Anforderungen an den Verdacht eines Verursachungsbeitrags

VG Karlsruhe, Urteil vom 24.10 2017 – 6 K 2064/16

Die Klägerin stellt Düngemittel und Kompost her und vertreibt diese Produkte regional. Während der 2000er Jahre mischte die Klägerin dem zur landwirtschaftlichen Verwertung bestimmten Kompost PFC-haltige Papierschlämme bei, was ihr im Jahr 2008 unter Bezugnahme auf das Düngemittelgesetz und die Düngemittelverordnung behördlich untersagt wurde. Im Jahr 2013 wurden auf landwirtschaftlich genutzten Flächen im Rahmen orientierender Untersuchungen Überschreitungen der vorläufigen Geringfügigkeitsschwellen für die Summe von PFC, PFOS und PFOA festgestellt. Aus diesem Grund ordnete die zuständige Behörde gegen die Klägerin die Durchführung von Detailuntersuchungen auf den betroffenen Flächen, ein Grundwassermonitoring sowie die Durchführung von Grundwasser- und Bodenuntersuchungen an, wobei die Klägerin als Handlungsverantwortliche in Anspruch genommen wurde. Die Behörde stützt die Inanspruchnahme der Klägerin darauf, dass die dem Kompost beigefügten Papierschlämme wahrscheinlich zur PFC Verunreinigung des Boden geführt habe. Da die Detailuntersuchungen von der Klägerin nicht durchgeführt wurden, wurden sie im Wege der Ersatzvornahme selbst durch die zuständige Behörde veranlasst und der Klägerin hierfür die Kosten auferlegt. Die Detailuntersuchungen bestätigten die Ergebnisse der orientierenden Untersuchungen. Die Klägerin wendet sich in dem vorliegenden Verfahren u.a. gegen die Untersuchungsanordnung sowie gegen den in Folge der Ersatzvornahme ergangenen Kostenbescheid, wobei sie im Wesentlichen vorträgt, dass nicht auszuschließen sei, dass die PFC-Verunreinigungen durch andere Klärschlämme hervorgerufen worden seien.
Die Klage hat keinen Erfolg, da das Gericht die Bescheide für rechtmäßig hält. Rechtsgrundlage für die Anordnung zur Durchführung von Detailuntersuchungen ist § 9 Abs. 2 BBodSchG. Hierfür ist ausreichend, dass ein hinreichend konkreter Anhaltspunkt für eine schädliche Bodenveränderung oder Altlast besteht. Zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung hat ein solcher Verdacht, auch im Hinblick auf die Verursachung durch die Klägerin, bestanden, da sowohl die orientierende Untersuchung, als auch die Detailuntersuchung eine Überschreitung der Geringfügigkeitswerte ergeben hatte.
Die Klägerin kam auch zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides als Verursacherin im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1, 1. Alt. BBodSchG in Betracht. Mit der Verteidigung, dass ihr Verursachungsbeitrag nicht zweifelsfrei feststehe, dringt die Klägerin nicht durch. Nach Ansicht des Gerichts sind die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit, dass der behördlich in Anspruch Genommene einen Verursachungsbeitrag geleistet hat, aufgrund des Gebots der effektiven Gefahrenabwehr auf der Primärebene nicht allzu hoch anzusetzen. Es genügt, dass die Inanspruchnahme nicht auf Grundlage spekulativer Erwägungen oder bloßer Mutmaßungen erfolgt. Hier gründet die Inanspruchnahme der Klägerin jedoch auf hinreichend konkreten Indizien, da insbesondere Flächen, auf die nachweislich Düngemittel der Klägerin aufgebracht wurden, erhöhte PFC-Werte aufwiesen sowie andere Ursachen für die Verursachung der Belastung nicht in Betracht kommen. Auch die Störerauswahl ist ermessensfehlerfrei. Insbesondere mussten die Papierfabriken, welche der Klägerin die Papierschlämme geliefert haben, nicht als Störer in Erwägung gezogen werden, weil die Lieferung an die Klägerin die Gefahrenschwelle jedenfalls noch nicht überschritten hat. Auch den Kostenbescheid hält das Gericht für rechtmäßig. Nach den Wertungen auf der Sekundärebene steht der Klägerin kein Kostenerstattungsanspruch zu. Dieser hätte sich aus § 24 Abs. 1 BBodSchG ergeben können, wonach dem Verpflichteten ein Kostenerstattungsanspruch für den Fall zusteht, dass der Verdacht sich nicht bestätigt. Allerdings wurde die Verursachung der schädlichen Bodenveränderung nicht widerlegt.
Anmerkung: Das VG Karlsruhe hält mit dem vorliegenden Urteil in der Hauptsache an dem Ergebnis der summarischen Prüfung im Eilverfahren fest (vgl. VGH Mannheim, Beschl. vom 11. August 2015 – 10 S 1131/15; in unserem Rechtsprechungsreport Altlastenmanagement 2015 (2), S. 10).

Quelle: KOPP-ASSENMACHER & NUSSER

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