Der Bergbau, als rohstoffgewinnende Industrie, ist traditionell mit erheblichen Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden. Um die Umweltauswirkungen solcher Vorhaben zu minimieren und eine nachhaltige Rohstoffgewinnung zu gewährleisten, sind Umweltprüfungen unerlässlicher Bestandteil der bergrechtlichen Zulassungsverfahren. Das Zusammenspiel von Bergrecht, Umweltrecht und allgemeinem Verwaltungsrecht ist komplex und unterliegt aufgrund europäischer Vorgaben, klimapolitischer Ziele und gesellschaftlicher Anforderungen einem stetigen Wandel. Dieser Fachbeitrag beleuchtet die neuesten rechtlichen und verwaltungsrechtlichen Aspekte der Umweltprüfungen bei bergbaulichen Vorhaben in Deutschland.
1. Rechtsrahmen und Prüfungsnotwendigkeit bergbaulicher Vorhaben
Die zentralen Rechtsgrundlagen für Umweltprüfungen bei bergbaulichen Vorhaben in Deutschland bilden das Bundesberggesetz (BBergG) und das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG). Das BBergG regelt die Zulassung bergbaulicher Vorhaben, insbesondere durch Betriebspläne (§§ 51 ff. BBergG), die für die Durchführung des Bergbaus erforderlich sind. Für bestimmte Betriebspläne, insbesondere für Rahmenbetriebspläne und Hauptbetriebspläne, ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) obligatorisch oder im Rahmen einer Vorprüfung des Einzelfalls zu prüfen.
Die Notwendigkeit einer UVP ergibt sich aus dem Anhang 1 des UVPG, der spezifische Kategorien von bergbaulichen Vorhaben (z.B. Abbau von Bodenschätzen, Bau von Halden) oberhalb bestimmter Schwellenwerte als UVP-pflichtig definiert. Darunter fallen beispielsweise:
- Tagebaue für die Gewinnung von Braunkohle, Steinkohle, Erzen, Ölschiefer oder bituminösem Sandstein ab einer bestimmten Fläche.
- Anlagen zur Aufbereitung von Erzen oder mineralischen Rohstoffen.
- Unterirdische Speicher für Gase oder brennbare Flüssigkeiten.
2. Aktuelle Entwicklungen im UVP-Recht und deren Auswirkungen auf den Bergbau
Das UVPG wurde in den letzten Jahren mehrfach novelliert, zuletzt infolge der europäischen UVP-Änderungsrichtlinie (RL 2014/52/EU). Diese Novellierungen haben erhebliche Auswirkungen auf die Durchführung von Umweltprüfungen bei Bergbauvorhaben:
- Stärkung der Vorprüfung des Einzelfalls: Die Kriterien für die Vorprüfung des Einzelfalls wurden präzisiert und erweitert. Auch unterhalb der Schwellenwerte kann nun schneller eine UVP-Pflicht ausgelöst werden, wenn das Vorhaben aufgrund seiner Merkmale, des Standorts oder der potenziellen Auswirkungen als erheblich umweltrelevant einzustufen ist. Dies erhöht die Prüfdichte auch bei kleineren Vorhaben.
- Erweiterter Untersuchungsrahmen (Scoping): Der Umfang der UVP muss nun ausdrücklich auch Aspekte wie Klimawandel (Anfälligkeit und Beitrag des Vorhabens zu Treibhausgasemissionen), Biodiversität (einschließlich Ökosystemleistungen) und Katastrophenrisiken berücksichtigen. Für Bergbauvorhaben bedeutet dies eine umfassendere Analyse von Themen wie:
- Auswirkungen auf den lokalen und regionalen Wasserhaushalt (insbesondere Grundwasserabsenkungen, Auswirkungen auf Feuchtgebiete).
- Lärm- und Staubemissionen (einschließlich Kumulation mit anderen Quellen).
- Landschaftsbild und Erholungsfunktion.
- Folgen des Klimawandels auf die Standsicherheit von Halden oder die Wassernutzung.
- Beitrag des Bergbaus zu Treibhausgasemissionen (z.B. Methanemissionen aus Kohleflözen, Energieverbrauch der Anlagen).
- Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel.
- Bessere Qualität des UVP-Berichts: Die Anforderungen an den UVP-Bericht wurden erhöht, um eine fundiertere und aussagekräftigere Informationsgrundlage zu gewährleisten. Dies schließt die Pflicht zur Angabe einer nicht-technischen Zusammenfassung und die klare Darstellung der Umweltauswirkungen ein.
- Stärkung der Öffentlichkeitsbeteiligung: Die UVP-Richtlinie hat die Rechte der Öffentlichkeit gestärkt. Die Verfahren sind transparenter gestaltet, und die Stellungnahmen der Bürger und Umweltverbände müssen im Entscheidungsverfahren noch stärker berücksichtigt werden. Dies kann zu längeren Verfahrensdauern führen, erhöht aber die Akzeptanz von Vorhaben.
- Digitalisierung der Verfahren: Der Trend zur Digitalisierung von Verwaltungsverfahren betrifft auch die UVP. Die elektronische Einreichung von Unterlagen und die digitale Bereitstellung von Informationen sind zunehmend Standard, um die Prozesse zu beschleunigen und zu vereinfachen.
3. Besondere verwaltungsrechtliche Aspekte bei bergbaulichen Vorhaben
Das Bergrecht zeichnet sich durch einige Besonderheiten aus, die sich auf die Umweltprüfungen auswirken:
- Spezialgesetzliches Verfahren: Das BBergG ist ein spezialgesetzliches Regelwerk. Die bergrechtlichen Zulassungsverfahren (§§ 51 ff. BBergG) sind umfassende Verfahren, die andere Genehmigungen (z.B. wasserrechtliche, immissionsschutzrechtliche) konsumieren können (Konzentrationswirkung). Die UVP wird dabei in das bergrechtliche Verfahren integriert.
- Abwägungsgrundsatz: Bei der Zulassung von Betriebsplänen muss die Bergbehörde eine umfassende Abwägung zwischen den öffentlichen und privaten Belangen vornehmen. Die Ergebnisse der UVP fließen als wesentliche Umweltbelange in diese Abwägung ein. Der Rohstoffbedarf ist ein gewichtiger öffentlicher Belang, muss aber gegen Umweltinteressen abgewogen werden.
- Betriebspläne und ihre Hierarchie: Die UVP kann bereits auf Ebene des Rahmenbetriebsplans durchgeführt werden, der die grobe Planung und die langfristigen Ziele festlegt. Dies hat den Vorteil, Umweltrisiken frühzeitig zu erkennen. Für die konkreten Maßnahmen im Hauptbetriebsplan kann dann eine vertiefte Prüfung erfolgen.
- Langfristigkeit und Nachsorge: Bergbauliche Vorhaben haben oft sehr lange Laufzeiten und erfordern umfassende Nachsorgepflichten (z.B. Rekultivierung, Ewigkeitsaufgaben im Kohlebergbau). Umweltprüfungen müssen daher auch die Langzeitfolgen und die Wirksamkeit von Rekultivierungs- und Nachsorgemaßnahmen bewerten.
- Internationale Aspekte: Bei grenzüberschreitenden Bergbauvorhaben oder Auswirkungen auf Nachbarstaaten sind die Anforderungen des Übereinkommens über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen (Espoo-Konvention) und der Seveso-III-Richtlinie (bei Störfallbetrieben) zu beachten.
4. Herausforderungen und Ausblick
Die Durchführung von Umweltprüfungen im Bergbau steht vor wachsenden Herausforderungen:
- Rückgang der fossilen Energieträger: Der Ausstieg aus der Kohleverstromung in Deutschland führt zu einer Abnahme der Braunkohlebergbauvorhaben, während der Abbau von Rohstoffen für die Energiewende (z.B. Lithium, Seltene Erden) an Bedeutung gewinnen könnte, was neue Prüfanforderungen mit sich bringt.
- Akzeptanzprobleme: Bergbauvorhaben, insbesondere Tagebaue, stoßen oft auf erheblichen Widerstand in der Bevölkerung. Eine transparente und umfassende UVP kann zur Akzeptanz beitragen, ist aber kein Allheilmittel.
- Klimaschutzvorgaben: Die Notwendigkeit, Klimaziele zu erreichen, beeinflusst die Bewertung der Klimarelevanz bergbaulicher Vorhaben und kann zu strengeren Auflagen oder gar zur Unzulässigkeit bestimmter Projekte führen.
- Kumulative Wirkungen: Die Bewertung kumulativer Auswirkungen mehrerer Vorhaben in einer Region, die über Jahre oder Jahrzehnte entstehen, bleibt eine komplexe Aufgabe.
- Fachkräftemangel: Die hohe Komplexität der Umweltprüfungen erfordert spezialisiertes Fachpersonal in den Behörden und Gutachterbüros, das zunehmend knapp ist.
Fazit:
Die Umweltprüfungen sind ein unverzichtbares Instrument, um die Umweltauswirkungen bergbaulicher Vorhaben umfassend zu erfassen und zu bewerten. Die jüngsten Novellierungen des UVPG haben den Prüfrahmen erweitert und die Anforderungen an die Qualität der Prüfungen sowie die Öffentlichkeitsbeteiligung erhöht. Dies ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer stärkeren Berücksichtigung von Umweltbelangen und einer nachhaltigeren Rohstoffgewinnung.
Für die Zukunft des Bergbaus in Deutschland und Europa bedeutet dies, dass die Planung und Zulassung von Vorhaben noch stärker integrative Ansätze verfolgen müssen, die technische Machbarkeit, ökonomische Notwendigkeit und ökologische Verträglichkeit miteinander in Einklang bringen. Die Bergbehörden sind gefordert, die komplexen Abwägungsentscheidungen transparent zu treffen und dabei die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und die gesellschaftlichen Anforderungen an den Umwelt- und Klimaschutz zu berücksichtigen. Nur durch eine konsequente und qualitativ hochwertige Durchführung der Umweltprüfungen kann die Akzeptanz für notwendige Rohstoffgewinnung gesichert und ein Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung geleistet werden.
Das dazu gehörige Fachseminar ist in der Seminarwelt des IWU Magdeburg auffindbar.