Das Verwaltungsgericht Koblenz hat mit Urteil vom 05.04.2011 (7 K 574/10.KO) einen Bescheid für rechtmäßig erklärt, mit dem ein Abfallmakler verpflichtet wurde, die auf seine Vermittlung hin in eine Kiesgrube verbrachten Abfälle zu entfernen, da diese für die dortige Ablagerung nicht geeignet waren. Der Makler hatte sich in der Kiesgrube ein Entsorgungskontingent gesichert und dieses an entsprechende Abfallerzeuger vermittelt, die dort unmittelbar ihre Abfälle entsorgt haben.
Das Verwaltungsgericht Koblenz (VG) meint, die den Bescheid erlassende Behörde sei für den Erlass der Verfügung gemäß § 17 Abs. 1 Landesabfallwirtschaftsgesetz Rheinland- Pfalz (LAbfWG) zuständig gewesen. Gemäß § 17 Abs. 1 LAbfWG ist derjenige, der Abfälle rechtswidrig entsorgt, zur Beseitigung des rechtswidrigen Zustands verpflichtet. In materieller Hinsicht stellt das VG fest, dass § 17 LAbfWG als Ermächtigungsgrundlage herangezogen werden könne. Bei dem zu entfernenden Material handele es sich schließlich um Abfall im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG, das diese Eigenschaft durch die Ablagerung in der Kiesgrube nicht verloren habe. Denn das Material sei weder mit dem Boden verwachsen noch sei der Verwertungs-/Beseitigungsvorgang beendet.
Darüber hinaus führt das VG aus, dass bundesrechtliche Vorschriften der Anwendung des § 17 Abs. 1 LAbfWG nicht entgegenstehen, da § 17 LAbfWG nicht als Ermächtigung zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Beseitigung oder Verwertung von Abfällen diene, sondern lediglich als Regelung zur Gefahrenabwehr auf dem Gebiet des Abfallrechts. Insoweit ermächtige § 17 Abs. 1 LAbfWG dazu, einen Störer in die Rolle des Abfallbesitzers hineinzuzwingen, der dann Adressat einer Verfügung nach § 21 KrW- /AbfG werden könne.
In dem zu entscheidenden Fall lägen die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 LAbfWG vor, da die Ablagerungen rechtswidrig und zudem nicht genehmigungsfähig seien. Zudem sei der Abfallmakler als Zweckveranlasser der Ablagerung bzw. Verkippung anzusehen, da er mit seinem Verhalten, insbesondere durch die mit ihm abgeschlossenen Verträge, die Abfallentsorgung in Gang gesetzt habe. Er sei der alleinige Herr des gesamten Entsorgungsgeschehens gewesen und habe das Entsorgungsgeschehen regiert bzw. es regieren können.
Aus Sicht des VG sind auch keine Ermessensfehler ersichtlich. Die Störerauswahl sei zu Recht zwischen dem Makler und dem Betreiber der Kiesgrube zu Lasten des Maklers erfolgt. Die übrigen Beteiligten, namentlich die Abfallerzeuger, seien nicht als Störer anzusehen und folglich nicht mit in die Auswahlentscheidung einzubeziehen. Denn allein der Makler und der Betreiber der Kiesgrube hätten Kenntnis von der Genehmigung für die Verfüllung der Kiesgrube gehabt. Das letztendlich allein der Makler in Anspruch genommen worden sei, stelle ebenfalls keinen Ermessensfehlgebrauch dar, denn der Makler verfüge über die entsprechende Logistik bzw. die entsprechenden Möglichkeiten zur Entsorgung der Abfälle. Die wirtschaftliche Lage des Betreibers der Kiesgrube sei überdies zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung nach Aktenlage prekär gewesen, so dass dieser auch insoweit als in Anspruch zu nehmender Störer ausfalle. Schließlich sei auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt, da nach Entfernung des streitgegenständlichen Materials kein rechtswidriger Zustand eintrete. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass der Makler das Material nach Entfernung sachgerecht lagere und entsorgen könne.
Das Urteil des VG wirft eine Reihe von folgenschweren Fragen zur abfallrechtlichen Haftung auf, die einer obergerichtlichen Klärung bedürfen. Mittlerweile wurde die Berufung gegen das Urteil zugelassen, so dass demnächst das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz über die Sache zu befinden hat.
Neben den Problemen zum Ende der Abfalleigenschaft bei Verfüllungen in Kiesgruben wird in der Berufungsinstanz insbesondere zu würdigen sein, in welchem Verhältnis landesrechtliche Abfallregelungen zu den im KrW-/AbfG bundesrechtlich abschließend geregelten abfallrechtlichen Verantwortlichkeiten stehen. Das KrW-/AbfG legt nämlich abschließend fest, dass lediglich Abfallerzeuger und Abfallbesitzer abfallrechtlich zur Verantwortung zu ziehen sind. Die Abfallerzeuger hat das VG im vorliegenden Fall jedoch bei der Störerauswahl gänzlich außen vor gelassen. Stattdessen hat es unter dem Stichwort „Herrin des Entsorgungsgeschehens“ den Makler, der lediglich sein Entsorgungskontingent vermittelt und keinen Abfallbesitz hatte, unter Bezugnahme auf die im allgemeinen Gefahrenabwehrrecht bekannte und umstrittene Figur des Zweckveranlassers zur Haftung herangezogen. Nach dem VG soll es möglich sein, einen besitzlosen Dritten wie den Makler in die Rolle des Abfallbesitzers mit den sich daran anschließenden abfallrechtlichen Haftungsfolgen hineinzuzwingen. Sollte diese Rechtsprechung Bestätigung finden, hätte dies weitreichende haftungsrechtliche Folgen für jeden, der – ohne Besitzer oder Erzeuger zu sein – in einen Entsorgungsvorgang eingebunden ist und damit ursächlich zu einer Abfallentsorgung beigetragen hat. Der weitere Fortgang des Verfahrens ist damit von erheblicher Bedeutung für die Entsorgungswirtschaft.
Quelle: Köhler & Klett Rechtsanwälte