevollmächtigung Dritter möglich ist. Neben der Klärung dieser rechtlichen Fragen sind aber auch zahlreiche technische Probleme bei der Umsetzung des eANV zu bewältigen.

 

Die Kommunikation im eANV erfolgt über die Zentrale Koordinierungsstelle der Länder (ZKS-Abfall). Hierbei handelt es sich nicht um eine Behörde, sondern um eine technische Infrastruktur, die für die Abwicklung des Nachweisverfahrens einen länderübergreifenden und bundesweit einheitlichen Datenaustausch ermöglichen soll.

 

Bereits vor Inkrafttreten des elektronischen Abfallnachweisverfahrens war im Zusammenhang mit der Registrierung bei der ZKS-Abfall bekannt geworden, dass es für einen beliebigen bei der ZKS-Abfall registrierten Kontoinhaber möglich war, ohne Kenntnis und Zustimmung eines anderen registrierten Kontoinhabers die unter dessen Konto registrierten Unternehmen zu seinem Konto „umzuhängen“ und dadurch die für dieses Unternehmen eingehenden Posteingänge einzusehen.

 

Ferner ist es Anfang August dieses Jahres zu einem längeren Funktionsausfall der ZKS-Abfall gekommen. Die Ursachen sind nicht abschließend aufgeklärt. Vermutet werden zahlreiche organisatorische Defizite und technische Problemen, die nicht nur die ZKS-Abfall, sondern teilweise auch die von den Abfallwirtschaftsbeteiligten genutzten IT-Systeme betreffen sollen. Ein Zusammenhang könne auch damit bestehen, dass einzelne ZKS-Komponenten, wie etwa das LändereANV, stärker genutzt werden als erwartet. Auch erschwerten Auslegungsspielräume bei der Umsetzung der BMU-Datenschnittstelle die Kommunikation zwischen den Nachweispflichtigen bzw. den Providern.

 

Ein stabiler Betrieb der ZKS-Abfall kann bis heute nicht gewährleistet werden, so dass es immer wieder zu kurzzeitigen Störungen im Betrieb der ZKS-Abfall kommt. Vor diesem Hintergrund wurden mit der Wirtschaft verschiedene Maßnahmen vereinbart, um Störungen und Ausfälle der Kommunikationssysteme baldmöglichst zu unterbinden, deren Auswirkungen zumindest abzumildern und die bestehenden Probleme beim Vollzug des eANV langfristig abzustellen.

 

So wurde zwischen den Beteiligten vereinbart, dass für das „Umhängen“ von registrierten Betrieben von einem Konto zum anderen die Zustimmung des abgebenden und annehmenden Kontoinhabers erforderlich sein soll. Dies soll bis Ende 2010 umgesetzt sein.

 

Um Unklarheiten bei der Auslegung der BMU-Schnittstelle zwischen den verschiedenen Anbietern auszuräumen, werden das BMU und die Länder in Abstimmung mit den Herstellern von eANV-Software eine Interpretationshilfe der BMU-Schnittstelle erarbeiten, um so eine reibungslose Kommunikation zwischen der Software verschiedener Hersteller erreichen zu können.

 
Ferner ist eine Verständigung über pragmatische Konventionen für eine effektive und praxisgerechte Abwicklung des Abfallnachweisverfahrens herbeigeführt worden. Diese wurde in Vollzugshinweisen festgelegt, die zwar keine Gesetzeskraft haben, aber eine faktische Bindungswirkung entfalten. Diese Vollzugshinweise können bei der ZKS-Abfall abgerufen werden. Sie sollen bis zum 31.01.2011 gelten. Festgelegt wurde unter anderem der Ablauf bei der Führung von Einzel- und Sammelentsorgungsnachweisen sowie der elektronischen Begleitscheinführung im Falle von Übertragungs- bzw. Kommunikationsstörungen. Wichtig ist dabei insbesondere, dass Aussagen eines Abfallwirtschaftsbeteiligten, es liege eine Störung des Kommunikationssystems vor, in der Regel ohne weitere Prüfung als zutreffend bzw. nicht ausschließbar und damit als richtig zu unterstellen sind. Verstöße gegen Pflichten zur elektronischen Nachweisführung sollen daher in diesen Fällen grundsätzlich nicht als Ordnungswidrigkeiten verfolgt werden. Ebenso wenig sind insoweit Defizite bei der Form der Registerführung zu beanstanden. Unberührt bleiben allerdings die Pflichten der Abfallwirtschaftsbeteiligten, überhaupt Nachweise und Register zu führen.