Auf der Grundlage einer neuen Abfallsatzung fordert die Stadt Köln derzeit Gewerbetreibende zur Auskunft über ihren Betrieb zwecks Berechnung des Volumens sogenannter Pflichtrestabfallbehälter auf. Hintergrund dieser Aufforderung ist die nunmehr satzungsgemäße Festlegung von Mindestvolumina solcher Pflichtrestabfallbehälter für gewerblich genutzte Grundstücke, von denen nur auf Antrag abgewichen werden kann. Die insoweit von kommunaler Seite zu beobachtende großzügige Auslegung der abfallrechtlichen Überlassungspflichten zu ihren Gunsten kann für Kölner Gewerbetreibende eine erhebliche finanzielle Mehrbelastung durch erhöhte Abfallgebühren bedeuten.
Gemäß der Satzung über die Abfallentsorgung in der Stadt Köln (Abfallsatzung) unterliegt grundsätzlich jeder Eigentümer eines im Gebiet der Stadt Köln liegenden Grundstücks dem Zwang, dieses Grundstück an die städtische Abfallentsorgung anzuschließen und der städtischen Abfallentsorgung bestimmte Abfälle zu überlassen (sog. Anschluss- und Benutzungszwang). Die Überlassungspflichten werden in der Abfallsatzung konkretisiert, leiten sich jedoch dem Grunde nach aus dem bundesweit geltenden Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz ab. Während Privathaushalte im Grundsatz sämtliche Abfälle an die städtische Abfallentsorgung zu überlassen haben, beschränkt sich die Überlassungspflicht für Gewerbetreibende auf Abfälle zur Beseitigung – also solche Abfälle, die nicht verwertet werden.
Zur praktischen Umsetzung des Anschluss- und Benutzungszwangs verpflichtet die Abfallsatzung der Stadt Köln – genau wie viele andere kommunale Abfallsatzungen – die Grundstückseigentümer, u.a. die Aufstellung sog. Restabfallbehälter zu dulden und damit mittelbar die Gebühr für deren Leerung zu entrichten. Die Höhe der Gebühr bemisst sich im Wesentlichen nach der Größe des Restabfallbehälters. Bis zum Erlass der Neufassung der Abfallsatzung der Stadt Köln wurde lediglich für Wohngrundstücke ein Mindestvolumen der Pflichtrestabfallbehälter bestimmt, wohingegen sich die Anzahl, Art und Größe der Pflichtrestabfallbehälter bei gewerblich genutzten Grundstücken nach der tatsächlich anfallenden Abfallmenge richtete. Die Behörden hatten also das Behältervolumen individuell zu ermitteln, wobei der Gewerbetreibende zur Ermittlung geeignete Unterlagen vorzulegen hatte. Seit 15. Dezember 2010 enthält die Abfallsatzung eine wesentliche Verschärfung der Verpflichtung Gewerbetreibender zur Aufstellung von Restabfallbehältern. Auf der Grundlage einer Untersuchung durch Sachverständige wurden Mindestbehältervolumina für Gewerbebetriebe unterschiedlicher Art in die Satzung aufgenommen (vgl. § 8 Abs. 3 Satz 1 Abfallsatzung). Es wurden personale oder sachliche Einheiten für bestimmte Arten von Betrieben festgelegt und eine standardmäßige Restabfallmenge bestimmt, die in einem solchen Betrieb pro Woche und pro Einheit anfällt. So sieht die Abfallsatzung etwa für Beherbergungsbetriebe ein Mindestvolumen von drei Litern pro Bett und Woche oder für Industrie- und Handwerksbetriebe ein Volumen von acht Litern pro Mitarbeiter und Woche vor. Also wäre zum Beispiel ein Industriebetrieb mit 100 Mitarbeitern zur Aufstellung eines städtischen Restabfallbehälters mit einem Volumen von 800 Litern bei wöchentlicher Leerung verpflichtet. Im Einzelfall kann die mit der Verpflichtung zur Aufstellung einer größeren Restabfalltonne einhergehende Erhöhung der (Abfall-)Gebührenlast eine deutliche finanzielle Mehrbelastung zur Folge haben.
Eine Ausnahme von den festgesetzten Mindestvolumina kann nur auf Antrag des Gewerbetreibenden zugelassen werden. Dabei obliegt dem Antragsteller die Darlegungspflicht und trägt er ggf. der Beweislast, ob und inwieweit in seinem Betrieb geringere Abfallmengen anfallen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 Abfallsatzung der Stadt Köln). Er hat die Nutzung von (Abfall-)Vermeidungs- und Verwertungsmöglichkeiten nachzuweisen.
Neben der teilweise erheblichen finanziellen Mehrbelastung für Gewerbetreibende wird an der Neufassung der Abfallsatzung kritisiert, dass nicht hinreichend nach der Art der gewerblichen Tätigkeit differenziert werde (vgl. etwa die Stellungnahme der Handwerkskammer zu Köln vom 14.12.2010 zum Beschluss des Kölner Stadtrates zur „Pflicht-Restmülltonne“, abrufbar am 24.11.2011 unter http://www.hwk-koeln.de/Aktuelles/20101215_abfallgebuehren). In rechtlicher Hinsicht erscheint problematisch, dass die Festlegung von Mindestvolumina für Pflichtrestabfallbehälter zur vollständigen Füllung der Tonnen anregt und damit dem Grundprinzip der Abfallvermeidung grundsätzlich zuwiderläuft, wonach Abfall vorrangig zu vermeiden ist (anderer Ansicht ist das VG Köln, Urt. v. 29.08.2011 – 14 K 6816/10 unter Verweis auf Ausnahmetatbestände).
Für die Verwaltungspraxis bedeutet diese satzungsgemäße Festschreibung von Mindestvolumina für Pflichtrestabfallbehälter, die auf gewerblich genutzten Grundstücken aufzustellen sind, zunächst einen erheblich verminderten Arbeitsaufwand zur Festlegung der Behältervolumina. Zudem wird sich die Stadt auf deutliche Mehreinnahmen durch Abfallgebühren freuen können, denn es steht zu erwarten, dass die Pauschalisierung der Mindestvolumina und die Verschärfung der Darlegungs- und Beweislast dazu führen werden, dass zahlreiche Gewerbetreibende eine größere Restmülltonne als bisher aufzustellen haben. Vor diesem Hintergrund ist es aus städtischer Sicht folgerichtig, nunmehr weitgehend standardisierte Schreiben an Kölner Gewerbetreibende zu versenden, worin diese über die neue Rechtslage aufgeklärt und aufgefordert werden, zur Ermittlung des Pflichtrestabfallbehältervolumens zu ihrem Betrieb Auskunft zu erteilen. Erfolgt keine oder eine nur unzureichende Reaktion auf die Aufforderung, ist u.a. damit zu rechnen, dass die Stadtverwaltung per Bescheid das – satzungsgemäß vorgeschriebene – Restabfallbehältervolumen festsetzt, soweit nicht bereits eine größere Restabfalltonne vorhanden ist.
Die Erfolgsaussichten eines gerichtlichen Vorgehens gegen eine solche Verfügung werden – wie auch der Ausgang eines vorangehenden Verwaltungsverfahrens – in hohem Maße von der hinreichenden Ausfüllung der beschriebenen Darlegungs- und Beweislast abhängen. Soweit ersichtlich, sind zwar zu § 8 Abs. 3 der neuen Abfallsatzung der Stadt Köln bislang keine gerichtlichen Entscheidungen ergangen (in VG Köln, Urt. v. 29.08.2011 – 14 K 6816/10 wird lediglich am Rande auf die Abfallsatzung Bezug genommen). Bezogen auf den Anschluss- und Benutzungszwang, der insoweit mit den festgeschriebenen Mindestbehältervolumina vergleichbar ist, als auch von diesem nur eine Ausnahme erteilt werden kann, wenn der Antragsteller entsprechende Nachweise erbringt, hat die 14. Kammer des Verwaltungsgerichts Köln tendenziell strenge Anforderungen an die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung gestellt (vgl. VG Köln, Urt. v. 05.11.2008 – 14 K 4743/07). Dies könnte darauf hindeuten, dass die Rechtsprechung auch die Darlegungs- und Beweislast Gewerbetreibender betreffend die Verringerung des Pflichtrestabfallbehältervolumens entsprechend verstehen wird.
Kölner Gewerbetreibenden sei vor diesem Hintergrund grundsätzlich empfohlen, das Thema „Abfall im Betrieb“ auf die Tagesordnung zu setzen. Im besten Fall bedeutet die Neufassung der Abfallsatzung der Stadt Köln, dass der Gewerbetreibende sich „nur“ vertieft mit dem Abfallmanagement in seinem Betrieb befassen muss, um so seiner Darlegungslast zur Erfüllung des Ausnahmetatbestandes zu genügen und letztlich eine Verringerung des satzungsgemäßen Behältervolumens zu erreichen. Im schlechtesten Fall können – wie aufgezeigt – erhebliche finanzielle Mehrbelastungen durch erhöhte Abfallgebühren die Folge sein. Jedenfalls ist Gewerbetreibenden, die in der beschriebenen oder in anderer Form von der Stadt Köln betreffend das Thema „Restabfalltonne“ kontaktiert werden, zu raten, die städtische Aufforderung unbedingt ernst zu nehmen und frühzeitig das Gespräch mit der zuständigen Behörde zu suchen. Wird ein geringeres als das satzungsgemäß bestimmte Restabfallbehältervolumen begehrt, wird ein entsprechender Ausnahmeantrag zu stellen sein, der wegen der Darlegungslast einer sorgfältigen Vorbereitung bedarf.
Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte