Das Biozidrecht wird durch die neue Biozidverordnung (EU) Nr. 528/12 vom 22.05.2012 europaweit weiter vereinheitlicht. Dadurch ändern sich die rechtlichen Rahmenbedingungen für den europaweiten Vertrieb von Biozidprodukten.
Am 22.05.2012 wurde die neue Biozidverodnung (Verordnung (EU) Nr. 528/12 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten) verabschiedet. Die Verordnung tritt am 01.09.2013 in Kraft und ersetzt die Biozidrichtlinie 98/8/EG vom 16.02.1998. Die Biozidverordnung gilt unmittelbar und bedarf anders als die Biozidrichtlinie nicht der Umsetzung in nationales Recht.
Genehmigungs- und Zulassungsverfahren
Wie bereits unter dem Regelungsregime der Biozidrichtlinie und den sogenannten Review-Verordnungen (EG/1896/200 vom 07.09.2000; EG/2032/2003 vom 04.11.2003; EG1048/2005 vom 13.06.2005; EG/1849/2006 vom 14.12.2006; EG/1451/2007 vom 04.12.2007) bleibt es auch unter der Biozidverordnung bei der Zweiteilung von Genehmigung des Biozidwirkstoffes und der darauf aufbauenden Zulassung des Biozidproduktes. Im Unterschied zur bisherigen Rechtslage besteht nach der Biozidverordnung die Möglichkeit, Biozidprodukte auf Unionsebene zu genehmigen (Unionszulassungen) und so mit einem einzigen Genehmigungsverfahren die Biozidprodukte unionsweit in den Verkehr bringen zu können. Die Biozidrichtlinie erlaubte lediglich die in einem Mitgliedsstaat erhaltene Genehmigung in den übrigen Mitgliedsstaaten anerkennen zu lassen. Dies war für Unternehmen, die ihre Produkte europaweit vertreiben, mit hohem bürokratischem Aufwand verbunden, da Antragsfristen in allen Vertriebsländern einzuhalten und umfangreiche Genehmigungsunterlagen einzureichen waren. Eine weitere Neuerung ist das vereinfachte Zulassungsverfahren, welches an die Stelle des zuvor unter der Biozidrichtlinie geltenden „Low-Risk-Konzeptes“ (Biozidprodukte mit geringen Risikopotenzial) tritt. Hiernach konnten Biozidprodukte mit geringem Risikopotenzial ohne Zulassung im Sinne der Biozidrichtlinie in Verkehr gebracht und verwendet werden, wobei allerdings auch nach der Biozidrichtlinie für diese Produkte eine vorherige Prüfung der zuständigen Behörde vorgesehen war.
Trittbrettfahrer-Problematik
Ein Ziel der Biozidverordnung ist es, Abhilfe bei der sogenannten Trittbrettfahrer-Problematik („free-riding“) zu schaffen. Nach der bisherigen Rechtslage konnten sich die Hersteller von Biozidprodukten auf die Zulassungen von Biozidwirkstoffen berufen, ohne sich an den Kosten für das Wirkstoffzulassungsverfahren zu beteiligen. Nach der Biozidverordnung wird es nunmehr erforderlich sein, bei Zulassungsanträgen für Biozidprodukte entweder selbst über die für das Zulassungsverfahren erforderlichen Daten oder über eine Zugangsbescheinigung („Letter of Access“) des Dateninhabers zu verfügen. Den Zugang zu diesen Daten werden die Unternehmen, die das Wirkstoffverfahren durchgeführt haben, nur gegen Entgelt zur Verfügung stellen.
Behandelte Waren
Eine wesentliche Neuerung der Biozidverordnung ist die Erstreckung der Regelungen auf Waren, die mit Biozidprodukten behandelt wurden oder denen ein Biozidprodukt zugesetzt wurde (behandelte Waren – „Treated Articles“). Beispielhaft lässt sich hierfür ein mit biozidem Schutzlack versehener Holzgartenstuhl nennen. Eine behandelte Ware darf nur in Verkehr gebracht werden, wenn alle in den Biozidprodukten enthaltenen Wirkstoffe für den entsprechenden Produkttyp und Verwendungszweck freigegeben sind. Zudem bestehen für behandelte Waren besondere (über die CLP-Verordnung – EG/1272/2008 vom 16.12.2008 – hinausgehende) Kennzeichnungs- und Etikettierungspflichten. Ihre besondere Bedeutung entfalten diese Regelungen für importierte Waren. So ist etwa ein In-Verkehr-Bringen von behandelten Waren ab Geltung der Biozidverordnung nur noch möglich, wenn die Wirkstoffe in den zur Behandlung verwandten Biozidprodukten in der EU zugelassen sind.
Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte