Unzulässige Eigenversorgung mit Trinkwasser – Liefersperre contra Benutzungszwang, VG Cottbus, Urteil vom 27.11.2009 – 7 K 892/09 – nicht rechtskräftig

Das Verwaltungsgericht Cottbus hat sich in mündlicher Verhandlung am 27.11.2009 zum Verfahren 7 K 892/08 mit der Frage befasst, ob die Einstellung der Versorgung mit Trinkwasser zum Wegfall der satzungsrechtlichen Pflicht eines Grundstückseigentümers zur Benutzung der öffentlichen Trinkwasserversorgungsanlage führt.

Das Grundstück des Klägers ist an die öffentliche Wasserversorgungsanlage eines Zweckverbandes angeschlossen. Im Rahmen einer Überprüfung der Hausinstallation stellen Bedienstete des Zweckverbandes fest, dass der Kläger sein Trinkwasser nicht aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage, sondern aus einem privat betriebenen Brunnen bezieht. Die zum Bezug von Brunnenwasser verlegte Leitung ist so mit der Hausinstallation verbunden, dass Brunnenwasser über die Hausinstallation in die öffentliche Wasserversorgungsanlage gelangen kann. Der Zweckverband erlässt eine Benutzungsanordnung, mit welcher der Grundstückseigentümer dazu verpflichtet wird, seinen gesamten Trinkwasserbedarf aus dem öffentlichen Versorgungsnetz zu decken und die Nutzung des auf dem Grundstück betriebenen privaten Brunnens zu unterlassen. Zugleich droht der Zweckverband dem Grundstückseigentümer ein Zwangsgeld von 1.000 € an, falls der Grundstückseigentümer dieser Verpflichtung nicht nachkommt. Da sich der Grundstückseigentümer außerdem weigert, fällige Trinkwassergebühren zu bezahlen, stellt der Zweckverband ferner wegen des Zahlungsrückstandes die weitere Belieferung des Eigentümers mit Wasser nach § 33 AVBWasserV ein.

Der Grundstückseigentümer setzt die Trinkwassergewinnung aus seinem eigenen Brunnen fort. Daraufhin setzt der Zweckverband das angedrohte Zwangsgeld fest.

Der Grundstückseigentümer begründet seine Klage gegen die Zwangsgeldfestsetzung damit, dass er von dem Zweckverband wegen der fortdauernden Einstellung der Versorgung nicht mit Trinkwasser beliefert wird. Weil der Zweckverband ihn nicht beliefere, könne er einem Benutzungszwang nicht nachkommen. Damit sei die Festsetzung des Zwangsgeldes rechtswidrig.

Das Verwaltungsgericht Cottbus hat die Festsetzung des Zwangsgeldes sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach für rechtmäßig gehalten und die Klage abgewiesen.

Das Gericht befasst sich eingehend mit dem Spannungsverhältnis zwischen der Durchsetzung der satzungsrechtlich geregelten Pflicht zur Benutzung der öffentlichen Wasserversorgungsanlage und der ebenfalls im Satzungsrecht des beklagten Zweckverbandes geregelten entsprechenden Anwendung der Vorschriften der AVBWasserV auf das öffentlich-rechtliche Versorgungsverhältnis.

§ 33 AVBWasserV lässt eine Einstellung der Versorgung mit Wasser sowohl bei Zuwiderhandlungen des Kunden gegen die Versorgungsbedingungen als auch bei Zahlungsverzug zu.

Verstößt der Anschlussnehmer gegen die Versorgungsbedingungen und ist die Einstellung erforderlich, um zu gewährleisten, dass Störungen anderer Kunden, störende Rückwirkungen auf Einrichtungen des Unternehmens oder Dritter oder Rückwirkungen auf die Güte des Trinkwassers ausgeschlossen sind, ist das Wasserversorgungsunternehmen zu einer fristlosen Einstellung der Versorgung berechtigt (§ 33 Abs. 1 Nr. 3 AVBWasserV). Vorliegend war die Einstellung der Versorgung deshalb zulässig, weil unbehandeltes Brunnenwasser über die Hausinstallation in das öffentliche Versorgungsnetz hätte eindringen und dort zu einer Beeinträchtigung der Wassergüte hätte führen können.

Das Gericht weist hierzu ausdrücklich darauf hin, dass es allein in der Sphäre des Grundstückseigentümers liegt, den Brunnen von der Hausinstallation zu trennen und Trinkwasser nur aus der öffentlichen Versorgungsanlage zu beziehen. Mit dieser Handlung würde der Grundstückseigentümer sowohl seiner Benutzungspflicht nachkommen als auch den Anlass für die Einstellung der Versorgung nach § 33 Abs. 1 Nr. 3 AVBWasserV beseitigen. Da die Liefersperre auch wegen des seit Inbetriebnahme des Privatbrunnens bestehenden Verstoßes gegen die Benutzungspflicht verhängt worden ist, kann sich der Grundstückseigentümer nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er bis zur Aufhebung der Liefersperre nicht benutzungspflichtig ist.

Rechtswidrig wäre es im bestehenden rein öffentlich-rechtlichen Wasserversorgungsverhältnis allerdings, die Liefersperre allein zur Durchsetzung der rückständigen Trinkwassergebühren gemäß § 33 Abs. 2 AVBWasserV zu verhängen. Weil fällige Benutzungsgebühren nach dem Verwaltungsvollstreckungsrecht eingezogen werden können, entspricht die Einstellung der Versorgung wegen Zahlungsrückstandes nur der Verhältnismäßigkeit, wenn zuvor als milderes Mittel alle Möglichkeiten genutzt worden sind, den Gebührenrückstand durch Vollstreckung auszugleichen.

Aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus ergibt sich, dass die Einstellung der Versorgung zur Verhinderung störender Rückwirkungen auf die öffentliche Trinkwasserversorgungsanlage prinzipiell nicht zum Wegfall der satzungsrechtlich geregelten Benutzungspflicht führt.

Für alle Wasserversorgungsunternehmen, die eine Durchführung des Wasserversorgungsverhältnisses durch Satzung öffentlich-rechtlich ausgestaltet haben, ergibt sich aus der Entscheidung allerdings die Notwendigkeit, vor einer Einstellung der Versorgung wegen rückständiger Versorgungsgebühren die nach dem Verwaltungsvollstreckungsrecht vorgesehenen Vollstreckungshandlungen durchzuführen und im Verwaltungsvorgang über die Einstellung der Versorgung zu dokumentieren.

Öffentliche Wasserversorgungsunternehmen, die satzungsrechtlich eine Benutzungspflicht für die Wasserversorgung angeordnet haben, die Wasserversorgung im Übrigen aber auf Grundlage privatrechtlicher Vereinbarungen durchführen, haben keine Möglichkeit, offene Forderungen nach dem Verwaltungsvollstreckungsrecht zu vollstrecken; derartige Entgelte sind auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen. Für solche Wasserversorgungsunternehmen gilt der Vorrang der Vollstreckung offener Forderungen vor der Einstellung der Versorgung nicht, so dass die Versorgung wegen rückständiger Versorgungsentgelte gemäß § 33 Abs. 2 AVBWasserV auch ohne Nachweis vorheriger Vollstreckungsversuche eingestellt werden kann.

Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte

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