Eckpunkte zum Wertstoffgesetz?

 

Nachdem das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG)verabschiedet ist und im Wesentlichen zum 01.06.2012 in Kraft tritt, wird von dem Bundesumweltministerium die Vorlage der bereits mehrfach angekündigten Eckpunkte für ein Wertstoffgesetz erwartet. Daraus ergeben sich Fragen nach der Notwendigkeit eines solchen Gesetzes und seiner denkbaren inhaltlichen Ausgestaltung.

 

Rechtsgrundlage

 

Die Rechtsgrundlage für ein Wertstoffgesetz findet sich im KrWG. Dort ist in § 10 die Ermächtigung geregelt, Anforderungen an das Bereitstellen, Überlassen, Sammeln und Einsammeln von Abfällen durch Hol- und Bringsysteme, jeweils auch in einer einheitlichen Wertstofftonne oder durch eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität gemeinsam mit gleichartigen Erzeugnissen oder mit auf dem gleichen Weg zu verwertenden Erzeugnissen, die jeweils einer verordneten Rücknahme nach § 25 KrWG unterliegen, festzulegen. Korrespondierend dazu heißt es in § 25 Abs. 2 Nr. 3 KrWG, dass entsprechende Regelungen über die Produktverantwortung auch festlegen können, auf welche Art und Weise die Abfälle überlassen werden, einschließlich der Maßnahmen zum Bereitstellen, Sammeln und Befördern sowie der Bringpflichten der entsprechenden Besitzer dieser Abfälle. Zudem heißt es in dieser Regelung, dass zur Umsetzung der genannten Tätigkeiten auch eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden kann.

 

Beachtlich ist insoweit, dass die zitierten Regelungen in den §§ 10 und 25 KrWG nach Art. 6 Abs. 2 des Gesetzes zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts bereits am 01.03.2012 in Kraft getreten sind. Demnach ist der Gesetzgeber bereits seit dem 01.03.2012 nicht daran gehindert, auf der Grundlage des KrWG entsprechende Regelungen über die Wertstofftonne bzw. die einheitliche Wertstofferfassung vorzusehen.

 

Gleichwohl gilt, dass auch die bisherige und nach wie vor geltende Regelung in § 6 Abs. 4 Verpackungsverordnung (VerpackV) bereits eine einheitliche Wertstofferfassung vorsieht und für rechtlich zulässig erklärt. Insoweit ist in § 6 Abs. 4 Satz 7 VerpackV ausdrücklich geregelt, dass die öffentlichrechtlichen Entsorgungsträger im Rahmen der Abstimmung verlangen können, dass stoffgleiche Nicht-Verpackungsabfälle gegen ein angemessenes Entgelt erfasst werden (sog. Gelbe Tonne Plus). Nicht zuletzt in Ansehung der Tatsache, dass bereits in vielen Gebietskörperschaften sog. Wertstofftonnen eingeführt wurden, ist jüngst vermehrt die Auffassung vertreten worden, dass es eines Wertstoffgesetzes nicht bedarf. Nach § 6 Abs. 4 Satz 11 VerpackV setzt die Einführung einer Wertstofftonne auf der derzeitigen rechtlichen Grundlage jedoch einen Konsens zwischen dem jeweiligen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und den dualen Systemen voraus. Ein solcher Konsens ist nicht immer leicht zu erzielen, insbesondere wenn es um die konsensuale Festlegung der Zuständigkeit für die Wertstofferfassung geht.

 

Denkbare Inhalte des Wertstoffgesetzes

 

Bekanntlich hat im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens zum Wertstoffgesetz ein Planspiel stattgefunden, das in verschiedene Teil schritte aufgeteilt war. Zum einen ging es generell um die Evaluierung der VerpackV, sodann um die Bestimmung der Idealzusammensetzung der Wertstofftonne sowie um Finanzierungsmodelle für die Wertstofftonne.

 

Andererseits wurde durch verschiedene Rechtsgutachten geklärt, dass die Einführung einer Wertstofftonne, die auf einer generellen Überlassungspflicht für stoffgleiche Nicht-Verpackungsabfälle beruht, europarechtlich unzulässig ist. Die Fachgutachten im Rahmen des Planspiels sind zu dem Ergebnis gekommen, dass das Modell „Erweiterung der Produktverantwortung“ auf stoffgleiche Nicht-Verpackungsabfälle vorzugswürdig und rechtlich zulässig sei.

 

Fraglich bleibt jedoch, wie eine entsprechende Regelung im Detail auszugestalten ist. Denkbar ist insoweit, dass die Organisations- und Finanzierungsverantwortlichkeit für die Erfassung, Sortierung und Verwertung bei den Wirtschaftsbeteiligten, also den Herstellern und Vertreibern liegt. Denkbar ist auch, eine originäre Verantwortung der dualen Systeme zu verankern. Die Refinanzierung von Erfassung, Sortierung und Verwertung über duale Systeme hat dann über die Hersteller und Vertreiber der Verkaufsverpackung und der stoffgleichen Nicht-Verpackungen zu erfolgen, in dem sich diese entgeltlich an den Systemen beteiligen.

 

Nach den Erfahrungen mit der 5. Novelle der VerpackV könnte daran gedacht werden, die Möglichkeit der Eigenrücknahme nicht mehr weiter vorzusehen. Fraglich ist insoweit, wie der Gesetzgeber mit der Möglichkeit umgeht, dass sich Hersteller und Vertreiber an sog. Branchenlösungen beteiligen. Offenbar besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass eine zukünftige Regelung auch die Einrichtung einer neutralen bzw. gemeinsamen Stelle vorsieht, die ggf. in der Rechtsform einer Stiftung organisiert werden kann. Fraglich ist, wer diese Stelle organisiert bzw. trägt, die dualen Systeme oder die sog. Wirtschaftsbeteiligten. Im Nachgang zu dem Planspiel können die Aufgaben dieser neuen Stelle jetzt schon weitgehend umrissen werden. Zum einen wäre sie Registrierungsstelle für Hersteller und Vertreiber, zum anderen auch Hinterlegungsstelle für Vollständigkeitserklärungen und Beteiligungsmengen an Branchenlösungen sowie dualen Systemen. Sie könnte auch Hinterlegungsstelle für die Mengenstromnachweise sein. Nicht zuletzt aus Gründen der Entlastung der Verwaltung könnte diese Stelle auch mit der Zulassung von Branchenlösungen, deren Überwachung und ggf. auch dem Widerruf von Branchenlösungen befasst sein. Die Stelle könnte sich überdies mit den Clearingaufgaben innerhalb der dualen Systeme befassen und eine Ausschreibungsplattformsein. Fraglich ist schließlich, ob und inwieweit dieser neuen Stelle hoheitliche Befugnisse zugeschrieben werden, insbesondere auch die sog. Bußgeldbefugnis.

 

Bewertung

 

Nachdem in dem Planspiel zur Evaluierung der VerpackV bzw. dem Teilvorhaben zur näheren Ausgestaltung der einheitlichen Wertstofferfassung bereits einige Hinweise auf die neue Regelung erfolgt sind, bleibt der eigentliche Inhalt eines Wertstoffgesetzes abzuwarten. Dazu werden die in Kürze erwarteten Eckpunkte jedoch nur erste Anhaltspunkte geben. Entscheidend wird die gesetzliche Regelung im Detail sein. Dabei ist zu beachten, dass der diesbezügliche Referenten- bzw. Kabinettsentwurf regelmäßig nicht identisch sein wird mit dem, was im Gesetzgebungsverfahren letztendlich verabschiedet wird.

 

Nach den bisher eingetretenen zeitlichen Abläufen ist kaum zu erwarten, dass ein entsprechendes Wertstoffgesetz noch in der laufenden Legislaturperiode verabschiedet wird. Demnach wird es vorläufig weiter darum gehen, konsensuale Lösungen zur Einführung einer Wertstofftonne auf der geltenden Rechtsbasis, insbesondere aufgrund der Regelung in § 6 Abs. 4 VerpackV zu finden.

 

Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte

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