Bauleistungen im Tief- und Straßenbau – Der Prozess nach VOB/C und HVA B-StB 2023

Die Abwicklung von Bauvorhaben des Tief-, Kanal- und Straßenbaus ist durch ein komplexes Regelwerk gekennzeichnet. Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB), insbesondere Teil C (ATV), legt die technischen und abrechnungsrelevanten Details fest, während die Handlungsanweisungen für die Vergabe und Ausführung von Bauleistungen im Straßen- und Brückenbau (HVA B-StB) die spezifischen prozessualen und administrativen Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers (meist Bund und Länder) definieren.


1. Ausschreibung: Präzision und Einheitspreis

Die Grundlage für die erfolgreiche Abwicklung ist eine rechtssichere und fachlich korrekte Ausschreibung, die das Leistungsrisiko angemessen verteilt.

  • VOB/A und VOB/B: Die Vergabe (A) und der allgemeine Vertrag (B) bilden den Rahmen. Die HVA A-StB konkretisiert diese Vorgaben für den Straßenbau (z. B. Wahl der Vergabeart, Eignungsprüfung).

  • VOB/C – ATV: Hier werden die technischen Spezifikationen und Abrechnungsregeln für die einzelnen Gewerke definiert. Im Tiefbau sind dies z. B. die ATV DIN 18300 (Erdarbeiten), DIN 18306 (Wasserhaltungsarbeiten) und DIN 18318 (Verkehrsflächen, Pflaster). Diese ATV legen genau fest, was zu messen und wie abzurechnen ist (z. B. Abrechnung von Aushub nach tatsächlicher Masse oder Volumen).

  • Leistungsbeschreibung (LV): Die LV muss eindeutig und erschöpfend sein, da bei Unklarheiten das Risiko zulasten des Auftraggebers geht. Es dominiert der Einheitspreisvertrag nach VOB/B, bei dem Mengenrisiken beim Auftraggeber verbleiben.


2. Ausführung: Überwachung und Dokumentation

Die Bauausführung muss die Anforderungen der VOB/C (ATV) strikt einhalten, was eine lückenlose Baudokumentation erfordert.

  • Änderungen und Nachträge: Werden Mengenabweichungen oder Zusatzleistungen (§2 Abs. 5, 6 VOB/B) notwendig, ist dies der häufigste Konfliktpunkt. Die HVA B-StB 2023 gibt detaillierte Anweisungen zur Nachtragsprüfung und zur Berechnung neuer Einheitspreise (z. B. durch Urkalkulation), um eine faire Preisbildung sicherzustellen.

  • Bautagebuch und Messprotokolle: Der Auftragnehmer (AN) muss alle relevanten Umstände, Behinderungen und die tatsächliche Ausführung dokumentieren. Dies ist die Basis für spätere Abrechnungsprüfungen (z. B. Schichtdicken, Verdichtungsgrade, Aushubtiefen).


3. Abnahme: Übergang der Verantwortung

Die Abnahme (§12 VOB/B) ist der juristische Schlüsselpunkt, an dem die Gefahr auf den Auftraggeber übergeht und die Verjährungsfrist für Mängelansprüche beginnt.

  • Förmliche Abnahme: Sie wird empfohlen und in der Regel in einem Abnahmeprotokoll dokumentiert.

  • Wesentliche Mängel: Die Abnahme darf nur bei unwesentlichen Mängeln erklärt werden. Bei wesentlichen Mängeln muss die Beseitigung gefordert werden.

  • VOB/C-Konformität: Die Abnahme bestätigt, dass die Leistung den vertraglichen Vereinbarungen und den technischen Normen der VOB/C entspricht.


4. Abrechnung: Maßgebende Regeln der VOB/C

Die Abrechnung erfolgt auf Basis der tatsächlichen, aufgemessenen Mengen und der vertraglich vereinbarten Einheitspreise. Die VOB/C liefert hierfür die zwingenden Mess- und Abrechnungsregeln.

4.1. VOB/C als Messanweisung

  • Beispiel Erdarbeiten (DIN 18300): Hier ist genau festgelegt, ob und wie Baugrubenverbau, Böschungen oder die Wiederverfüllung von Leitungsgräben abgerechnet werden. Maße (Längen, Flächen, Volumina) werden immer nach den tatsächlichen Maßen des Bauwerks in der Ausführung abgerechnet.

  • Übermessung: Die VOB/C regelt, welche Teile der Leistung nicht übermessen und daher nicht gesondert abgerechnet werden dürfen (z. B. kleine Aussparungen).

4.2. HVA B-StB und Schlussrechnung

Die HVA B-StB legt fest, wie die Schlussrechnung formal zu erstellen ist (z. B. Gliederung, Beifügen der Aufmaße). Sie dient der Prüfbarkeit der Abrechnung durch den öffentlichen Auftraggeber.

  • Prüffähigkeit: Die Abrechnung muss so aufgebaut sein, dass sie dem Auftraggeber eine schnelle und einfache rechnerische und sachliche Prüfung der abgerechneten Mengen und Preise ermöglicht. Mangelnde Prüffähigkeit kann zur Zurückweisung der Rechnung führen.

  • Abrechnungszeichnungen: Diese sind integraler Bestandteil der Schlussrechnung und visualisieren die gemessenen Mengen.

Die Beachtung der VOB/C-Regeln und der HVA B-StB ist nicht nur für die technische Qualität, sondern vor allem für die rechtliche und finanzielle Konfliktvermeidung unerlässlich.

Das dazu gehörige Fachseminar ist in der Seminarwelt des IWU Magdeburg auffindbar.