Am 03.05.2016 hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) den Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) vorgelegt.
Der Referentenentwurf regelt die Aufhebung der Heizwertklausel (§ 8 Abs. 3 Satz 1 KrWG). Nach Einschätzung des BMUB ist deren Beibehaltung zum Zwecke einer effizienten und rechtssicheren Umsetzung der Abfallhierarchie nicht mehr erforderlich.
Die geplante Aufhebung der Heizwertklausel entspricht einer Forderung der Europäischen Kommission. Nach deren Auffassung steht die Heizwertklausel einer richtlinienkonformen Umsetzung der Abfallhierarchie des Art. 4 Abfallrahmenrichtlinie (AbfRRL) entgegen.
Die Heizwertklausel des § 8 Abs. 3 Satz 1 KrWG war von dem Gesetzgeber zu dem Zweck eingeführt worden, die praktische Umsetzbarkeit der durch Art. 4 AbfRRL vorgegebenen fünfstufigen Abfallhierarchie des § 6 Abs. 1 KrWG zu erleichtern. Die widerlegliche Vermutung des § 8 Abs. 3 Satz 1 KrWG war als Auffang- und Übergangslösung gedacht, bis die Beibehaltung der Heizwertklausel für eine effiziente und rechtssichere Umsetzung der Abfallhierarchie des § 6 Abs. 1 KrWG nach Einschätzung der Bundesregierung nicht mehr erforderlich sein würde (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KrWG).
Die Heizwertklausel ist anwendbar, soweit der Vorrang oder Gleichrang der energetischen Verwertung nicht in einer Rechtsverordnung nach § 8 Abs. 2 KrWG festgelegt worden ist (§ 8 Abs. 3 Satz 1 KrWG). In einem solchen Fall ist anzunehmen, dass die energetische Verwertung einer stofflichen Verwertung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 und 3 KrWG gleichrangig ist, wenn der Heizwert des einzelnen Abfalls, ohne Vermischung mit anderen Stoffen, mindestens 11.000 Kilojoule pro Kilogramm beträgt.
Die geplante Aufhebung der Heizwertklausel hat zur Folge, dass die zur Verwertung verpflichteten Erzeuger und Besitzer von Abfällen unabhängig von dem Heizwert des einzelnen Abfalls die durchzuführende Verwertungsmaßnahme künftig nach den komplexen Abwägungskriterien des § 8 Abs. 1 KrWG zu bestimmen haben werden, soweit der Vorrang oder Gleichrang der energetischen Verwertung nicht in einer Rechtsverordnung nach § 8 Abs. 2 KrWG festgelegt worden ist.
Die im Referentenentwurf enthaltene Beurteilung der von dem Wegfall der Heizwertklausel betroffenen Abfallströme und die Prognose des Erfüllungsaufwands für die betroffenen Wirtschaftskreise beruht auf den Ergebnissen des Forschungsvorhabens „Evaluation der ökologischen und ökonomischen Auswirkungen des Wegfalls der Heizwertregelung des § 8 Abs. 3 Satz 1 KrWG“, das von dem BMUB und dem Umweltbundesamt in Ausführung des Prüfauftrags nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KrWG in Auftrag gegeben worden war.
Nach der Bewertung des BMUB werden von der Abschaffung der Heizwertklausel hauptsächlich die Erzeuger und die Entsorger gefährlicher Abfälle aus der chemischen Industrie, aber auch die Erzeuger und Entsorger von Altreifen und von Sperrmüll wirtschaftlich betroffen sein. Insgesamt wird in dem Referentenentwurf von einem Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft in Höhe von jährlich 55.545.456 € und von einem einmaligen Umstellungsaufwand in Höhe von 161.677.548 € ausgegangen.
Nach der dem Referentenentwurf zu Grunde liegenden Studie hat die Abschaffung der Heizwertklausel auch Auswirkungen auf die Abfallströme gewerbliche Siedlungsabfälle, nicht mineralische Bau- und Abbruchabfälle, Klärschlämme und Kunststoffabfälle. Die Bewirtschaftung der gewerblichen Siedlungsabfälle sowie der nicht mineralischen Bau- und Abbruchabfälle werde in der derzeit im Referentenentwurf vorliegenden Neufassung der Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV) detailliert geregelt. Die neue GewAbfV sei als spezielle Vorrangregelung i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 1 KrWG einzuordnen, weshalb die Heizwertregelung mit Inkrafttreten der neuen GewAbfV – voraussichtlich Ende 2016 – ohnehin nicht mehr anzuwenden sei.
Entsprechendes gelte für Klärschlämme. Diese würden durch die derzeit als Referentenentwurf vorliegende Novelle der Klärschlammverordnung (AbfKlärV) – Verabschiedung voraussichtlich ebenfalls Ende 2016 – ebenfalls einer speziellen Regelung zugeführt.
Für Kunststoffabfälle wird das gegenwärtig im Arbeitsentwurf vorliegende, geplante Wertstoffgesetz in Bezug genommen. Wegen vorrangiger Spezialregelungen nach § 8 Abs. 3 Satz 1 seien die Erfüllungskosten der einschlägigen Regelungen im Rahmen des jeweiligen Regelungsentwurfs zu berücksichtigen.
Im Rahmen einer abschließenden Bewertung des Referentenentwurfs bleibt festzuhalten, dass die geplante Abschaffung der Heizwertklausel des § 8 Abs. 3 Satz 1 KrWG eine grundlegende Bedingung für die Weiterentwicklung der Abfallwirtschaft zu einer Kreislaufwirtschaft darstellt. Recyclierbare Abfälle, die nicht von einer speziellen Vorrangregelung i.S.d. § 8 Abs. 2 KrWG erfasst werden, dürfen nach der – bevorstehenden – Abschaffung der Heizwertklausel nur dann energetisch verwertet werden, wenn dies die bessere Umweltoption darstellt.
Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte