In einem begrüßenswerten Beschluss vom 08.01.2014 – 8 B 11193/13.OVG – hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (OVG) die Anforderungen an den Nachweis einer Verwertung gewerblicher Siedlungsabfälle im Kontext der Überlassungspflichten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) und der Behälterbenutzungspflicht nach der Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV) konkretisiert.
Nach § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG müssen Abfälle aus dem gewerblichen Bereich – im Gegensatz zu Abfällen aus Privathaushalten – dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nur überlassen werden, soweit sie nicht verwertet werden (sog. Abfälle zur Beseitigung). Mit der Verwertung von Abfällen können Gewerbetreibende demgegenüber auch private Entsorgungsunternehmen beauftragen, die ihre Tätigkeit in vielen Fällen zu geringeren Kosten als die kommunalen Entsorger anbieten. Nach § 7 Satz 4 GewAbfV sind die Erzeuger und Besitzer von gewerblichen Siedlungsabfällen allerdings verpflichtet, mindestens einen Behälter des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers (sog. Pflichtrestmülltonne) vorzuhalten und zu nutzen. Hinter dieser Regelung steht die Erwägung des Verordnungsgebers, dass in einem Gewerbebetrieb in aller Regel auch Abfälle anfallen, die nicht verwertet werden können und die deshalb als Abfälle zur Beseitigung überlassungspflichtig sind. Das Bundesverwaltungsgericht sieht hierin in ständiger Rechtsprechung jedoch nur eine gesetzliche Vermutung, die im Einzelfall widerlegt werden kann. Erbringt der Gewerbetreibende also den Nachweis, dass er sämtliche Abfälle seines Betriebes einer Verwertung zuführt, entfällt seine Pflicht zur Benutzung einer Pflichtrestmülltonne.
Auch wenn in einem Betrieb Abfälle zur Beseitigung anfallen und eine vollständige Befreiung von der Behälterbenutzungspflicht daher nicht in Betracht kommt, ist der Nachweis der Verwertung für Gewerbetreibende von Bedeutung: Nicht selten entsteht in diesen Fällen Streit über den Umfang, in dem Behälter des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers vorzuhalten sind – mit den entsprechenden gebührenrechtlichen Konsequenzen. Hier ist es wichtig, dass der Gewerbetreibende nachweisen kann, dass alle Abfälle, die er dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nicht überlässt, einer Verwertung zugeführt werden.
In der Praxis stellt sich in diesen Konstellationen die Frage, welche Anforderungen an den erforderlichen Verwertungsnachweis zu stellen sind. Da die Erbringung des Nachweises letztlich darüber entscheidet, wie viele Abfälle der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger aus dem gewerblichen Bereich erhält, ist eine gewisse Tendenz der Kommunen nicht zu übersehen, die Messlatte möglichst hoch zu hängen. Forderungen wie die, dass die genauen Abläufe des Transportes und der Verwertung in der Gesamtheit des Stoffstromes dargestellt und u.a. mit einer Prozessbeschreibung untermauert werden müssen, sind von Erzeugern und Besitzern gewerblicher Siedlungsabfälle praktisch nicht zu erfüllen. Hinzu kommt, dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der privaten Entsorgungsunternehmen auf dem Spiel stehen, wenn diese im Verwertungsnachweis etwa ihre Abnehmer gegenüber der kommunalen Konkurrenz namentlich benennen sollen.
Solchen überzogenen Forderungen ist das OVG in seinem Beschluss vom 08.01.2014 entgegen getreten: In dem entschiedenen Fall ging es um die Frage, in welchem Umfang die Abfälle eines Kino-Centers der Überlassungspflicht unterliegen. Der städtische Entsorgungsbetrieb hatte die Überlassung sämtlicher Abfälle verlangt, da der Kinobetreiber bei der Erfassung gegen Getrennthaltungsgebote der GewAbfV verstoße. Dieser Argumentation vermochte sich das OVG nicht anzuschließen, wenngleich es die schwierige Grundsatzfrage, ob die Einhaltung von Getrennthaltungspflichten für die Unterscheidung von Abfällen zur Verwertung und Abfällen zur Beseitigung und damit für die Reichweite der Überlassungspflicht von Relevanz ist, trotz geäußerter Zweifel im Ergebnis offen gelassen hat.
Nach Ansicht des OVG war allerdings der Verwertungsnachweis durch den Kinobetreiber bislang nicht erbracht worden. Dieser hatte zwar ein Schreiben seines privaten Entsorgers vorgelegt, wonach die von diesem übernommenen Abfälle nach erfolgter Sortierung „vollumfänglich stofflich oder energetisch“ verwertet würden; das genügte dem OVG jedoch nicht: Ein Erzeuger oder Besitzer von gewerblichen Siedlungsabfällen müsse sich ein Mindestmaß an konkreten Informationen darüber verschaffen, in welcher Art und Weise der von ihm abgegebene Abfall weiter behandelt werde. Hierzu habe das eingeschaltete Entsorgungsunternehmen jedenfalls in groben Zügen näher darzulegen, in welchem Umfang und in welcher Art der Abfall einer stofflichen Verwertung zugeführt und/oder für eine energetische Verwertung aufbereitet werde. Ferner habe das Entsorgungsunternehmen aufzuzeigen, welche Materialien hierdurch bei welchen Verwendern ersetzt werden. Dies sei bezogen auf den auf dem jeweiligen Betriebsgrundstück anfallenden Abfall in seiner spezifischen Zusammensetzung darzustellen. Dabei sei es zur Vermeidung übertriebener Mitteilungspflichten ausreichend, wenn der Verwertungsweg in pauschaler Form und hinsichtlich des Umfangs der jeweiligen Verwertungsarten mit Hilfe von Schätzungen geschildert werde.
Da es an der Erfüllung dieser Voraussetzungen bisher fehlte, hat das OVG den Antrag des Kinobetreibers abgelehnt. Es betont in seiner Entscheidung jedoch, dass der Verwertungsnachweis nachgeholt werden kann und der Betreiber danach einen Anspruch auf entsprechende Reduzierung des vorzuhaltenden Behältervolumens oder – falls der Nachweis gelingt, dass überhaupt keine Abfälle zur Beseitigung anfallen – auf Befreiung von der Behälterbenutzungspflicht hat.
Der richtungsweisende Beschluss des OVG stärkt das gesetzlich eingeräumte Recht von Gewerbetreibenden, selbst für die Verwertung ihrer Abfälle zu sorgen und sich hierbei der privaten Entsorgungswirtschaft zu bedienen, indem er eine deutliche Absage an die Maximalforderungen mancher Kommunen enthält und wichtige Vorgaben für einen ordnungsgemäßen Verwertungsnachweis macht. Zur praktischen Umsetzung bedürfen diese allerdings noch einer weiteren Konkretisierung, sodass nicht alle auftretenden Fragen durch den Beschluss beantwortet werden. Offen geblieben ist insbesondere, welche Angaben für die geforderte Darlegung des Verwertungsweges in pauschaler Form im Einzelnen erforderlich sind. Für gewerbliche Abfallerzeuger und die von ihnen beauftragten Entsorgungsunternehmen verbleibt daher auch nach dem Beschluss des OVG eine gewisse Rechtsunsicherheit bei der Erstellung von Verwertungsnachweisen. Um einen Schritt in die richtige Richtung handelt es sich jedoch allemal.
Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte