Immissionsschutzrechtliche Genehmigung – Keine Anfechtbarkeit nach Umweltrechtsbehelfsgesetz bei Hinzufügen einer Nebenbestimmung

Die nachträgliche Hinzufügung einer Nebenbestimmung zu einer Genehmigung nach § 4 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) ist gemäß dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 28.09.2016 – 7 C 1.15 – keine Entscheidung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20.11.2015 i.V.m. § 2 Abs. 3 Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG), die im Wege einer Verbandsklage anfechtbar ist.

Die Entscheidung des BVerwG dürfte auch bei der Anwendung des am 02.06.2017 in Kraft getretenen novellierten UmwRG zu berücksichtigen sein. Nach dessen § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 können künftig Verwaltungsakte über Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung bestimmter Zulassungsentscheidungen Gegenstand eines Rechtsbehelfs nach dem UmwRG sein.

Der Kläger, ein anerkannter Umweltverband im Sinne von § 3 Abs. 1 UmwRG, begehrte unter anderem die Aufhebung des Bescheids vom 30.05.2012, mit der der Beklagte nachträglich eine Nebenbestimmung zur Ablufthöhe in einen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid aufgenommen hatte.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage als unzulässig ab. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen, weil der Gegenstand des Bescheids vom 30.05.2012 nicht zu den Entscheidungen gehöre, die nach dem UmwRG im Wege einer Verbandsklage anfechtbar seien.

Dies hat das BVerwG in der Revision bestätigt. Die Klage gegen den Bescheid vom 30.05.2012 sei wegen fehlender Klagebefugnis unzulässig. Ein Klagerecht stehe dem anerkannten Umweltverband nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 20.11.2015 nicht zu, weil die nachträgliche Hinzufügung einer weiteren belastenden Nebenbestimmung in den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid keine Entscheidung im Sinne von § 2 Abs. 3 UVPG darstelle, die im Wege einer Verbandsklage nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG angegriffen werden könne.

Zu den Entscheidungen im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG gehörten Bewilligung, Erlaubnis, Genehmigung, Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulassung von Vorhaben, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden. Infolgedessen kämen in immissionsschutzrechtlichen Verfahren als Gegenstand einer Umweltverbandsklage die Zulassungsentscheidung nach § 4 BImSchG, die Teilgenehmigung nach § 8 BImSchG und der Vorbescheid nach § 9 BImSchG in Betracht, nicht dagegen aber eine nachträglich angeordnete Nebenbestimmung zu einer BImSchG-Genehmigung. Denn die Nebenbestimmung entfalte weder Zulassungswirkung, noch enthalte sie Elemente einer Zulassungsentscheidung.

Dieses Auslegungsergebnis stehe auch mit Unionsrecht im Einklang. Nach Art. 11 Abs. 1 UVP-Richtlinie 2011/92/EU sei auf Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen abzustellen, worunter grundsätzlich auch nachträgliche Maßnahmen in Bezug auf genehmigte Vorhaben fallen könnten. Dies setze allerdings voraus, dass für diese Maßnahmen in der UVP-Richtlinie 2011/92/EU eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen ist. Nach Art. 2 Abs. 2 UVP-Richtlinie 2011/92/EU sei eine Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens vorgesehen, eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung sei dagegen vor Erlass einer nachträglichen Nebenbestimmung nicht gefordert.

Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte

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