Die Entsorgung und Verwertung von mineralischen Abfällen und Böden im Tief- und Landschaftsbau erfuhr mit dem Inkrafttreten der Mantelverordnung am 1. August 2023 eine grundlegende Neuausrichtung. Diese Verordnung umfasst die Ersatzbaustoffverordnung (EBV) sowie die novellierte Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) und zielt auf eine bundeseinheitliche, rechtsverbindliche Regelung für den fachgerechten Umgang mit diesen Materialien ab. Dieser Fachbericht beleuchtet die zentralen Anforderungen beider Verordnungen und ihre Implikationen für die Praxis.
1. Die Ersatzbaustoffverordnung (EBV): Förderung der hochwertigen Verwertung
Die EBV regelt die Herstellung und den Einbau von mineralischen Ersatzbaustoffen (MEB) in technische Bauwerke. MEB sind mineralische Abfälle oder Nebenprodukte, die in Aufbereitungsanlagen hergestellt werden oder bei Baumaßnahmen anfallen (z.B. Beton-, Mauerwerks- und Asphaltaufbruch, Bodenmaterial, Baggergut). Ziel der EBV ist es, die hochwertige Verwertung dieser Stoffe zu fördern, den Deponiebedarf zu reduzieren und gleichzeitig einen hohen Schutz von Boden und Grundwasser zu gewährleisten.
1.1. Wesentliche Anforderungen der EBV:
- Qualitätsstandards und Einbauklassen: Die EBV definiert detaillierte Qualitätsstandards und führt verschiedene Einbauklassen für MEB ein (BM, BME, RC). Diese Klassen legen je nach Anwendungsbereich spezifische Grenzwerte für Schadstoffgehalte und Anforderungen an die stoffliche Beschaffenheit fest.
- Güteüberwachung: Hersteller von MEB müssen eine Güteüberwachung durchführen, die einen Eignungsnachweis, werkseigene Produktionskontrolle und regelmäßige Fremdüberwachung durch eine zugelassene Überwachungsstelle umfasst.
- Probenahme und Analytik: Die EBV schreibt detaillierte Anforderungen an die Probenahme und Analytik vor, um die Einhaltung der Qualitätsstandards nachzuweisen.
- Einbau in technische Bauwerke: Der Einbau von MEB ist nur in den in den Anlagen 2 und 3 der EBV aufgeführten Einbauweisen zulässig. Dabei sind die spezifischen Anforderungen der jeweiligen Einbauklasse und die Schutzbedürftigkeit des Bodens und des Grundwassers zu berücksichtigen.
- Dokumentationspflichten: Der Verbleib von MEB vom erstmaligen Inverkehrbringen bis zum Einbau muss dokumentiert werden (Ersatzbaustoffkataster, Lieferscheinverfahren). Für bestimmte Materialklassen (BM-0, BG-0) und geringe Einbaumengen gelten Ausnahmen.
- Getrennte Sammlung: Die EBV fordert die getrennte Sammlung von mineralischen Abfällen aus technischen Bauwerken, um eine hochwertige Verwertung zu ermöglichen.
2. Die novellierte Bundes-Bodenschutzverordnung (BBodSchV): Schutz des Bodens als natürliche Ressource
Die novellierte BBodSchV regelt die Vorsorge vor schädlichen Bodenveränderungen und die Sanierung von Altlasten und schädlichen Bodenveränderungen. Im Kontext der Entsorgung von Ausbaustoffen und Aushubböden sind insbesondere die Anforderungen an das Auf- oder Einbringen von Materialien auf oder in den Boden relevant.
2.1. Wesentliche Anforderungen der novellierten BBodSchV:
- Anforderungen an das Auf- und Einbringen von Materialien (§§ 6-8 BBodSchV): Die Novelle präzisiert die Anforderungen an das Auf- und Einbringen von Materialien innerhalb und außerhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht. Dabei werden stoffliche Anforderungen, Nützlichkeitserwägungen und die Eignung des Materials für den jeweiligen Zweck berücksichtigt.
- Vorsorgewerte, Prüfwerte und Maßnahmenwerte: Die Anhänge der BBodSchV enthalten angepasste und erweiterte Vorsorge-, Prüf- und Maßnahmenwerte für verschiedene Schadstoffe im Boden.
- Bodenkundliche Baubegleitung (§ 4 Abs. 5 BBodSchV): Die Genehmigungsbehörde kann bei bestimmten Vorhaben ab einer Fläche von 3000 Quadratmetern eine bodenkundliche Baubegleitung nach DIN 19639 im Benehmen mit der Bodenschutzbehörde verlangen.
- Sickerwasserprognose (§ 14 BBodSchV): Für die Beurteilung der Auswirkungen von Materialien auf das Grundwasser kann eine Sickerwasserprognose unter Anwendung von Stofftransportmodellen durchgeführt werden. Die Probenahmen hierfür sind von einem § 18 BBodSchG-Sachverständigen zu entwickeln und zu begleiten.
- Eluatuntersuchungen: Die Novelle verwendet ein geändertes Wasser-Feststoff-Verhältnis (2:1 statt 10:1) bei Eluatuntersuchungen nach DIN 19528 oder DIN 19529.
- Berücksichtigung neuer Schadstoffe: Die BBodSchV berücksichtigt nun auch neue Untersuchungsparameter wie PFAS, sprengstofftypische Verbindungen, Nonylphenole und dl-PCB.
- Gefahrenabwehr bei Bodenerosion (§ 9 BBodSchV): Die Regelung zur Gefahrenabwehr wurde auf Bodenerosion durch Wind erweitert.
3. Zusammenspiel von EBV und BBodSchV im Tief- und Landschaftsbau:
Es ist entscheidend zu verstehen, dass EBV und BBodSchV unterschiedliche Anwendungsbereiche haben, aber im Tief- und Landschaftsbau ineinandergreifen:
- Die EBV regelt den Einbau von mineralischen Ersatzbaustoffen in technische Bauwerke.
- Die BBodSchV regelt das Auf- oder Einbringen von Materialien auf oder in den Boden außerhalb technischer Bauwerke, beispielsweise bei der Verfüllung von Abgrabungen im Landschaftsbau oder der Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht.
Beispiel: Wird unbelasteter Aushub (Bodenmaterial nach EBV) zur Verfüllung einer Baugrube verwendet, die nicht als technisches Bauwerk im Sinne der EBV gilt, sind die Anforderungen der BBodSchV an das Auf- oder Einbringen von Materialien maßgeblich. Handelt es sich jedoch um den Einbau von Recycling-Baustoffen im Straßenbau (ein technisches Bauwerk nach EBV), so gelten die Anforderungen der EBV.
4. Implikationen für die Praxis:
Die Anforderungen der EBV und der novellierten BBodSchV haben weitreichende Implikationen für Tief- und Landschaftsbauunternehmen:
- Umfassendere Materialcharakterisierung: Eine detailliertere Charakterisierung und Analytik der anfallenden und einzubauenden Materialien ist unerlässlich, um die Einhaltung der jeweiligen Verordnung sicherzustellen.
- Angepasste Entsorgungs- und Verwertungsstrategien: Unternehmen müssen ihre Entsorgungs- und Verwertungsstrategien überdenken und die Möglichkeiten der hochwertigen Verwertung von MEB gemäß EBV stärker in den Fokus rücken.
- Sorgfältige Dokumentation: Eine lückenlose Dokumentation des Materialflusses, der Analysen und des Einbaus ist unerlässlich, um die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben nachzuweisen.
- Qualitätssicherung: Die Qualitätssicherung bei der Herstellung und dem Einbau von MEB gewinnt durch die EBV erheblich an Bedeutung.
- Schulung und Weiterbildung: Mitarbeiter müssen umfassend zu den neuen Anforderungen beider Verordnungen geschult und weitergebildet werden.
- Zusammenarbeit mit Sachverständigen: In vielen Fällen wird die Zusammenarbeit mit Sachverständigen nach § 18 BBodSchG für die Probenahme, Analytik und Beurteilung der Materialien notwendig sein.
5. Fazit:
Die Ersatzbaustoffverordnung und die novellierte Bundes-Bodenschutzverordnung stellen einen bedeutenden Schritt hin zu einer nachhaltigeren und umweltfreundlicheren Bewirtschaftung von mineralischen Abfällen und Böden im Tief- und Landschaftsbau dar. Sie fördern die hochwertige Verwertung und den Schutz des Bodens als wertvolle natürliche Ressource. Die Umsetzung der detaillierten Anforderungen erfordert von allen Beteiligten ein hohes Maß an Sorgfalt, Fachkenntnis und Verantwortungsbewusstsein. Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den neuen Regelungen und die Anpassung der betrieblichen Abläufe sind entscheidend, um die Chancen der Verwertung zu nutzen und die Umweltziele zu erreichen.
Das dazu gehörige Fachseminar ist in der Seminarwelt des IWU Magdeburg auffindbar.