Einfügen in die nähere Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung

Mit Urteil vom 08.12.2016 – 4 C 7.15 – hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) entschieden, dass hinsichtlich der Frage, ob sich ein Bauvorhaben im Rahmen von § 34 Baugesetzbuch (BauGB) dem Maß der baulichen Nutzung nach in die nähere Umgebung einfügt, die Übereinstimmung nur in einem Maßfaktor nicht genügt.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt begehrte der Kläger die Erteilung einer Baugenehmigung für die Aufstockung eines Stalltraktes im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) von zwei auf drei Geschosse.

§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB legt insoweit fest, dass ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich dann zulässig ist, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die nähere Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Dabei sind nach der Rechtsprechung des BVerwG die genannten Kriterien jeweils unabhängig voneinander zu prüfen.

Zwischen den Beteiligten war soweit unstreitig, dass sich das Vorhaben nach der Art der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens hing mithin allein davon ab, ob es sich auch nach dem Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.

Das Kriterium des Maßes der baulichen Nutzung richtet sich nach der Rechtsprechung des BVerwG nach solchen Faktoren, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung leicht in Beziehung zueinander setzen lassen. Ihrer absoluten Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur Freifläche, prägen insoweit das Bild der maßgeblichen Umgebung und bieten sich deshalb vorrangig als Bezugsgrößen zur Ermittlung des „Maßes der baulichen Nutzung“ an (u.a. BVerwG, Beschluss vom 03.04.2014, 4 B 12/14).

Der Verwaltungsgerichtshof München hatte in der Vorinstanz das Vorhaben insofern für genehmigungsfähig erklärt, da sich ein dreigeschossiges Gebäude auch dann in die nähere Umgebung einfüge, wenn es eine größere Grundfläche aufweise als ein anders maßstabbildendes dreigeschossiges Gebäude.

Hierin sah das BVerwG eine Verletzung von Bundesrecht.

Für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung seien die vorhandenen „Gebäude“ in der näheren Umgebung zueinander in Beziehung zu setzen. Gebäude prägten ihre Umgebung nicht durch einzelne Maßbestimmungsfaktoren, sondern erzielten ihre optische maßstabbildende Wirkung durch ihr Gesamterscheinungsbild. Deshalb müsse hinsichtlich der Frage des Einfügens nach dem Maß der baulichen Nutzung kumulierend auf die absolute Größe der Gebäude nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe abgestellt werden. Die Übereinstimmung von Vorhaben und Referenzobjekten nur in einem Maßfaktor genüge nicht, da sie dazu führen könne, dass durch eine Kombination von Bestimmungsgrößen, die einzelnen Gebäuden in der näheren Umgebung jeweils separat entnommen werden, Baulichkeiten entstehen, die in ihrer Dimension kein Vorbild in der näheren Umgebung haben. Dies jedoch widerspreche der planersetzenden Funktion des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung eines Bereichs zu gewährleisten.

Für die Baurechtspraxis bedeutet dies, dass eine unabhängige Prüfung zwar unter den verschiedenen Kriterien des 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, nicht jedoch innerhalb des Kriteriums des Maßes der baulichen Nutzung selbst möglich ist. Damit sich ein Bauvorhaben im Rahmen des § 34 BauGB seinem Maß nach in die nähere Umgebung einfügt, ist es vielmehr erforderlich, dass es in der unmittelbaren Umgebung des Baugrundstücks ein Referenzobjekt gibt, das hinsichtlich sämtlicher Maßfaktoren mit dem Bauvorhabenvergleichbar ist.

Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte

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