Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 10.07.2012 – 7 A 11.11 – enthält wesentliche Grundsätze für die Anwendung der Anforderungen nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift Baulärm (AVV Baulärm) zum Schutz der Nachbarschaft vor unzumutbaren Beeinträchtigungen durch Baustellenlärm. Dabei werden in der Entscheidung auch solche Umstände im Ablauf des Baustellenbetriebs berücksichtigt, die sich nicht von vornherein planen lassen. Diese Entscheidung ist auch für den juristischen Laien lesenswert, weil darin eine Vielzahl von Hinweisen enthalten ist, welche für die Ausgestaltung der Lärmschutzplanung bei Baustellen im Einzelfall von Bedeutung sein können. Die – umfangreiche – Entscheidung ist wegen der vielen Hinweise auf andere Entscheidungen und Verwaltungsvorschriften, Normen und Richtlinien von herausragender Bedeutung, zumal sie einen Schlusspunkt unter die Rechtsprechung der Instanzgerichte setzt.
Sachverhalt
In dem entschiedenen Rechtsstreit wendete sich die Eigentümerin des Hotels The Westin Grand an der Ecke des Boulevards Unter den Linden und der Friedrichstraße in Berlin Mitte gegen die im Zusammenhang mit dem Bau des Kreuzungsbahnhofs „Unter den Linden“ der U-Bahnlinien 5 und 6 in dem Planfeststellungsbeschluss 1999 in der Fassung der 2. Planänderung vom Juni 2011 festgelegten Schutzmaßnahmen vor den baubedingt auftretenden Lärmbeeinträchtigungen der Nachbarschaft. Die Gesamtdauer der Bauzeit soll vier bis fünf Jahre betragen. Die vier Baufelder werden teils in offener, teils in geschlossener Bauweise unterhalb der Deckelung errichtet. In der Friedrichstraße soll der Abschlussdeckel im Baufeld IV innerhalb von etwa 10 Monaten nach Baubeginn, in der Straße „Unter den Linden“ soll der letzte Deckel im Baufeld II etwa nach 15 Monaten verschlossen werden. Das Hotel wurde 1985 bis 1987 errichtet, 2006 an die jetzige Eigentümerin verkauft und danach modernisiert. Es verfügt über 400 Zimmer, davon liegen 155 Zimmer in Richtung Friedrichstraße und in Richtung der Straße „Unter den Linden“. Mit Beschluss vom Juni 2011 stellte der Beklagte die Planänderung fest und wies dabei die Einwendungen der Klägerinnen zurück. Gegen den Planfeststellungsbeschluss unter Einbeziehung der 2. Planänderung erhob die Klägerin Klage mit dem Begehren, zusätzliche aktive und passive Schallschutzmaßnahmen sowie ergänzende Regelungen zum Umfang und zu den Modalitäten der Entschädigung vorzusehen.
Begründung – fehlerfreie Abwägung
Das BVerwG hat die Klage abgewiesen, weil die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrten Planergänzungen habe. Der Beklagte habe die Betroffenheit der Klägerin durch die Baustelle, insbesondere durch den Baustellenlärm, fehlerfrei abgewogen und die zur Vermeidung nachteiliger Auswirkungen erforderlichen Schutzmaßnahmen der beigeladenen Vorhabenträgerin auferlegt (§ 74 Abs. 2 Satz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG) bzw. ihr eine Entschädigung zugesprochen (§ 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG). Das planfestgestellte Schutzkonzept beruhe weder auf einer rechtsfehlerhaft zu hoch festgelegten fachplanerischen Zumutbarkeitsschwelle noch auf einer mängelbehafteten Lärmprognose (Rn. 22).
Die in den Auflagen festgesetzten Schutzmaßnahmen fänden ihre Rechtsgrundlage in § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG. Davon würden alle nachteiligen Wirkungen erfasst, die durch Lärm, Erschütterungen und Staub aufgrund der Bauarbeiten für das planfestgestellte Vorhaben entstehen. Insoweit werde in der Rechtsgrundlage nicht nach den einzelnen Abschnitten zur Realisierung des Vorhabens unterschieden. Deswegen würden von der Duldungspflicht der Nachbarn auf der Grundlage des Planfeststellungsbeschlusses auch die während der Bauphase entstehenden Immissionen umfasst (Rn. 24).
Beurteilung nachteiliger Auswirkungen
Ob nachteilige Wirkungen im Sinne von § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG vorliegen, beurteile sich bei Baulärm nach § 22 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz – BImSchG – i. V. m. der nach § 66 Abs. 2 BImSchG maßgeblichen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm vom 19.08.1970 (AVV Baulärm). Auch bei lang andauernden Baustellen könne nicht auf die Vorschriften der TA Lärm zurückgegriffen werden, da Baustellen von deren Anwendungsbereich ausgeschlossen seien (Rn. 25). Dabei konkretisiere die AVV Baulärm für Geräuschimmissionen von Baustellen den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen. Insoweit lägen die zur Annahme der konkretisierenden Wirkung einer Verwaltungsvorschrift erforderlichen formellen Voraussetzungen vor (Rn. 26).
Fortgeltung der AVV Baulärm 1970
Die AVV Baulärm konkretisiere das für erforderlich gehaltene Schutzniveau, differenziert nach dem Gebietscharakter sowie für Tages- und Nachtzeiten durch Festlegung bestimmter Immissionsrichtwerte. Das Gericht stellt dazu ergänzend fest, dass nichts dafür ersichtlich ist, dass diese Regelungen durch neue, gesicherte Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung überholt sind (Rn. 27). Das gelte sowohl hinsichtlich der Gebietseinteilung als auch für die festgelegten Immissionsrichtwerte. Davon sei offensichtlich auch der Gesetzgeber ausgegangen. Denn zur Anpassung der AVV Baulärm hätte bei der letzten Änderung von § 66 BImSchG Gelegenheit bestanden, als die Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften über die Bewertung von Umgebungslärm vollzogen wurde. Insoweit sollte es nämlich bei den im Vergleich mit der TA Lärm zwar älteren, aber sachnäheren Regelungen der AVV Baulärm bleiben (Rn. 28/29).
Immissionsrichtwerte statt Emissionsgrenzwerte
Das Gericht stellt weiter fest, dass die in Nr. 3.1.1 AVV Baulärm festgelegten Immissionsrichtwerte nur für den Regelfall Bindungswirkung entfalten. Die Bindungswirkung werde durch den Anwendungsbereich bzw. den Aussagegehalt der normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift bestimmt. Dabei werde die Auslegung solcher Verwaltungsvorschriften in besonderer Weise durch die Entstehungsgeschichte beeinflusst. Nach Ausführungen zum Unterschied von Emissionsgrenzwert und Immissionsrichtwert wird darauf verwiesen, dass die Festsetzung von Richtwerten in allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse, unter denen Baumaschinen eingesetzt werden, eine elastischere Handhabung ermögliche (Rn 30). Insoweit sei der Begriff „Immissionsrichtwert“ im Anwendungsbereich der AVV Baulärm weiter zu verstehen als etwa im Anwendungsbereich der TA Lärm, die bei Anwendung desselben Begriffs Überschreitungen nur in ausdrücklich geregelten Fällen zulasse und damit für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung keinen Raum lasse (Rn. 31). Auch der Normzweck zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Anwendung und zur Schaffung von Rechtssicherheit werde bei einer nur für den Regelfall bestehenden Bindungswirkung nicht in Frage gestellt. Der verbleibende Spielraum von Ausnahmen sei eng und bestehe bei der nach Nr. 3.1 AVV Baulärm maßgeblichen Zuordnung von Immissionsrichtwerten zur planungsrechtlich geprägten Gebietsart nur auf Grund einer abstrakten Bestimmung der Schutzwürdigkeit des jeweiligen Gebiets. Deswegen könne ein Abweichung von den Immissionsrichtwerten nach oben nur in Frage kommen, wenn die Schutzwürdigkeit des Einwirkungsbereichs der Baustelle in dem konkreten Einzelfall ausnahmsweise geringer zu bemessen sei als in den gebietsbezogen festgelegten Immissionsrichtwerten. Eine solche Abweichung kommt nach Auffassung des Gerichts etwa dann in Betracht, wenn im Einwirkungsbereich der Baustelle eine tatsächliche Lärmvorbelastung vorhanden ist, die über dem maßgeblichen Richtwert der AVV Baulärm liegt (Rn. 32). Die von der Entscheidung umfassten Außenkontaktbereiche vor Ladengeschäften gehören danach jedenfalls nicht zu den Flächen, die wegen ihrer besonderen Funktion und Lärmbetroffenheit schutzwürdig seien (Rn. 35).
Bestimmung der fachplanerischen Zumutbarkeitsschwelle
Nach den vorgenannten Maßstaben habe der Beklagte die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle (im Sinne von § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG) zu Recht auf 68 dB(A) tags bestimmt (Rn. 36). Dabei sei er zutreffend von einem „Gebiet, in dem vorwiegend gewerbliche Anlagen untergebracht sind“ (Nr. 3.1.1. Buchstabe b) AVV Baulärm) ausgegangen und habe demgemäß den Ausgangspunkt für den Immissionsrichtwert mit 65 dB(A) zu Grunde gelegt (Rn. 37). Mangels der Festsetzung in einem Bebauungsplan sei von der tatsächlichen baulichen Nutzung auszugehen. Die vorhandenen Geschäfts- und Bürogebäude würden die Wohnnutzung (maximal 20 %) weit überwiegen. Auch die Hotelnutzung sei als gewerbliche Nutzung zu qualifizieren (Rn. 38). Demnach durfte der Beklagte den maßgeblichen Immissionsrichtwert von 65 dB(A) zu Grunde legen und wegen der im Einwirkungsbereich der Baustelle vorhandenen tatsächlichen Vorbelastung durch Verkehrslärm um 3 dB(A) auf 68 dB(A) erhöhen (Rn. 39). Auch die dagegen wegen Überschreitens der verfassungsrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle geltend gemachten Bedenken wurden vom Gericht zurückgewiesen, zumal die Vorbelastung durch den Verkehrslärm sich innerhalb dieser Grenze bewegt habe – ungeachtet der Frage, ob diese Grenze auch für innerstädtische Lagen einschlägig sei (Rn. 41).
Das Gericht hat weiter klargestellt, dass diese Vorbelastung auch nicht deshalb außer Betracht hätte bleiben müssen, weil Verkehrslärm und Baulärm nicht von den gleichen Lärmquellen herrühren würden. Denn der Begriff „Vorbelastung“ im Sinne der AVV Baulärm sei nur im natürlichen Wortsinn zu verstehen. Deswegen komme es nicht darauf an, von welcher Lärmquelle die Vorbelastung verursacht sei (Rn. 42).
Ergänzend hat das Gericht darauf hingewiesen, dass der nach Nr. 3.1.1 AVV Baulärm im Planfeststellungsverfahren festgelegte Immissionsrichtwert nicht noch unter Rückgriff auf den Eingreifwert nach Nr. 4.1 AVV Baulärm hätte erhöht werden dürfen. Der Sache nach wirke sich dieser Zuschlag nämlich wie ein Meßabschlag zugunsten des Bauunternehmers aus. Der Messabschlag sei unter Berücksichtigung der Fortentwicklung der Messtechnik wegen verbliebener Unsicherheiten bei der messtechnischen Überprüfung auch heute noch gerechtfertigt (Rn. 45).
Prüfung des Schutzkonzepts einschließlich Lärmprognose
Auch die dem planfestgestellten Schutzkonzept zu Grunde liegende Lärmprognose ist nicht als fehlerhaft erkannt worden (Rn. 47). Im Einzelnen sind die in dem Gutachten für die Berechnungen verwendeten Geräuschemissionsansätze der Baugeräte überprüft worden (Rn. 49). Daraus geht hervor, dass die Baugeräte mindestens die Anforderungen an das Inverkehrbringen nach den in der 32. BImSchV genannten Geräuschemissionen erfüllen, welche den Anforderungen gemäß EU-Richtlinie 2000/14/EG Phase 2 entsprechen. Soweit darin Baugeräte nicht genannt sind, wurden verschiedene Literaturquellen verwendet. Der von dem Gutachter vorgenommene Abzug von 3 dB(A) gegenüber den Angaben in der Verordnung rechtfertige sich daraus, dass diese darin genannten Werte als garantierte Schallleistungspegel zu verstehen seien, die stets oberhalb der im Einsatz erzeugten Schallleistungspegel liegen, weil sie alle eventuellen Unsicherheiten abzudecken haben. Deswegen sei zumindest der offizielle Wert mit 3 dB(A) für die Meßunsicherheiten des Verfahrens zu berücksichtigen (Rn. 51).
Die Lärmprognose ist auch nicht mangels der Bildung eines Summenpegels aus Verkehrslärm und Baustellenlärm fehlerhaft. Denn die Bildung eines Summenpegels ist nur zulässig, wenn es sich um gleichartige, durch dasselbe Regelwerk erfasste Anlagen handelt. Anderes habe nur bei Überschreiten der Grenze zu Gesundheitsgefahren im Hinblick auf die Schutzpflicht aus Art 2 Abs. 2 Satz 1 GG zu gelten, wofür jedoch nichts ersichtlich sei (Rn. 53 f.).
Auch der Einwand, es fehle an der Festlegung eines Maximalpegelkriteriums greife nicht durch, da die AVV Baulärm für die Tageszeit auf den gemittelten Pegel abstelle (Rn. 56).
Weiter geforderte aktive oder passive Lärmschutzmaßnahmen ohne Erfolg
Infolge der voranstehenden Feststellungen des Gerichts haben auch die einzelnen, im Wesentlichen auf Ergänzung des Planänderungsbeschlusses gerichteten Maßnahmen des aktiven und passiven Schallschutzes keinen Erfolg gehabt (Rn. 58).
Der Antrag, ausschließlich Baugeräte mit dem Umweltzeichen RAL-ZU 53 „Blauer Engel“ einzusetzen, sei abzulehnen gewesen, zumal auf der Baustelle auch Baugeräte zum Einsatz gelangen, für die es solche Umweltzeichen nicht gibt. Es reiche aus, wenn sichergestellt werde, dass ausschließlich Bauverfahren und Baugeräte eingesetzt werden, die hinsichtlich ihrer Schall- und Erschütterungsemissionen lärmarm arbeiten (Rn. 59).
Weiter wurde der Antrag, einen bestimmten Bereich des Hotels durch Lärmschutzwände so zu schützen, dass auf dem Gehweg ein Beurteilungspegel von 60 dB(A) nicht überschritten wird, abgelehnt. Insoweit fehle es, abgesehen von dem durch den Anwendungsbereich der AVV Baulärm nicht geschützten Außenkontaktbereich, bereits an einem Anspruch auf Einhaltung eines solchen Beurteilungspegels. Darüber hinaus hätte eine dazu geeignete Abschirmwand mit einer Höhe von etwa 8,0 m konstruktive Schwierigkeiten nach sich gezogen. Zudem hätten sich die mit der Errichtung der dazu notwendigen Fundamente verbundenen Geräuschemissionen in Anbetracht der in diesem Bereich vergleichsweise während eines kurzen Zeitraums auftretenden Lärmbeeinträchtigungen nicht rechtfertigen lassen (Rn. 61).
Dem Antrag, die Baustelle mit einer Schalldämmung von 20 dB(A) einzuhausen, war ebenfalls kein Erfolg beschieden. Abgesehen davon, dass dies im Einwendungsverfahren von den Klägerinnen nicht geltend gemacht worden war, wäre eine solche Maßnahme als unverhältnismäßig einzustufen gewesen. Die Lärmimmissionen, die das derzeitige durch den Verkehr bestimmte Geräuschniveau überschreiten, würden in diesem Bereich nur an 5 % aller Bautage auftreten und zudem die Höhe der Bohrgeräte einen Verbau erfordern, der sogar noch mit Beeinträchtigungen der Fensterfront im ersten Obergeschoss des Hotels verbunden sei. Außerdem müsste der größte Teil der Einhausung vor Ort gefertigt werden, so dass dadurch Schlag- und Sägegeräusche entstehen würden, die gerade mit der Errichtung der Einhausung vermieden werden sollen (Rn. 62).
Auch der auf die Errichtung von Schallschutzfenstern an den Hotelzimmern gerichtete Antrag zur Erreichung eines Grenzwertes von 60 dB(A) als Außenpegel bzw. eines Maximalpegels von 70 dB(A) und eines Innenpegels von 31 dB(A) in den Hotelzimmern blieb ohne Erfolg. Abgesehen davon, dass es an dem dazu erforderlichen Anspruch der Klägerin fehlte, wäre der damit verbundene Aufwand von 1.2 Mio. € angesichts der über die baubedingte Lärmbelastung hinausgehenden Vorbelastung durch Verkehrslärm unverhältnismäßig. Dies gelte auch in Anbetracht der Überschreitung des vorhandenen Verkehrslärms durch die baubedingten Lärmemissionen für die prognostizierte Dauer von 52 Tagen (Rn. 63 f.).
Schließlich wurde auch der Antrag auf Vorlage einer detaillierten Lärmprognose unter Berücksichtigung des Bauablaufs in den Baufeldern II bis IV mit Angaben zu den Zeitpunkten des Überschreitens des Immissionsrichtwertes und der Maximalpegel in den einzelnen Bauabschnitten abgewiesen. Denn die Vorlage einer dermaßen detaillierten Lärmprognose könne nicht verlangt werden, zumal der durch Bauarbeiten ausgelöste Lärm unregelmäßig sei und sich einer genaueren Lärmprognose entziehe (Rn. 68).
Festsetzungen zu Grund und Höhe einer Entschädigung
Auch die im Planänderungsbeschluss getroffenen Festsetzungen zum Grund und zu den Bemessungsgrundlagen der Entschädigung sind von dem Gericht nicht beanstandet worden (Rn. 69). Dabei stellte das Gericht zunächst klar, dass nach der Rechtsgrundlage (§ 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG) Ausgleichsansprüche wegen unzumutbarer Beeinträchtigungen durch die Errichtung des planfestgestellten Vorhabens nur bestehen, wenn sie andernfalls, sofern Vorkehrungen oder Anlagen zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar sind, einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Eigentum nach sich ziehen. Dabei reiche der Anwendungsbereich dieses Ausgleichsanspruchs nicht weiter als der Anspruch auf Schutzvorkehrungen. Dort, wo der Anspruch auf Schutzvorkehrungen tatbestandlich nicht eingreife, sei auch kein Raum für den Ausgleichsanspruch (Rn. 71 ff.). Insoweit sei zu Recht nur eine Entschädigung dem Grunde nach für die verbleibenden unzumutbaren Beeinträchtigungen durch Baulärm, nicht aber für alle Auswirkungen der Baustelle auf den Hotelbetrieb zugesprochen worden. Unzumutbare, die Grenze der Sozialbindung übersteigende nachteilige Auswirkungen werden nach den Ausführungen des Gerichts auf Grund der getroffenen Schutzvorkehrungen nur durch den Baustellenlärm ausgelöst, weil weitere Schutzauflagen zu dessen Abwehr untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar sind. Dabei sei nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Entschädigung für die Beeinträchtigung von Innenräumen dem Grunde nach von den oberen Anhaltswerten der VDI-Richtlinie 2719 „Schalldämmung von Fenstern und deren Zusatzeinrichtungen“ für Innenschallpegel von 40 dB(A) für Hotelzimmer und Vortragsräume sowie 50 dB(A) für Restaurants/Gaststätten/Läden abhängig gemacht hat (Rn. 76 ff.).
Auch die zur Bemessung der Höhe der Entschädigung maßgeblichen Faktoren seien in ausreichender Weise in dem Planänderungsbeschluss festgelegt worden. Danach ist die Entschädigung zu leisten für die Beeinträchtigung von Hotelzimmern, Tagungsräumen, Restaurants, Läden und Außenwohnbereichen bezogen auf die Tage, an denen die festgelegten Pegel (68 dB(A) für Außenwohnbereiche, 40 dB(A) bzw. 50 dB(A) für Innenbereiche) überschritten werden. Die Höhe der Entschädigung richtet sich gemäß dem Planänderungsbeschluss nach dem Ertragsausfall zwischen Baubeginn und Deckelung der Baugruben, der darauf zurückzuführen ist, dass es an diesen Tagen vor den Fassaden zu Überschreitungen eines Beurteilungspegels von 71 dB(A) bzw. 81 dB(A) kommt. Insoweit sollen diese Tage zu übergeordneten Zeitabschnitten vom Baubeginn bis zur Deckelung in Beziehung gesetzt werden. Damit soll es auf Grund des angeordneten Lärmmonitorings in Abstimmung mit den Informationen zum Bauablauf und zu der Entwicklung der Ertragslage des Hotelbetriebs möglich werden zu beurteilen, ob im Ergebnis eine Vermietung der einzelnen Räume des Hotels auch an den Tagen oder in den Zeiträumen ohne unzumutbaren Baulärm nicht sinnvoll möglich war.
Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte