Das neue Wasserhaushaltsgesetz (WHG) vom 31.07.2009 (BGBl. I S. 2585) wird am 01.03.2010 in Kraft treten. Gleichzeitig wird das bisherige WHG außer Kraft treten. Nach dem neuen WHG bedarf – ebenso wie nach bisherigem Recht – die Benutzung eines Gewässers grundsätzlich einer Erlaubnis oder Bewilligung (§ 8 Abs. 1 WHG n.F.). Der Katalog der erlaubnis- oder bewilligungspflichtigen Benutzungstatbestände ist sachlich unverändert geblieben (§ 9 WHG n.F.). Auch der rechtsgrundsätzliche Dualismus der beiden Typen wasserrechtlicher Gestattungsakte ist erhalten geblieben. Im Gegensatz zu dem vorangegangenen, im Vorfeld der parlamentarischen Gesetzgebung gescheiterten Entwurf eines Umweltgesetzbuches (UGB, Teil II: Wasserbuch) kennt das neue WHG nach wie vor neben der Erlaubnis die rechtsverleihende Bewilligung (§§ 8 ff. WHG n.F.). Überdies ist nunmehr die gehobene Erlaubnis als Gestattungstyp zwischen der einfachen Erlaubnis und der Bewilligung gesetzlich vorgesehen (§ 15 WHG n.F.).
Für die Rechtspraxis wird es künftig entscheidend darauf ankommen, ob und inwieweit diese Typen wasserrechtlicher Gestattungsakte dem Adressaten (Unternehmer) Planungs- und Investitionssicherheit gewähren. Unter diesem Gesichtspunkt gilt nach dem neuen WHG prinzipiell Ähnliches wie nach bisherigem Recht: Die Erlaubnis gewährt die schlichte und widerrufliche Befugnis zur Gewässerbenutzung, die Bewilligung dagegen das subjektiv-öffentliche und nur unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen widerrufbare Recht, ein Gewässer in einer nach Art und Maß bestimmten Weise zu benutzen (§ 10 Abs. 1, § 18). Der Inhaber einer einfachen Erlaubnis hat in verwaltungsrechtlicher wie in zivilrechtlicher Hinsicht eine schwache Rechtsstellung inne. Er muss nicht nur mit dem jederzeit möglichen, nur an die allgemeinen Grundsätze der pflichtgemäßen Ermessensausübung gebundenen Widerruf rechnen (§ 18 Abs. 1). Vielmehr ist er auch potenziellen privatrechtlichen Abwehransprüchen Dritter uneingeschränkt ausgesetzt. Solche Ansprüche können im Zivilrechtsweg geltend gemacht werden. Der Inhaber einer Bewilligung gelangt hingegen in den Genuss eines echten subjektiven Rechts. In verwaltungsrechtlicher Hinsicht ist der Widerruf einer Bewilligung nur unter den in § 18 Abs. 2 WHG n.F. geregelten Voraussetzungen zulässig. Außerdem genießt der Bewilligungsinhaber den Schutz einer umfassenden Drittwirkung. Privatrechtliche Abwehransprüche Dritter werden hiernach kraft eines öffentlich- rechtlichen „Zerreißwolfes“ ausgeschlossen. Ist eine Gewässerbenutzung durch eine unanfechtbare Bewilligung zugelassen, können demzufolge wegen nachteiliger Wirkungen der Gewässerbenutzung keine Ansprüche geltend gemacht werden, die auf die Beseitigung der Störung, auf die Unterlassung der Benutzung, auf die Herstellung von Vorkehrungen oder auf Schadensersatz gerichtet sind (§ 16 Abs. 2 Satz 1 WHG n.F., ebenso bisher § 11 Abs. 1 Satz 1 WHG a.F.). Nicht ausgeschlossen sind hiernach Ansprüche auf Schadensersatz wegen nachteiliger Wirkungen, die darauf beruhen, dass der Gewässerbenutzer angeordnete Inhalts- oder Nebenbestimmungen nicht erfüllt hat (§ 16 Abs. 2 Satz 2 WHG n.F.). Zudem gilt der Anspruchsausschluss nicht für privatrechtliche Ansprüche gegen den Gewässerbenutzer aus Verträgen oder letztwilligen Verfügungen und für Ansprüche aus dinglichen Rechten am Grundstück, auf dem die Gewässerbenutzung stattfindet (§ 16 Abs. 3 WHG n.F.).
Der Antragsteller (Unternehmer) ist infolgedessen im Wasserrecht häufig gezwungen, zwischen der Skylla der Investitionsunsicherheit einer Erlaubnis und der Charybdis in Gestalt der formell- und materiellrechtlichen Klippen des Bewilligungsverfahrens (§ 11 Abs. 2 und § 14 WHG n.F.) zu navigieren. Diesem Dilemma sucht das neue WHG mit dem Gestattungstyp der gehobenen Erlaubnis (§ 15) entgegenzuwirken. Damit ist der Bundesgesetzgeber dem Vorbild derjenigen Landeswassergesetze gefolgt, die – wie z.B. in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz – bereits eine gehobene Erlaubnis regeln, dabei allerdings nicht unerhebliche Unterschiede aufweisen. Indessen kennen die Landeswassergesetze in Baden-Württemberg und Sachsen bisher keine gehobene Erlaubnis. In diesen Ländern stellt die bundeseinheitliche Einführung der gehobenen Erlaubnis einen begrüßenswerten Schritt dar, der die Rechtsstellung des Unternehmers stärkt. Rechtssystematisch steht die gehobene Erlaubnis zwischen der einfachen Erlaubnis und der Bewilligung. Sie ist – wie jede Erlaubnis – widerruflich, setzt jedoch – wie die Bewilligung – ein förmliches Verfahren mit Drittbeteiligung voraus (§ 15 Abs. 2 i.V.m. § 11 Abs. 2 WHG n.F.). Vor allem übt die gehobene Erlaubnis eine beschränkte Drittwirkung aus, indem sie privatrechtliche Abwehransprüche Dritter partiell ausschließt (§ 16 Abs. 1 WHG n.F.): Ist eine Gewässerbenutzung durch eine unanfechtbare gehobene Erlaubnis zugelassen, kann aufgrund privatrechtlicher Ansprüche zur Abwehr nachteiliger Wirkungen der Gewässerbenutzung nicht die Einstellung der Benutzung verlangt werden. Es können nur Vorkehrungen verlangt werden, die die nachteiligen Wirkungen ausschließen. Soweit solche Vorkehrungen nach dem Stand der Technik nicht durchführbar oder wirtschaftlich nicht vertretbar sind, kann lediglich Entschädigung verlangt werden.
Diese beschränkte Drittwirkung ähnelt derjenigen einer immissionsschutzrechtlichen Anlagengenehmigung (§ 14 BImSchG). Die Erteilung einer gehobenen Erlaubnis setzt voraus, dass hierfür ein öffentliches Interesse oder ein berechtigtes Interesse des Gewässerbenutzers besteht (§ 15 Abs. 1 WHG n.F.). Maßgebendes Kriterium für ein solches Interesse ist die vermehrte Planungs- und Investitionssicherheit, die der Gewässerbenutzer durch die gehobene Erlaubnis erhalten kann.
Wie weit eine wasserrechtliche Bewilligung Planungs- und Investitionssicherheit gewährt, erweist sich insbesondere im Falle eines behördlichen Widerrufs. Die generelle gesetzliche Widerruflichkeit der Erlaubnis (§ 18 Abs. 1 WHG n.F.) ist nicht nur der einfachen, sondern auch der gehobenen Erlaubnis eigen.
Dagegen stößt sich die gesetzlich gewollte Planungs- und Investitionssicherheit der unanfechtbaren Bewilligung an der Widerrufsbefugnis der Wasserbehörde. Bisher waren die Gründe für den Widerruf einer Bewilligung abschließend im WHG geregelt (§ 12 Abs. 1 und 2 WHG a.F.). Das neue WHG bedient sich einer anderen Regelungstechnik. Danach darf die Bewilligung aus den in § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 – 5 VwVfG genannten Gründen widerrufen werden (§ 18 Abs. 2 Satz 1 WHG n.F.). Die Bewilligung kann hiernach „ferner ohne Entschädigung widerrufen werden“, wenn der Inhaber der Bewilligung die Benutzung drei Jahre ununterbrochen nicht ausgeübt oder ihrem Umfang nach erheblich unterschritten hat oder den Zweck der Benutzung in erheblicher und planwidriger Weise geändert hat (§ 18 Abs. 2 Satz 2 WHG n.F.); diese Möglichkeiten des entschädigungsfreien Widerrufs entsprechen dem bisherigen Recht. Eine missliche Rechtsunsicherheit ergibt sich indessen daraus, dass der neue Gesetzestext keine eindeutige Aussage darüber trifft, ob der Widerruf einer Bewilligung nach § 18 Abs. 2 Satz 1 WHG n.F. i.V.m. § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 – 5 VwVfG entschädigungspflichtig oder entschädigungsfrei ist.
In der amtlichen Begründung des neuen WHG wird dazu angemerkt, dass die Entschädigungsvorschrift des § 49 Abs. 6 VwVfG anwendbar sei (BT-Drucks. 16/12275, S. 57). Die Verweisung des neuen WHG auf die genannten Vorschriften des VwVfG ist demnach keine bloße Rechtsgrundverweisung, sondern zugleich eine Rechtsfolgenverweisung. Sie bezieht sich somit nicht nur auf die tatbestandlichen Widerrufsgründe, sondern auch auf die Entschädigungsfolge. Dies erscheint auch bei systematischer und teleologischer Gesetzesauslegung sachgerecht im Hinblick auf das verfolgte Ziel, den Anschluss des Wasserrechts an „die modernen Regelungen des Verwaltungsrechts“ über den Widerruf herzustellen (BT-Drucks. 16/12275, S. 57 und 16/ 13306, zu Nr. 5). Gerade der Inhaber einer wasserrechtlichen Bewilligung sollte im Hinblick auf die Planungs- u. Investitionssicherheit nicht schlechter behandelt werden, als es das Allgemeine Verwaltungsrecht in § 49 VwVfG vorsieht. Deshalb kann man schwerlich annehmen, dass der Bewilligungsinhaber vom allgemein für adäquat erachteten Entschädigungsausgleich (nach § 49 Abs. 6 VwVfG) ausgeschlossen sein sollte, falls die Bewilligung aus einem der gesetzlichen Gründe widerrufen wird. Hinzu kommt, dass auch § 12 Abs. 1 WHG a.F. einen Widerruf der Erlaubnis gegen Entschädigung vorsieht, „wenn von der uneingeschränkten Fortsetzung der Benutzung eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere der öffentlichen Wasserversorgung, zu erwarten ist“. Dieser alte Widerrufsgrund geht in den „modernen“ Widerrufsgründen des § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 – 5 VwVfG auf. Umso mehr sollte die Kontinuität der Entschädigungspflicht gewahrt bleiben. Gegenteilige Sachgründe sind nicht ersichtlich.
Die Neuregelung des Widerrufs gilt auch für Bewilligungen, die vor dem 01.03.2010 nach § 8 WHG a.F. erteilt worden sind. Denn solche altrechtlichen Bewilligungen gelten nach der ausdrücklichen Übergangsvorschrift als Bewilligungen nach dem neuen WHG fort (§ 104 Abs. 2 WHG n.F.).
Als Fazit ist festzuhalten: Auch das neue WHG gibt dem Antragsteller (Unternehmer) regelmäßig Anlass, für ein Benutzungsvorhaben eine wasserbehördliche Bewilligung anzustreben, um Planungs- und Investitionssicherheit zu erreichen. Soweit eine Bewilligung wegen ihrer besonderen Voraussetzungen (§ 14 WHG) nicht erteilt werden kann (so z.B. beim Einleiten von Stoffen in ein Gewässer) oder aufgrund des behördlichen Bewirtschaftungsermessens (§ 12 Abs. 2 WHG) abgelehnt wird, sollte der Unternehmer im Interesse seiner Planungs- u. Investitionssicherheit versuchen, eine gehobene Erlaubnis (§ 15 WHG) zu erhalten.
Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte