Zu den Voraussetzungen, unter denen das Aufbringen von Erdaushub eine Verwertung von Abfällen darstellt

Die Parteien streiten im einstweiligen Rechtsschutzverfahren über die ordnungsgemäße Entsorgung von Erdaushub, der aus der Baugrube eines privaten Bauvorhabens des Antragstellers herrührt und auf zwei Außenbereichsgrundstücken, die im Eigentum des Antragstellers stehen, aufgebracht werden soll. Im Wesentlichen kommt es nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) vom 25.05.2016 – 10 S 236/16 – für die Rechtmäßigkeit der behördlichen Verfügung auf die abfallrechtlich begründete Substitutionswirkung des Entsorgungsverfahrens an.

 

Der Antragsteller wendet sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen eine für sofort vollziehbar erklärte abfallrechtliche Anordnung des Antragsgegners, mit der ihm aufgegeben wurde, den auf zwei ihm gehörenden Grundstücke verbrachten und abgelagerten Erdaushub aus der Baugrube seines privaten Bauvorhabens zu beseitigen und anschließend das betreffende Gelände zu begrünen. Das Verwaltungsgericht (VG) hatte zuvor seinen gegen diese Anordnung gerichteten Antrag abgelehnt, weil es bei seiner Interessenabwägung von der voraussichtlichen Rechtmäßigkeit der abfallrechtlichen Anordnung und von einem Überwiegen des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung ausgegangen war. Auch die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers wurde vom VGH zurückgewiesen.

 

Dabei wurde bereits von dem VG festgestellt, dass es sich bei dem Erdaushub um „Abfall“ im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) handele. Gegen diese Einstufung des Erdaushubs als Abfall hat der Antragsteller keine Rügen erhoben. Nach seiner Auffassung stellt die Ablagerung des Erdaushubs eine Geländeauffüllung dar, die abfallrechtlich als ordnungsgemäße Verwertung und nicht, wie vom Antragsgegner vorgenommen, als Beseitigung einzustufen ist. Mit seiner Beschwerde rügt der Antragsteller, es sei verkannt worden, dass es sich um eine Geländemodellierung als Verwertungshandlung speziell zu landwirtschaftlichen Zwecken handele. Diese Fehleinschätzung beruhe darauf, dass der Antragsgegner eine unzureichende Sachverhaltsermittlung vorgenommen habe, weil eine landwirtschaftsfachliche Prüfung nicht durchgeführt worden sei. Mit der Aufbringung des Erdaushubs sei die Erosionsgefahr verringert und damit die landwirtschaftliche Nutzbarkeit der betroffenen Grundstücke verbessert worden. Das fragliche Gelände sei im besonderen Maße erosionsgefährdet, da abfließendes Niederschlagswasser die obere Bodenschicht abtrage.

 

Die Begründung der Zurückweisung der Beschwerde durch den VGH knüpft an den Verwertungsbegriff in § 3 Abs. 23 KrWG i. V. m. Nr. R 10 der Anlage 2 zum KrWG an und damit an die Tatbestandsvoraussetzungen, dass die Abfälle in der weiteren Wirtschaft einem sinnvollen Zweck zugeführt werden, indem sie andere Materialien ersetzen, die sonst zur Erfüllung einer bestimmten Funktion verwendet worden wären. Für die damit vorausgesetzte Substitutionswirkung, die auch einen Rohstoffersatz beinhalten könne, soll es darauf ankommen, dass der in Rede stehende Abfall im Sinne der Schonung von Ressourcen andere Materialien, die nicht Abfall sind, ersetze. Es genüge nicht, dass überhaupt ein Nutzen aus dem Abfall gezogen werde. Insoweit geht der VGH davon aus, dass es sich bei der Ablagerung von Abfällen im Rechtssinne um Abfallbeseitigung handelt und nicht um Abfallverwertung, wenn die betreffenden Abfälle weder Rohstoffe ersetzen noch aufgrund ihrer stofflichen Eigenschaften einen bestimmten abfallrechtlichen Nutzen erfüllen.

 

Der streitige Erdaushub aus der Baugrube des Antragstellers ersetze offensichtlich keinen Rohstoff. Allein die Ablagerung des Erdaushubmaterials sei noch nicht als Verwertungsverfahren zu qualifizieren. Das Verwertungsverfahren R 10 verlange eine Aufbringung auf den Boden zum Nutzen der Landwirtschaft oder zur ökologischen Verbesserung. Danach müsste der Erdaushub als solcher mit seiner Aufbringung auf den Boden und nicht etwa eine bestimmte spätere Folgemaßnahme zum Nutzen der Landwirtschaft sein. Der im Streit stehende Erdaushub bestehe aus Ton und Tonstein, stelle offenbar ein Material aus dem nicht belebten Unterboden dar, könne also mitnichten als zum Nutzen der Landwirtschaft eingestuft werden.

 

Diese abfallrechtliche Beurteilung sei evident, sodass es der vom Antragsteller geforderten landwirtschaftsfachlichen Prüfung nicht bedürfe. Im Übrigen werde diese abfallrechtliche Beurteilung durch die vom Antragsteller vorgelegte gutachterliche Stellungnahme bestätigt, weil danach zur Wiederherstellung der landwirtschaftlichen Nutzbarkeit der Grünlandgrundstücke die Aufbringung einer nicht zu schluffreichen Humusschicht und die Einsaat einer Dauerwiesenmischung erforderlich sei. Die Auffüllung der Grundstücke mit dem Unterboden aus der Baugrube des Antragstellers werde den in der gutachterlichen Stellungnahme geforderten Anforderungen nicht gerecht.

 

Damit würden die Voraussetzungen der Abfallverwertung nach § 3 Abs. 23 KrWG i.V. m. Nr. R 10 der Anlage 2 zum KrWG nicht erfüllt. Vielmehr handele es sich bei dem aufgebrachten Bodenaushub um Abfälle zur Beseitigung (§ 3 Abs. 1 Satz 2 KrWG).

 

Anzumerken ist allerdings, dass die Entscheidung des VGH auf der Voraussetzung beruht, bei dem Erdaushub aus der Baugrube eines privaten Bauvorhabens handele es sich um Abfall. Von Seiten des Antragstellers wurde offenbar nicht weiter in Erwägung gezogen, ob der Erdaushub an dem Ort, an dem er angefallen ist, für Bauzwecke hätte verwendet werden können. Unter der Voraussetzung, dass es sich dabei um nicht kontaminiertes Bodenmaterial handelt, wäre nämlich der Geltungsbereich des KrWG nicht eröffnet gewesen (§ 2 Abs. 2 Nr. 11 KrWG). Infolgedessen hätte es einer Abgrenzung zwischen Verwertung und Beseitigung nicht bedurft, wie sie für die Aufbringung des Erdaushubs auf zwei anderen Grundstücken des Antragstellers im Außenbereich jedoch notwendig war.

 

 

Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte