Zunehmend zeichnet sich im Vergaberecht eine Beachtung von umweltbezogenen Belangen ab. So verlangt die Vergabeverordnung (VgV) in § 4 Abs. 4 ausdrücklich eine Berücksichtigung von Schadstoffemissionen und Energieverbrauch im Rahmen der Wertung. Insofern hatte sich jüngst die Vergabekammer Westfalen mit einer Vergabe zu befassen, in der entsprechende Zuschlagskriterien vorgegeben waren. Gleichwohl befreite diese Forderung den Auftraggeber nicht davon, dem Grundsatz einer hinreichenden Leistungsbeschreibung nachzukommen und die konkreten Vorgaben zur Bewertung dieser Kriterien offenzulegen. Daran mangelte es zum Teil noch (Beschluss vom 03.02.2015 – VK 1-1/15).
Sachverhalt
Der Auftraggeber (Antragsgegner) schrieb in einem offenen Verfahren nach der VOL/A die Altpapiersammlung für einen Zeitraum von sieben Jahren aus. Dabei war nach einer Konkretisierung der Vergabeunterlagen Leistungsgegenstand die Einsammlung, der Transport und die Verwertung der Abfallfraktion. Detailvorgaben im Zusammenhang mit der Verwertung, wie die Angabe der Verwertungsanlage und der Transportentfernung zu dieser, wurden nicht mehr verlangt. Als Zuschlagskriterium hatte der Antragsgegner vorgegeben, dass zu 75 % der Preis ohne Kraftstoffkosten, zu 15 % die Kosten des Energieverbrauchs (Kraftstoffe für Fahrzeuge bei der Einsammlung) und zu 10 % die Schadstoffemission der Fahrzeuge in die Wertung einfließen sollen. Wertungsmaßstab für den Preis sollte die Höhe des Nettogesamtpreises eines Angebotes pro Jahr ohne Kraftstoffkosten sein. Der Erlös aus der Verwertung des vermarkteten Altpapiers war von diesem abzuziehen. Gleichzeitig war den Vergabeunterlagen eine Bewertungsmatrix mit verschiedenen Berechnungsformeln bei gefügt, nach denen eine Bewertung der Angebote anhand von Punktzahlen vorgenommen werden konnte. Maßgeblich für die Zuschlagserteilung sollte sodann die Gesamtpunktzahl für die Einzelergebnisse sein. In einem Preisblatt bzw. einem Angebotsblatt hatten die Bieter verschiedene Preispositionen anzugeben. Das waren unter anderem Kosten für die Leistungen ohne Kraftstoffkosten. Des Weiteren waren die Kraftstoffkosten für die Sammlung, den Transport und die Verwertung einzutragen.
Die Antragstellerin rügte die Vorgaben in den Vergabeunterlagen und führte insofern aus, dass die bloße Abfrage der Kraftstoffkosten nicht hinreichend sei, um eine Bewertung der Schadstoffemission und des Energieverbrauchs vornehmen zu können. Vielmehr hätten zusätzlich die jeweiligen Verbrauchswerte je Fahrzeug und Kraftstoffart abgefragt werden müssen. Der Antragsgegner wies die Rüge zurück. Die Antragstellerin strengte daraufhin zunächst kein Nachprüfungsverfahren an.
Sodann führte der Antragsgegner die Wertung der Angebote durch und nahm hinsichtlich der Kalkulation der Kraftstoffkosten bei dem bisherigen Bestbieter (Beigeladene) eine Aufklärung vor. Fraglich waren dabei insbesondere die Kosten für den Transport zur Verwertungsanlage. Nach Auskunft der Beigeladenen lagen noch keine abschließenden Angebote von Verwertungsanlagen vor. Es sollten jedoch keine gesonderten Kosten für den Transport zu diesen anfallen. Der Zuschlag sollte im Ergebnis an die Beigeladene erteiltwerden.
Diese Wertungsentscheidung rügte die Antragstellerin abermals im Hinblick auf das Kriterium der Kraftstoffkosten. Dieses sei derart indifferent, dass keine vergleichbaren Angebote vorlägen, die gewertet worden seien. Mangels Abhilfe der Rüge leitete die Antragstellerin ein Nachprüfungsverfahren ein.
Entscheidung
Die Antragstellerin begehrte zu Recht und mit Erfolg die Nachprüfung des Vergabeverfahrens. Die Vergabekammer Westfalen war insofern davon überzeugt, dass der Antragsgegner eine fehlerhafte Wertungsentscheidung vorgenommen hatte. Für den Wertungsvorgang sei aufgrund der abgefragten Angaben nicht die erforderliche Vergleichbarkeit der Angebote gewährleistet gewesen. Insofern seien zwar gemäß § 4 Abs. 4 VgV gerade bei der Vergabe von Dienstleistungen, welche die Nutzung energieverbrauchsrelevanter Waren, Geräte und Ausrüstung erfordern, Kriterien wie die Schadstoffemission und der Energieverbrauch grundsätzlich wertbar. Eine darauf gerichtete Wertung der Angebote könne aber nur dann gelingen, wenn die Leistungsbeschreibung hinsichtlich der geforderten Angebotsangaben für alle Bieter eindeutig gewesen sei und in gleicher Weise verstanden werden musste. Allein dadurch werde gewährleistet, dass vergleichbare Angebote eingereicht würden, auf welche die Zuschlagskriterien bei der Bewertung objektiv und einheitlich anzuwenden seien. Der Grundsatz der Gleichbehandlung schließe diese Verpflichtung zur Transparenz ein. Daher müsse der öffentliche Auftraggeber nach den von ihm geforderten Angaben und den hierzu festgelegten Zuschlagskriterien in der Lage sein, die Angebote effektiv sowie einheitlich zu prüfen.
Dem wurden die Vergabeunterlagen vorliegend nicht gerecht. Die Bieter hatten feststellbar bereits die Vergabeunterlagen dahingehend unterschiedlich verstanden, ob die Kosten des Transportes zur Verwertungsanlage (bspw. Papierfabrik) ebenfalls auszuweisen waren. Die diesbezüglichen Detailangaben sowie einheitliche Bestimmungen der Entfernung zur Verwertungsanlage wurden im Laufe der Angebotsfrist entfernt. Demnach konnten keine vergleichbaren Angebote eingereicht werden, auf welche die Zuschlagskriterien zu den Fahrzeugkosten einheitliche Anwendung finden konnten, da einzelne Bieter die Kosten für den Transport zur Verwertungsanlage angegeben hat ten und andere – wie die Beigeladene – nicht.
Praxishinweis
Die vorstehende Entscheidung verdeutlicht einmal mehr, dass es nicht ausreichend ist, wenn der Auftraggeber der Vorgaben gemäß § 4 Abs. 4 VgV lediglich insofern nachkommt, als dass die Schadstoffemission und die Energieeffizienz als Zuschlagskriterien vorgegeben werden. Dies korrespondiert vielmehr mit der Pflicht des Auftraggebers, die gleichen Angaben von den Bietern mit dem Angebot abzuverlangen und eine eindeutige Bewertungsmatrix vorzugeben, welche eine objektive und einheitliche Bewertung der Angebote hinsichtlich der vorgenannten Kriterien zulassen. Daran mangelt es in der Praxis teilweise nicht selten. Insofern muss sich der Auftraggeber bereits im Vorfeld im Klaren darüber sein, wie und auf welchen Angebotsangaben beruhend er die vorgegebenen Zuschlagskriterien zu prüfen gedenkt. Dabei sind insbesondere die Vorgaben zur Bewertung von Schadstoffemissionen häufig wenig eindeutig, weil keine konkreten Vorgaben zur Berechnungs- und Bewertungsmethode bestimmt wurden. In diesen Fällen ist nach der vorstehenden Entscheidung aber erst recht keine objektive und einheitliche Bewertung möglich. Daher empfiehlt es sich, die Vorgabe von Zuschlagskriterien zur Schadstoffemission und Energieeffizienz vor Ablauf der Angebotsfrist umfassend zu prüfen und im Zweifel zu beanstanden.
Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte