BVerwG zum Verhältnis zwischen TÜO, Behörde und EfB

Mit seinem Beschluss v. 22.04.2010 (7 B 43.09) hat das BVerwG der zuständigen Behörde die Möglichkeit zuerkannt, die Zustimmung zu einem Überwachungsvertrag nach der Entsorgungsfachbetriebeverordnung (EfbV) zu verweigern, wenn die zu zertifizierende Tätigkeit nach den der Behörde vorliegenden Erkenntnissen in dem betroffenen Betrieb nicht ausgeführt wird.

Sachverhalt

Ein auf dem Gebiet der Abfallentsorgung europaweit tätiges Unternehmen wollte für eines seiner Werke mit einer Technischen Überwachungsorganisation (TÜO) einen Überwachungsvertrag für die Tätigkeiten Einsammeln, Befördern, Lagern, Behandeln, Verwerten und Beseitigen von Abfällen schließen. Die zuständige Behörde stimmte diesem Vertrag allerdings nur für die Tätigkeiten Einsammeln, Befördern, Lagern und Behandeln von Abfällen zu. Für die Tätigkeiten Verwerten und Beseitigen von Abfällen wurde die Zustimmung verweigert, da diese Tätigkeiten im dem betreffenden Werk nicht ausgeführt würden. Nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren erhob das Unternehmen Klage beim Verwaltungsgericht, die als unzulässig abgewiesen wurde. Eine hiergegen beim Oberverwaltungsgericht eingelegte Berufung hatte keinen Erfolg. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beim Bundesverwaltungsgericht hatte ebenfalls keinen Erfolg.

Wesentlicher Inhalt der Entscheidung

Das Bundesverwaltungsgericht führte in seiner Entscheidung aus, der EfbV lasse sich deutlich entnehmen, dass die zuständige Behörde die Zustimmung zu dem ihr vorgelegten Überwachungsvertrag verweigern darf, wenn die zu zertifizierende Tätigkeit nach den der Behörde vorliegenden Erkenntnissen in dem betroffenen Betrieb nicht ausgeführt wird. Soweit habe die Behörde ein inhaltliches Prüfungsrecht des Überwachungsvertrages.

Zwar spreche die mit der Einführung des Zertifizierungsverfahrens bezweckte Verlagerung von Überwachungsaufgaben von den für den Vollzug des Abfallrechts zuständigen Behörden auf privatrechtlich organisierte sachverständige Stellen grundsätzlich für eine Beschränkung der betrieblichen Überwachungsbefugnisse der obersten Landesbehörden. Allerdings sei die Behörde nicht ausschließlich auf eine formale Vertragsprüfung beschränkt. Sofern die zuständige Behörde Kenntnis davon habe, dass alle oder einzelne zu zertifizierende Tätigkeiten in dem konkreten Betrieb tatsächlich nicht ausgeübt werden, dürfe sie ihre Zustimmung zu dem Überwachungsvertrag auch aus diesem inhaltlichen Grund verweigern.

Das schriftliche Überwachungszertifikat beinhalte die „Bezeichnung der zertifizierten Tätigkeiten des Betriebes“ und bezöge sich damit – ebenso wie die Überwachungspflicht der TÜO – auf einzelne konkrete betriebliche Tätigkeiten. Diese Tätigkeiten müssten in dem Überwachungsvertrag im Einzelnen und konkret beschrieben werden. Hierauf bezöge sich dann die Zustimmung. Da die Behörde zum Widerruf der Zustimmung berechtigt sei, wenn die TÜO eine Verpflichtung zur Entziehung des Zertifikats wegen dauerhafter Einstellung einer konkreten zertifizierten Tätigkeit des Betriebs verletze, müsse sie auch die Zustimmung verweigern dürfen, wenn feststehe, dass die Tätigkeit nicht ausgeübt werde. Die zuständige Behörde sei nicht zur Erteilung einer Zustimmung verpflichtet, die sie sofort widerrufen könnte.

Neben der Klarstellung, dass die zuständige Behörde ihre Zustimmung zu dem Überwachungsvertrag verweigern dürfe, geht das BVerwG auch auf die Unterschiedlichkeit der Begriffe „Verwerten und Beseitigen“ im Sinne des KrW- /AbfG und im Sinne der EfbV ein: Entgegen den Begrifflichkeiten des KrW-/AbfG stellten die Begriffe „Verwerten und Beseitigen“ nach der EfbV „nur den abschließenden Endakt des jeweiligen Entsorgungsvorganges“ dar. Die EfbV stelle auf die jeweils einzelne Tätigkeit im Verlaufe eines Beseitigungs- und Verwertungsvorganges ab, die von dem jeweiligen Entsorgungsfachbetrieb auch als einzelner Teilakt übernommen werden könne. Daher sei die jeweils einzelne Tätigkeit im Überwachungsvertrag konkret zu benennen. Hierauf müsse die TÜO auch bei der Zertifizierung abstellen. Dies stünde nicht im Widerspruch dazu, dass abfallrechtlich der Gesamtvorgang entweder als Verwertung oder Beseitigung anzusehen sei.

Folgen der Entscheidung

Das Urteil stärkt in den immer wieder streitigen Verhältnissen im sog. „Dreiklang“ Behörde – TÜO – zertifizierter Betrieb deutlich die Position der zuständigen Behörde. Die Behörde erhält neben der Überprüfungsmöglichkeit der formalen Bedingungen des Überwachungsvertrags nach § 12 EfbV ein materielles Prüfungsrecht. Hierdurch wird im Ergebnis für das an sich „entstaatlichte, vom Prinzip der Selbstkontrolle geprägte System der Entsorgergemeinschaften“ (so: VG Berlin, Urt. v. 14.9.2005, 10 A 111/05) eine stärkere staatliche Regulierung festgelegt. Zwar bleibt die TÜO mit konkreten Kontrollaufgaben betraut, in die inhaltliche Reichweite dieser vertraglich festzulegenden Kontrollpflichten kann die zuständige Behörde nunmehr aber mit eigenen Feststellungen eingreifen.

Diese Stärkung der behördlichen Kontrollbefugnis geht einher mit der allgemeinen rechtspolitischen Tendenz, die Rolle der Behörden in dem System der Entsorgungsfachbetriebe aufzuwerten. Hierauf zielt auch § 54 Abs. 5 Nr. 8 KrWG-AE, wonach die Behörden ein „Durchgriffsrecht“ erhalten sollen (siehe nähere Einzelheiten hierzu in dem Köhler & Klett-Sondernewsletter zum Arbeitsentwurf KrWG).

Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte