Zum Fortbestand der Entsorgungspflicht der Abfallerzeuger nach Insolvenz einer Ersatzbrennstoffaufbereitungsanlage

VG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 09.04.2018 – VG 5 L 1423/17

Die Entscheidung betrifft eine in der abfallwirtschaftlichen Praxis häufig vorkommende Konstellation. Nachdem der Betreiber einer Ersatzbrennstoffaufbereitungsanlage in die Insolvenz gefallen war, nahm die zuständige Behörde die ehemaligen Lieferanten der Anlage als Abfallerzeuger in die Pflicht und forderte diese zur Beräumung und Entsorgung der ausweislich der Liefer- und Wiegescheine in den Jahren vor der Insolvenz angelieferten Abfälle auf.

Die Antragstellerin, die sich gegen die behördliche Verfügung im Rahmen des gerichtlichen Eilverfahrens vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) im Ergebnis erfolglos zur Wehr setzte, hatte ausweislich der durch die Behörde gesichteten Liefer- und Wiegescheine in den Jahren vor der Insolvenz der Anlage einige hundert Tonnen Sortierreste gemäß Abfallschlüssel 19 12 12 Abfallverzeichnisverordnung (AVV), die aus der Sortierung von gemischten Bau- und Abbruchabfällen gemäß Abfallschlüssel 17 09 04 AVV stammten, angeliefert. Neben der Antragstellerin hatten noch vierzehn weitere Lieferanten Abfälle dieses Typs geliefert. Die Gesamtmenge der gelieferten Abfälle belief sich ausweislich der behördlich gesichteten Nachweise auf insgesamt 5.747 Tonnen. Hiervon waren 3.457,8 Tonnen bereits entsorgt worden. Die verbleibende Differenz von 2.289,2 Tonnen wurde durch die Behörde sodann prozentual auf sämtliche Anlieferer verteilt, unter denen sich auch die Antragstellerin befand.

Gegen den Beräumungs- und Entsorgungsbescheid, der von Seiten der Behörde mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung verbunden worden war, hatte die Antragstellerin Widerspruch eingelegt. Ihr im gerichtlichen Eilverfahren gestellter Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Wiederspruchs blieb erfolglos. Das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) hatte keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der auf die abfallrechtliche Generalklausel in § 62 KrWG gestützten Verfügung. Die Antragstellerin bleibe als Erzeugerin von Abfällen nach § 22 KrWG zur Entsorgung verpflichtet, bis diese endgültig und ordnungsgemäß abgeschlossenen sei. In der gegebenen Konstellation sei es nicht vordringliche Aufgabe der Behörde, eine abschließende „Durchermittlung“ hinsichtlich der Beschaffenheit der angelieferten Abfälle zu führen. Es reiche für eine Inanspruchnahme der Erzeugerin aus, dass die Behörde substantiiert darstellen könne, dass diese im maßgeblichen Zeitpunkt eine entsprechende Abfallmenge an die Insolvenzschuldnerin geliefert habe, derartige Abfälle sich noch immer auf dem Betriebsgelände befänden und die Erzeugerin im Rahmen ihrer Pflichten nach § 22 KrWG nicht in der Lage sei, darzulegen, dass eben diese Abfälle endgültig und ordnungsgemäß entsorgt worden seien. Das Verwaltungsgericht stützte sich hierbei ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die zur Vorgängerregelung des § 22 KrWG, zu § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG, ergangen war (BVerwG, Urteil vom 28.06.2007 – 7 C 5/07; Stichwort: „Ewigkeitshaftung“ von Abfallerzeuger und Abfallbesitzer).

Obgleich sich in den lagernden Abfällen – wie auch von Seiten der Behörde im Verfahren zugestanden – zum Teil Mineralik und zum Teil auch potentiell gefährliche Einzelfraktionen (Dämmstoffe, Künstliche Mineralfasern) befanden, sah das Verwaltungsgericht hierin keinen ausreichenden Beleg dafür, dass es sich bei den Lagermengen nicht (mehr) um Abfälle gemäß Abfallschlüssel 19 12 12 AVV gehandelt habe. Das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) vertrat die Auffassung, dass es sich hierbei lediglich um Fehlwürfe und Rückstände handele, die für eine Einstufung als Abfälle der Abfallschlüsselnummer 19 12 12 AVV jedenfalls deshalb nicht von entscheidender Bedeutung seien, weil diese weit weniger als fünf Volumenprozent des betrachteten Haufwerks ausmachten.

Quelle: KOPP-ASSENMACHER & NUSSER

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