Die einheitliche Wertstofftonne in privater Regie

Nachdem zuletzt der „Kampf“ um die gewerbliche Sammlung von Altpapier die Schlagzeilen in der Entsorgungswirtschaft und die Rechtsprechung bestimmt hat, ist im Zuge der Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes nunmehr auch die gemeinsame Erfassung von Verpackungsabfällen und stoffgleichen Nicht-Verpackungsabfällen in einer einheitlichen Wertstofftonne in den Fokus der Auseinandersetzung zwischen der privaten Entsorgungswirtschaft und den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern geraten. Hinzu kommt, dass einige öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zurzeit bereits im Vorgriff auf eine dezidierte gesetzliche Regelung Fakten schaffen, in dem Wertstofftonnen unter verschiedenen rechtlichen Anknüpfungspunkten eingeführt werden. Diese rechtlichen Gestaltungen reichen von rein kommunalen bis privaten Trägerschaften und rechtlich intransparenten Mischformen.

 

Im Unterschied zu der Erfassung von Altpapier aus privaten Haushalten sind bei der gemeinsamen Erfassung von Verpackungsabfällen und stoffgleichen Nicht-Verpackungsabfällen aus privaten Haushalten in einer einheitlichen Wertstofftonne allerdings zwei nebeneinander bestehende Entsorgungszuständigkeiten zu unterscheiden. So ist der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nach den Regelungen des geltenden nationalen Abfallrechts prinzipiell für die Entsorgung von Restabfällen aus privaten Haushalten zuständig. Derartige Abfälle sind daher grundsätzlich dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu überlassen. Die Entsorgung gebrauchter Verkaufsverpackungen ist indes den öffentlichrechtlichen Entsorgungsträgern durch den Gesetzgeber entzogen, auf die Privatwirtschaft verlagert und damit einer abfallrechtlichen Sonderregelung über die Produktverantwortung, namentlich der Verpackungsverordnung, unterstellt worden. Bereits diese Ausgangslage steht daher der Annahme entgegen, es könnte – wie es teilweise vertreten wird – einen öffentlichrechtlichen Vorrang bei der gemeinsamen Erfassung dieser Materialien geben, zumal der Anteil der stoffgleichen Nicht-Verpackungen im Vergleich zu der Sammelmenge an Verpackungen verschwindend gering ist.

 

Gegen einen derartigen Vorrang spricht auch, dass eine getrennte Erfassung und Verwertung von Wertstoffen durch die öffentlichrechtlichen Entsorgungsträger auf der Grundlage nationaler Überlassungspflichten für Abfälle aus privaten Haushaltungen grundsätzlichen europarechtlichen Bedenken unterliegt. Derartige Überlassungspflichten beschränken nämlich den freien Warenverkehr, wenn unter Verweis hierauf eine Verbringung und Verwertung separat gesammelter Wertstoffe in einen europäischen Mitgliedstaat verhindert wird. Die europarechtlichen Vorgaben erlauben eine solche Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit jedoch nur bei gemischten Siedlungsabfällen aus privaten Haushaltungen und nicht bei separat gesammelten stoffgleichen Nicht-Verpackungsabfällen. Eine darüber hinausgehende Rechtfertigung einer derartigen Beschränkung des freien Warenverkehrs, etwa aufgrund zwingender Aspekte des Umweltschutzes, ist bei den bei der Wertstofftonne in Rede stehenden nicht gefährlichen stoffgleichen Nicht-Verpackungsabfällen nicht erkennbar. Insofern ist der ausschließliche Zugriff der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf die hier in Rede stehenden Abfallfraktionen europarechtlich nicht zulässig.

 

Nach geltendem nationalen Recht spricht für eine einheitliche Wertstofftonne in privater Regie vor allem die Systematik der Verpackungsverordnung. Diese sieht grundsätzlich die getrennte Erfassung von Verpackungs- und Nicht-Verpackungsabfällen vor. Für den Fall aber, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger eine gemeinsame Erfassung wünscht, hat dieser die Möglichkeit, von den Betreibern der dualen Systeme eine Miterfassung der stoffgleichen Nicht-Verpackungsabfälle zu verlangen. Der umgekehrte Fall – eine Miterfassung von Verpackungsabfällen durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger – ist hingegen in den Regelungen der Verpackungsverordnung nicht vorgesehen. Eine solche kann daher nur auf freiwilliger Basis, und zwar mit Zustimmung aller Systembetreiber, erfolgen.

 

Der deutsche Gesetzgeber ist somit gehalten, bei Inanspruchnahme der im neuen Kreislaufwirtschaftsgesetz enthaltenen Ermächtigungsgrundlagen zur Schaffung einer gesonderten Regelung über die einheitliche Wertstofftonne, sei es in der Form einer Wertstoffverordnung oder eines Wertstoffgesetzes, die zwingenden europarechtlichen Vorgaben zu beachten, soweit es um deren Trägerschaft bzw. die gesetzlichen Überlassungspflichten geht.

 

Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte

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