Das neue ElektroG – BMUB legt lange erwarteten Referentenentwurf vor

Bereits am 04.07.2012 haben das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union die Richtlinie 2012/19/EU über Elektro- und Elektronik-Altgeräte erlassen (sog. WEEE-II-Richtlinie). Die Richtlinie ist am 13.08.2012 in Kraft getreten und war bis zum 14.02.2014 in nationales Recht umzusetzen. Nach Art. 1 der Richtlinie werden mit der Richtlinie Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit festgelegt, mit denen die schädlichen Auswirkungen der Entstehung und Bewirtschaftung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten vermieden oder verringert, die Gesamtauswirkungen der Ressourcennutzung reduziert und die Effizienz der Ressourcennutzung verbessert werden sollen. Der deutsche Gesetzgeber hat sich entschlossen, im Zusammenhang mit der Umsetzung der WEEE-II-Richtlinie in deutsches Recht das bestehende Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) umfassend fortzuentwickeln, um sicherzustellen, dass zukünftig deutlich mehr Elektro- und Elektronik-Altgeräte einer ordnungsgemäßen und umweltfreundlichen Entsorgung zugeführt werden. Die Vorlage eines entsprechenden Referentenentwurfs erst am 18.02.2014, also vier Tage nach dem Verstreichen der Umsetzungsfrist, ist wohl nicht zuletzt auch dem Umstand geschuldet, dass sich das zuständige Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) nach der letzten Bundestagswahl neu formiert hat.

Abgesehen von dem Umstand, dass der deutsche Verordnungsgeber die Richtlinie zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten (2011/65/EU, sog. RoHS-II-Richtlinie) bereits mit der neuen Elektro- und Elektronikgeräte-Stoff-Verordnung (ElektroStoffV) vom 19.04.2013 umgesetzt hat und infolge dessen die frühere Regelung über Stoffverbote in § 5 ElektroG gestrichen wurde, fasst das BMUB in einem Begleitpapier zu dem Referentenentwurf (ElektroG-E) die wesentlichen Inhalte der Neufassung des ElektroG wie folgt zusammen:

– Der Anwendungsbereich des von 24 auf 51 Paragraphen erweiterten Gesetzes wird dahingehend ausgedehnt, dass das Gesetz grundsätzlich für sämtliche Elektro- und Elektronikgeräte gilt. Die bisherige Regelung beschränkt den Anwendungsbereich auf Elektro- und Elektronikgeräte, die unter bestimmte Kategorien fallen. Dementsprechend ist in einer Übergangsvorschrift geregelt, dass bis zum 14.08.2018 zunächst der bisherige kategorienbasierte Anwendungsbereich beibehalten wird, jedoch unter Einbeziehung von Fotovoltaik-Modulen sowie Leuchten aus privaten Haushalten (vgl. Anlage 2 Nr. 5 ElektroG-E). Schließlich sind die Ausnahmen von dem Anwendungsbereich nunmehr in § 2 Abs. 2 ElektroG-E enumerativ aufgeführt, was durchaus der Rechtsklarheit dient.

– Wie bereits in der ElektroStoffV soll nunmehr auch in das ElektroG der Begriff des Bevollmächtigten eingeführt werden (§ 3 Nr. 10 ElektroG-E). Die Einführung der Figur des Bevollmächtigten soll insoweit eine Erleichterung bringen, als aus Sicht des registrierungspflichtigen Herstellers die Möglichkeit eröffnet wird, einen Bevollmächtigten zu benennen sowie die sonstigen Verpflichteten des Herstellers auf diesen zu übertragen. Dies dürfte insbesondere für Hersteller, die ihren Sitz im Ausland haben, und in Deutschland Elektro- und Elektronikgeräte in Verkehr bringen, von großer praktischer Bedeutung sein. Insoweit benötigt der ausländische Hersteller auch keine Niederlassung im Geltungsbereich des neuen Gesetzes, wenn er einen entsprechenden Bevollmächtigten beauftragt (vgl. §§ 6 und 9 ElektroG-E).

– Weiter sollen die Regelungen über die sog. Eigenvermarktung durch die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger geändert werden. Vorgesehen ist eine Ausweitung des sog. Optierungszeitraums von 1 auf 3 Jahre, wobei der Optierungszeitraum an den Beginn eines Kalenderjahres gebunden ist. Die Anzeigefrist vor Aufnahme der Optierung soll von 3 auf 6 Monate verlängert werden. Zudem soll den optierenden öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nunmehr auch eine Meldepflicht für jeden vollen Container gegenüber der zuständigen Behörde treffen, sobald dieser an eine Erstbehandlungsanlage abgeben wird. Neu und bereits von den kommunalen Spitzenverbänden kritisiert ist in diesem Zusammenhang die vorgesehene Möglichkeit, auch von den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern, die von der Optierung Gebrauch machen, Gebühren zu verlangen.

– Neben einer Änderung der Zusammenstellung der Sammelgruppen und der stufenweisen Anhebung der Sammelziele beinhaltet die Novelle als ganz wesentliche Neuerung eine Rücknahmepflicht des Handels. Diese Rücknahmepflicht ist so ausgestattet, dass einerseits eine Rücknahmepflicht für ein gleichartiges Altgerät bei Neukauf besteht, sog. 1:1-Rücknahmepflicht, als auch andererseits eine Rücknahmepflicht von sog. Großvertreibern mit einer Verkaufsfläche von mehr als 400 m² für sehr kleine Altgeräte, nämlich solche mit einer Kantenlänge von weniger als 25 cm, sog. 0:1-Rücknahmepflicht. Inwieweit diese bereits im Vorfeld vom Handel kritisierte Regelung im Endeffekt Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. Auch bleibt abzuwarten, ob sich die Kantenlänge eines Altgerätes als praktikable Bezugsgröße erweist. Soweit es um die Sammlung geht, werden darüber hinaus Regelungen aufgenommen, die einer Erhöhung der Transparenz bei den Sammelstellen dienen, indem eine Verpflichtung für Hersteller, Vertreiber und öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger besteht, ihre eingerichteten Sammelstellen anzuzeigen, sowie eine Verpflichtung der Stiftung elektroaltgeräteregister (ear) zur Veröffentlichung einer Liste der angezeigten Sammelstellen.
 

– Als weitere signifikante Neuregelung ist vorgesehen, dass die bereits in der WEEE-II-Richtlinie geregelte Abgrenzung zwischen gebrauchten Geräten und Altgeräten übernommen wird und der Exporteur solcher Geräte grundsätzlich die Funktionsfähigkeit und direkte Wiederverwendbarkeit belegen muss, wenn er sich darauf beruft, außerhalb des Abfallrechts gebrauchte Geräte zu exportieren. Diese sog. Beweislastumkehr soll den illegalen Export von Elektro- und Elektroaltgeräten eindämmen.

– Schließlich enthält die Novelle erhöhte Recycling- und Verwertungsquoten, eine Anzeigepflicht für zertifizierte Erstbehandlungsanlagen und die Pflicht zur Veröffentlichung einer entsprechenden Liste aller zertifizierten Erstbehandlungsanlagen. Um die Transparenz bei den Mengenströmen zu erhöhen, ist zuletzt eine Konkretisierung und Ausweitung der Mengenmeldungen für alle sammelnden Akteure vorgesehen, sowohl für Altgeräte aus privaten Haushaltungen als auch für Altgeräte anderer Nutzer als privater Haushalte.

Neben den genannten inhaltlichen Änderungen enthält der Gesetzesentwurf eine im Gegensatz zu dem bisherigen Gesetz vordergründig klarstellende Differenzierung der Entsorgungszuständigkeiten, je nachdem ob es sich um Altgeräte aus privaten Haushalten (§§ 12 ff. ElektroG-E) oder Altgeräte anderer Nutzer als privater Haushalte (§ 19 ElektroG-E) handelt. Bei näherem Hinsehen erweist sich jedoch auch die jetzt vorgesehene Regelung als im Detail unklar. Demnach dürfen Altgeräte aus privaten Haushalten ausschließlich von öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern, Vertreibern sowie Herstellern oder deren Bevollmächtigten gesammelt werden. Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs soll durch die Regelungen in § 13 ElektroG-E den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern die Pflichtaufgabe zur Sammlung von Altgeräten aus privaten Haushalten übertragen werden. Damit soll wohl auch klargestellt sein, dass Altgeräte weder einer gewerblichen noch einer gemeinnützigen Sammlung zugänglich sind.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass das Gesetz nach wie vor eine erweiterte Begriffsbestimmung enthält, soweit es um Altgeräte aus privaten Haushalten geht (vgl. § 3 Nr. 5 ElektroG-E). Wenn es um Altgeräte anderer Nutzer als privater Haushalte geht, enthält der Gesetzesentwurf eine differenzierte Betrachtung dahingehend, ob es sich um historische Altgeräte handelt, also insbesondere solche, die vor dem 13.08.2005 in Verkehr gebracht wurden, oder um andere Altgeräte solcher Nutzer. Für die historischen Altgeräte, die nicht aus privaten Haushalten stammen, soll der Besitzer entsorgungspflichtig sein, für die nichthistorischen Altgeräte muss hingegen der Hersteller eine zumutbare Möglichkeit zur Rücknahme schaffen. Sowohl Hersteller als auch Besitzer können von diesen Grundsätzen abweichende Vereinbarungen treffen. Nach wie vor nicht explizit geregelt ist hingegen, wer entsorgungspflichtig ist, wenn der Letztbesitzer von der vom Hersteller geschaffenen Möglichkeit zur Rückgabe für nicht historische Altgeräte keinen Gebrauch macht. Nach der Systematik des Gesetzentwurfs ist dann jedenfalls nicht automatisch der öffentliche Entsorgungsträger entsorgungspflichtig bzw. entsorgungsberechtigt; vielmehr kann das Altgerät eines anderen Nutzers als eines privaten Haushaltes nach der Grundregel in § 17 Abs. 1 Satz 2 KrWG als Abfall zur Verwertung einem zur Entsorgung von Altgeräten berechtigten Privaten, also einem entsprechenden Entsorgungsunternehmen, überlassen werden. Aufgrund der Komplexität der Regelung bedürfte dies sicherlich der Klarstellung. Dies gilt vor allem in Ansehung der Erfahrungen mit der bisherigen Regelung in § 9 Abs. 9 ElektroG.

Zum weiteren Gesetzgebungsverfahren ist anzumerken, dass das Gesetz der Notifizierung in Brüssel bedarf und daher voraussichtlich erst im September 2014 im Bundeskabinett verabschiedet werden kann. Das zustimmungspflichtige Gesetz muss sodann im Bundesrat und im Bundestag beraten werden, so dass es voraussichtlich nicht vor April 2015 in Kraft tritt. Dass der Gesetzgeber damit abermals bei einem Umweltgesetz die Umsetzungsfrist für eine EU-Richtlinie deutlich überschritten hat, gehört offenbar mittlerweile zum alltäglichen Erscheinungsbild.

Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte