Anforderungen an den Gefahrenverdacht für die Anordnung einer bodenschutzrechtlichen Untersuchung

OVG Hamburg, Urteil vom 12.10.2017 – 2 Bf 1/16

Die Kläger sind Eigentümer eines Grundstückes, auf dem in den 1980er Jahren eine chemische Textilreinigung betrieben wurde. Sie erhielten im Jahr 2011 ein Schreiben der zuständigen Behörde, in dem sie um ihr Einverständnis zur Durchführung mehrerer Untersuchungsbohrungen auf ihrem Grundstück sowie in dem sich darauf befindlichen Gebäude gebeten wurden. Dieses Schreiben ließen sie jedoch unbeantwortet, woraufhin sie eine auf § 9 Abs. 1 BBodSchG sowie auf §§ 4 Abs. 2, 2 Abs. 2 des Hamburgischen Bodenschutzgesetz gestützte Duldungsanordnung erhielten. Die Anordnung wurde u.a. damit begründet, dass auf dem Grundstück jahrelang mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen wurde. Die zitierten Vorschriften des Hamburgischen Bodenschutzgesetzes regeln die Eingriffsermächtigung für eine Duldungsanordnung, welche dem BBodSchG als solche fehlt. Die Kläger wenden sich in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegen die Duldungsanordnung. Zur Begründung führen sie u.a. an, dass der Rückgriff auf die Vorschriften des Hamburgischen Bodengesetzes aus Kompetenzgründen verfassungswidrig sei und daher keine Ermächtigungsgrundlage für die Duldungsanordnung bestehe sowie, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen aufgrund fehlender Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Altlast nicht gegeben seien.

Die Klage hat Erfolg. Die Rechtswidrigkeit der Anordnung begründet das Gericht zwar nicht mit der Verfassungswidrigkeit des Rückgriffs auf die Vorschriften des Hamburgischen Bodenschutzgesetzes. Allerdings verneint es das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen. Der Senat folgert die Zulässigkeit des Rückgriffs auf die landesrechtlichen Vorschriften über die Duldungsanordnung aus der Öffnungsklausel des § 9 Abs. 2 Satz 3 BBodSchG, wonach die §§ 4 Abs. 2, 2 Abs. 2 Hamburgisches Bodenschutzgesetz verfassungsgemäß sind und damit als Ermächtigungsgrundlage für die Duldungsanordnung dienen können. Zwar unterfällt das Bodenrecht der konkurrierenden Gesetzgebung, sodass ein Bundesgesetz eine abweichende Regelung durch die Länder grundsätzlich sperrt. Die Öffnungsklausel gibt hier jedoch zu erkennen, dass der Bundesgesetzgeber den Ländern eine ergänzende Regelung für etwaige Duldungsanordnungen ausdrücklich ermöglichen wollte.

Das Gericht sieht jedoch mangels Vorliegens hinreichender Anhaltspunkte für einen Gefahrenverdacht die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BBodSchG i.V.m. §§ 4 Abs. 2, 2 Abs. 2 Hamburgisches Bodenschutzgesetz nicht erfüllt. Der bloße Umstand, dass auf dem Grundstück mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen worden sei, bietet noch keinen konkreten Anhaltspunkt für das Bestehen einer Altlast. Zwar muss der Sachverhalt zum Zeitpunkt einer Untersuchungsanordnung nicht abschließend geklärt sein, dennoch muss eine Tatsachengrundlage bestehen, die das Vorliegen einer Altlast nicht unwahrscheinlich macht. Dies ergibt sich insbesondere aus § 3 Abs. 1 BBodSchV, der eine nicht abschließende Liste mit Beispielen für das Vorliegen hinreichend tatsächlicher Anhaltspunkte enthält, welche im hiesigen Fall nicht gegeben sind.

Quelle: KOPP-ASSENMACHER & NUSSER

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